Port of Ningbo Container Terminal Containerumschlag
Foto: Port of Ningbo
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Mit langfristigen Raten verdienen die Containerlinienreedereien zwar das meiste Geld, um das Marktgeschehen beurteilen zu können, sollte man aber den Spot-Containerfrachtraten viel mehr Aufmerksamkeit schenken, meinen Experten.

In den letzten zwei Jahren hatte die Containerschifffahrtsbranche viele Herausforderungen zu meistern, was insbesondere auf der[ds_preview] Route Fernost – US-Westküste (USWC) zu spüren war. Die Route wurde am stärksten von dem Handelskrieg zwischen den USA und China getroffen, der 2018 begann und der noch nicht beendet ist. Dazu kamen höhere Treibstoffkosten aufgrund der am 1. Januar 2020 in Kraft getretenen IMO-2020-Regelung und schließlich sorgt nun das Coronavirus für einen Volumenrückgang.

Trotz geringeren Mengen, die auf dem Spotmarkt gefixt würden, liege hier der Schlüssel zur Verfolgung der Entwicklungen auf dem Containerschifffahrtsmarkt, sagt BIMCO-Chefanalyst Peter Sand. Der Spotmarkt  reagiere schnell auf die sich verändernde Situation und Anpassungen von Angebot und Nachfrage. Auf der anderen Seite seien die längerfristigen Vertragsraten der Schlüssel zum Verständnis, wo die Gewinne im Linienverkehr generiert werden.

»Die langfristigen Vertragsraten generieren das meiste Geld für Reedereien, aber ihre Stabilität verbirgt die Volatilität, mit der der Markt konfrontiert ist. Die Trends auf dem Spotmarkt spiegeln die Marktbedingungen sowohl weltweit als auch auf den einzelnen Fahrtgebieten viel besser wider und können daher einen wichtigen Beitrag zu den Entscheidungsprozessen leisten«, sagt Sand.

Die langfristigen Vertragsraten sind nach Daten von Xeneta seit Anfang 2018 sehr stabil. Damals lagen sie bei 802 $ pro FEU lagen. Sie blieben auf diesem Niveau bis Mai 2019, als sie auf 974 $ pro FEU stiegen, und sind seitdem langsam auf 1.083 $ pro FEU am 21. April 2020 angestiegen. Im gleichen Zeitraum hätten die Spotfrachtraten einen besseren Hinweis darauf gegeben, was der Containerschifffahrtsmarkt erlebt hat, mein Sand nun. Hier seien die Auswirkungen der Fronhauls gegen Ende 2019, vor einer Zollerhöhung auf US-Warenimporte aus China, deutlich sichtbar: Die Kurse stiegen rasch von 735 $ pro FEU Ende Juni 2018 auf 2.066 $ pro FEU Mitte November. Wie üblich in der Lücke zwischen dem kalendarischen Neujahr und dem Mond-Neujahr blieben die Spotraten bis zum ersten Quartal 2019 erhöht, danach fielen Volumen und Raten mit dem Ende des Anstiegs der Lagerbestände.

IMO 2020 hat Frachtraten kaum erhöht

Die viel diskutierten Bunkerzuschläge (BAFs) trugen Sand zufolge wenig dazu bei, die Frachtraten auf der Route Fernost – US-Westküste zu erhöhen. »Reedereien, die BAFs einführten, taten dies hauptsächlich durch Senkung der Grundfrachtrate. Bei den langfristigen Raten wird besonders deutlich, dass die Gesamtkosten für den Versand eines Containers von Fernost zur USWC als Reaktion auf die neue Umweltverordnung nicht gestiegen sind.«

Bei den kurzfristigen Frachtraten habe es zu Beginn des neuen Jahres einen kleinen Anstieg gegeben: von 870 $ pro FEU am 31. Dezember 2019 auf 1.159 $ pro FEU am 1. Januar 2020. Dies habe jedoch nicht gereicht, um die zusätzlichen Treibstoffkosten zu diesem Zeitpunkt zu decken, und entspreche in der Tat (größtenteils) der normalen Saisonalität mit steigenden Raten zu Beginn des neuen Jahres, da mehr Güter vor der Produktionspause zum Chinesischen Neujahrsfest verschifft werden.

»Die Überkapazität, die auf dem Markt weit verbreitet ist, schränkt die Fähigkeit der Reedereien ein, ihre zusätzlichen Treibstoffkosten im Zusammenhang mit der Einhaltung der Schwefelkapazität weiterzugeben. Obwohl sich die Preisspreizung bei Bunkertreibstoff zwischen schwefelreichen und schwefelarmen Schiffstreibstoffen seit Anfang des Jahres erheblich verringert hat, behindert dieses Machtungleichgewicht zwischen Spediteuren und Verladern weiterhin höhere Raten«, sagt Sand.

Stabile Raten verdecken »katastrophale Auswirkungen« der Coronakrise

Sowohl die Lang- als auch die Kurzfristraten sind stabil geblieben, selbst als die Coronavirus-Pandemie große Teile der Weltwirtschaft zum Stillstand gezwungen und damit die Nachfrage nach Containerschiffen gesenkt hat. Die Frachtraten blieben aufgrund der vielen Abfahrten, die von den Reedereien gestrichen wurden, weitgehend unbeeinflusst.

Die Reedereien haben sich für eine Reihe von Maßnahmen zur Kapazitätsreduzierung entschieden, darunter das Auflegen von Schiffen und die Streichung von Abfahrten, was die unbeschäftigte Containerschiffsflotte in den letzten Monaten auf Rekordhöhen getrieben hat. Darüber hinaus haben sich einige Reedereien dazu entschlossen, ihre Schiffe langsamer fahren zu lassen oder teure Kanalgebühren zu vermeiden. Einige wenige Containerschiffe haben sich für die längere Route um das Kap der Guten Hoffnung in Südafrika und nicht für die kürzere und teurere Route durch den Suezkanal entschieden. Der sinkende Ölpreis hat zu niedrigeren Bunkertreibstoffpreisen geführt, so dass die Kosten für die Fahrt auf der längeren Strecke unter denen der Kanalgebühren liegen.
Diese Maßnahmen reduzieren auch die verfügbare Kapazität und halten die Frachtraten künstlich hoch.

»Während die Frachtkosten pro Container stabil geblieben sind, bedeuten die geringeren Volumina und weniger Abfahrten, dass die Spediteure zwar einige Verluste reduzieren können, indem sie Abfahrten ausfallen lassen, aber die katastrophalen Auswirkungen, die das Coronavirus auf ihre Gewinne hat, werden vorerst durch die stabilen Frachtraten überdeckt«, sagt Sand.