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Die niederländische Spezialwerft IHC bekommt ihre finanziellen Probleme nicht in den Griff. Nun will und muss ein nationales Industrie- und Banken-Konsortium den Schiffbauer übernehmen. Auch der Staat ist mit im Boot. Der CEO muss gehen.

Heute wurde offiziell[ds_preview] veröffentlicht, dass die traditionsreiche Werft, bekannt unter anderem für innovative Baggerschiffe, in der jetzigen Form offenbar keine Zukunft hat. Es gibt ein sogenanntes »Heads of Agreement«, also eine prinzipielle Einigung und Absicht.

Demnach übernehmen und refinanzieren die bekannten maritimen Unternehmen HAL Investments, Ackermans & van Haaren, MerweOord und Huisman sowie das »bestehende nationale Bankenkonsortium« IHC. »Damit erhält Royal IHC als wichtiger niederländischer maritimer Akteur mit einer starken Bilanz eine neue Perspektive für die Zukunft«, heißt es in der Mitteilung.

Royal IHC strengthens position in maritime sector with Heads of Agreement

Durch die Gründung einer Stiftung (»stichting continuïteit«), welche die Anteile an der IHC Merwede Holding B.V. halten wird, will das Konsortium sowohl die führende Technologie der 350 Jahre alten Werft als auch ihre Position als wichtige Drehscheibe im maritimen Cluster für die Niederlande erhalten. Ermöglicht wird die »Heads of Agreement« durch einen kurzfristigen Überbrückungskredit und eine Bürgschaftsfazilität des Ministeriums für Wirtschaft und Klimapolitik sowie durch einen Beitrag des Finanzministeriums zur Exportkreditversicherung.

»Bedeutende Finanzspritze«

Mit der vorgeschlagenen Übernahme und Refinanzierung soll Royal IHC »eine bedeutende Finanzspritze erhalten und eine starke Bilanz zurückgewinnen«, die für die weitere Entwicklung hochwertiger Schiffe und Ausrüstungen notwendig sei. Dazu gehören sowohl neues Eigenkapital als auch Kreditlinien.

Schon im vergangenen Sommer war deutlich geworden, dass IHC dringend frisches Kapital braucht. Trotz einiger prestigeträchtiger Aufträge hatte die Spezialwerft Verluste gemacht. Ein straffes Programm und frisches Kapital sollten die Wende bringen. Offenbar hat das nicht gereicht. 2018 sei ein schwieriges Jahr gewesen, hieß es. Aufgrund von Kostenüberschreitungen bei einer Reihe anspruchsvoller Projekte belief der Verlust schließlich auf 80,6 Mio. €. Zur 2019er-Bilanz gibt es bislang keine konkreten Details.

royal ihc csd spartacus launch

Neues Management

Die Kostenüberschreitungen basieren vor allem auf Verträgen, die in der Krisenzeit zwischen 2015 und 2017 zu niedrigen Preisen abgeschlossen worden waren. Weil diese Projekte aber nun in der Endphase seien, zeiget man sich zuversichtlich. IHC hatte in den letzten Jahren einige prestigeträchtige Aufträge erhalten, vor allem in Spezialsegmenten wie im Baggerbau. Auch im U-Boot-Bau will man künftig mitmischen, eine entsprechende Kooperation war mit der französischen Naval-Gruppe vereinbart worden.

Jaap Huijskes, Vorsitzender von Royal IHC, zeigte sich den Umständen entsprechend nun zufrieden: »Ich freue mich sehr, heute die Heads of Agreement mit einem Industriekonsortium aus wichtigen Akteuren des maritimen Sektors zur Übernahme und Refinanzierung von Royal IHC bekannt zu geben. Dies zeigt das Vertrauen vieler Interessenvertreter in den hochwertigen Schiffbau von Royal IHC.« Dies sei ein wichtiger Schritt für die Kontinuität des Schiffbaus in den Niederlanden, einschließlich der Beschäftigungsmöglichkeiten und der Exportchancen.

ihc naval

Wie geht es nun weiter? Als erstes wollen die Partner jetzt die Vereinbarung »verfeinern« und Details bestimmen. Das Abkommen steht unter dem Vorbehalt der endgültigen Einigung sowie der Genehmigung der Regulierungsbehörden.

Als eine der ersten Maßnahmen wurde zudem eine Neubesetzung an der Spitze der Werft beschlossen. Gerben Eggink wurde zum neuen Interim-CEO ernannt. Er tritt die Nachfolge von Dave Vander Heyde an. Eggink war in der Vergangenheit unter anderem CEO bei der Gardline Group und dem Schlepper-Unternehmen Smit Lamnalco. Paul van der Harten wurde mit Wirkung vom April zum Finanzchef ernannt, er war zuletzt bei AEG Power Solutions und hatte verschiedene Finanzpositionen bei OMV und Royal Dutch Shell inne. Dem Verwaltungsrat gehört auch Chief Transformation Officer Gert-Jan Antvelink an.

Huijskes dankte Vander Heyde für sein langjähriges Engagement für IHC: »Dave hat das Unternehmen unter sehr schwierigen Marktbedingungen geführt. Er spielte eine wichtige Rolle bei der Gründung des Industriekonsortiums und erneuerte Vereinbarungen und Verträge mit Kunden.«