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Für die immer größer werdende Aufgabe »Performance Monitoring« spielt die zunehmende Digitalisierung Motorenbauern in die Karten. Stetig kommen neue Services und Produkte auf den Markt. Für die Zukunftspläne gilt Kooperation als wichtige Komponente

Die Lösung ist so simpel wie bekannt: mehr digitale Kontrolle führt zu effizienterem Einsatz, führt zu geringeren Kosten oder zumindest[ds_preview] besserem Mitteleinsatz. Diese Formel hat natürlich auch in der Motorenbranche Einzug gehalten. Doch wie ist der aktuelle Stand der Dinge? Die HANSA hat bei den in der Schifffahrt aktiven Akteuren nachgefragt und zeigt die Einsichten derjenigen, die geantwortet haben.

»Kritische Fähigkeit«

Beim finnischen Wärtsilä-Konzern sind die Motoren mit intelligenten Automatisierungsfunktionen ausgerüstet, die Einstellungen können aus der Ferne geändert und optimiert werden. »Vorbeugende Wartung und Effizienzoptimierung werden immer wichtiger in unserem Wertversprechen gegenüber dem Kunden. Dies geht Hand in Hand mit der Verlagerung vom Verkauf von Leistungsmerkmalen hin zum Verkauf von Lebenszyklusleistungen wie Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit«, heißt es. Kürzlich wurde der »predictive« Wartungsdienst Expert Insight für 4-Takt-Motoren herausgebracht. Er soll im Laufe des Jahres auf weitere Typen ausgeweitet werden. Dieser Service soll die Künstliche Intelligenz mit dem hauseigenen Fachwissen zu den Anlagen verbinden, um Anomalien automatisch zu erkennen, bevor Probleme auftreten. Auch hier steht offenbar eine Weiterentwicklung an, man will dieses Angebot künftig auch für Scrubber und andere Anlagen anbieten.

Bei der Entwicklung arbeiten die Finnen nach eigener Aussage »mit vielen verschiedenen Anbietern zusammen«, man nutzt etwa Technologien von AWS und Google, zudem konsultiert man IT-Experten. »Gleichzeitig konzentrieren wir uns auf die Entwicklung kritischer Fähigkeiten im eigenen Haus, um unseren Übergang zu einem intelligenten Technologieunternehmen zu unterstützen«, so das Statement.

Als ein wichtiger Treiber für die Zukunft wird die ISO-Norm 19848 für die gemeinsame Nutzung von Schiffsdaten bewertet. Dies sei »ein wichtiger Schritt in Richtung Datenaustausch zwischen OEMs, digitalen Unternehmen und Dienstleistern.« Die Öffnung konkurrierender IT-Systeme und die gemeinsame Nutzung von Daten soll es den Kunden ermöglichen, den besten verfügbaren Service auszuwählen.

Beim MAN-Konzern will man den Begriff der Digitalisierung nicht nur für den Verkauf von mehr oder weniger spezialisierter Software an Schiffseigentümer verstehen, sondern als Beitrag, die Branche zu einem Service- und Lösungsgeschäft zu wandeln, das auf messbaren und leicht handhabbaren Leistungsdaten basiert, nicht zuletzt zur proaktiven Beratung.

Augmented Reality an Bord

»Auch für Schulungen und technische Anleitungen haben wir das große Potenzial digitaler Technologien erkannt«, heißt es seitens MAN Energy Solutions. Der Service »CEON TechGuide« kombiniere etwa Augmented Reality-Technologie mit einem Mix aus verschiedenen Multimedia-Angeboten. Ingenieure sollen so mithilfe einer Dokumentationslösung bei der sicheren und schnellen Durchführung von Wartungsarbeiten und der Fehlersuche unterstützt werden.

Die digitale Plattform »CEON« war im vergangenen Jahr eingeführt worden, sie bildet die Basis für das digitale Servicegeschäft des Konzerns. Betriebs- und Sensordaten werden gesammelt und bewertet, eine Echtzeitüberwachung sei so möglich.

In Zukunft will man diese Daten nutzen, um die Zuverlässigkeit und Leistung der bestehenden Lösungen sowie neue Serviceangebote zu verbessern.

Ganz zentraler Gedanke für die Branche der Zukunft ist bei MAN die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren. Das wurde zuletzt deutlich bei der Ankündigung der Plattform mýa. »Wir glauben an eine Kombination aus internen Kernkompetenzen und der Zusammenarbeit in einem Ökosystem aus digitalen Branchenpartnern«, heißt es.

Auch arbeiten die MAN-Experten nach eigener Aussage mit externen Partnern zusammen, etwa Kongsberg und Samsung Heavy Industries. »Denn eine integrierte digitale Lösung für unsere Marine-Kunden baut auf der branchenübergreifenden Zusammenarbeit auf, da die einzelnen Systeme aufeinander aufbauen und sich gegenseitig beeinflussen«, so die Begründung.

Auch in der Struktur der Branche mit Reedern, Charterern und Betreibern bis hin zu Equipment- und Serviceanbietern steigt der Bedarf an Datenaustausch. »Wir sind überzeugt, dass die Vereinfachung dieser Komplexität der Schlüssel zum zukünftigen Erfolg ist«, so das MAN-Statement.

Mýa wurde als offene Plattform entwickelt, die es ermöglicht, Daten von OEM-Herstellern und weiteren Anbietern zu integrieren.

In dieser Vernetzung aller verfügbaren Daten, von Betriebsdaten bis hin zu OEM-Datenströmen, sehe man »ein riesiges Potenzial«. In der strategischen Ausrichtung müsse die Digitalisierung aus der Sicht der Schiffseigentümer betrachtet werden. »Anstatt die Komplexität durch eine Vielzahl von OEM-Softwareanwendungen zu erhöhen, muss die Branche ein gemeinsames Ökosystem schaffen, das den Weg zu datengetriebenen und digitalen Geschäftsmodellen ebnet und so Erfolge und Leistungspotenziale leicht messbar macht«, so das Fazit.

Datenschutz als Hürde?

Der schwedische Motorenbauer Volvo Penta sieht den Start der Digitalisierung im eigenen Portfolio mit der Einführung elektronischer Steuerungssysteme vor einigen Jahren. »Die Digitalisierung der Motoren und anderer Systeme, wie z.B. der Rudersteuerung, hat die Möglichkeiten eröffnet, neue Funktionen zu schaffen, wie das Andocken per Joystick«, sagt der Konzern. Sie mache einen weiteren Schritt bei der Konnektivität, wenn Funktionen nicht nur an Bord entwickelt werden können, sondern auch Möglichkeiten eröffnen, Dienste rund um zugängliche Informationen und Datenanalysen aufzubauen, beispielsweise die vorausschauende Wartung.

Man wolle einen großen Schritt im Bereich der Konnektivität für die kommerzielle Schifffahrt machen und Easy Connect einführen. Dabei handelt es sich um eine App, die mit Volvo-Penta-Motoren kommunizieren kann. Sie soll eine schnellere und genauere Unterstützung ermöglichen, da zum Beispiel Fehlercodes gemeinsam genutzt werden können.

Mit neuen Technologien, wie Automatisierung und künstlicher Intelligenz, gebe es neue Möglichkeiten, Dienstleistungen, Funktionen und Features anzubieten, »die wir uns nicht einmal vorstellen können.« Bei allem Fortschritt wollen die Schweden jedoch die Datensicherheit und den Datenschutz im Blick behalten.

Volvo setzt die Entwicklung nach eigenen Angaben »zu einem Großteil« selbst um. »Wir sind aber offen für Partnerschaften, wenn sich uns eine Möglichkeit bietet.«