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Die Corona-Krise führt zu Verwerfungen im globalen Containerverkehr. Die Hamburger Linienreederei Hapag-Lloyd reagiert mit Anpassungen in der Flotte und einem Kostensparplan.

[ds_preview]Zur Bilanz für das erste Quartal machte CEO Rolf Habben Jansen heute bei einem Briefing zwar noch keine Angaben. Die Zahlen des börsennotierten Unternehmens sollen in ein paar Tagen veröffentlicht werden. Allerdings ließ er durchblicken, dass die Pandemie auch bei Hapag-Lloyd Spuren hinterlässt.

»Die Weltwirtschaft wird hart getroffen, auch die Containerschifffahrt ist davon natürlich betroffen«, sagte der Vorstandsvorsitzende der Hamburger Reederei. Die Prognose vom Branchendienst Clarksons, wonach es in diesem Jahr einen Rückgang um 10% geben könnte, bewertet er als durchaus realistisch. Im ersten Quartal gab es vor allem in China Schwierigkeiten, seit März gilt das für auch andere Märkte, etwa Nord- und Lateinamerika. Eine Erholung erwartet Habben Jansen nicht vor dem dritten Quartal.

Rolf Habben Jansen CEO Hapag-Lloyd

Einen Vergleich zur globalen Krise 2008/2009, als die Branche extrem hart getroffen wurde und ein umfangreicher Konsolidierungsprozess in Gang gesetzt wurde, will er jedoch nicht ziehen. Denn seinerzeit sei das Orderbuch mit bis zu 50% der Weltflotte viel größer gewesen. Derzeit gebe es dagegen verhältnismäßig wenig Neubau-Aufträge. Auch Hapag-Lloyd selbst hat seinen geplanten Auftrag für neue Mega-Boxer vorerst auf Eis gelegt: »In den nächsten Monaten ist sicher mit keinem Auftrag von uns zu rechnen.«

Umfangreiche Anpassungen

Um möglichst gut durch die Krise zu kommen, hat die Reederei einige Anpassungen im Geschäftsbetrieb vorgenommen. Viele der Mitarbeiter an Land arbeiten von zu Hause. Kurzarbeit sei noch nicht beantragt worden, auch größere Stellenstreichungen sind bislang nicht vorgesehen. Jedoch ist man bei Neueinstellungen derzeit zurückhaltend.

Hapag-Lloyd

In der Flotte wurde bereits – wie es auch viele Wettbewerber getan haben – mit »blank sailings« reagiert, um auf die gesunkene Nachfrage zu reagieren. »Wir werden das weiter beobachten und kurzfristig mit Service-Umstrukturierungen reagieren«, sagte Habben Jansen. Insgesamt wurde die Kapazität bereits deutlich reduziert. Für den Weltmarkt gehen Beobachter von einem Rückgang um 15-20% aus – »auch bei uns haben die Anpassungen diese Größenordnung«, sagte der CEO. Außerdem wurden bereits einige Charterschiffe an die Eigner zurückgeliefert. Weitere Tonnage in einem »kleinen zweistelligen Bereich« werde vermutlich folgen.

An anderer Stelle gehen die Hamburger in die Offensive: Um sich für einen möglichen Nachfragesprung zu rüsten, wurden zusätzliche Container gemietet. Laut dem Vorstandsvorsitzenden umfasst die Maßnahme rund 100.000 TEU, was etwa 5% des bisherigen Equipment-Portfolios ausmacht.

Millionen-Einsparungen

Auch bei den Kosten und der Finanzausstattung wollen die Verantwortlichen der Nr. 5 im Weltmarkt auf Nummer sicher gehen. Offiziell sieht man sich dank einer »soliden Bilanz« gut aufgestellt. Aber: »Wir haben uns durch zusätzliche Kreditlinien zusätzliche Liquidität gesichert und Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass wir unser Angebot in hoher Qualität gewährleisten können«, betonte Habben Jansen.

Zudem sollen Kosten gesenkt werden. Dabei geht es um einen »mittleren dreistelligen Millionenbetrag«, sagte er ohne weitere Details zu nennen. Diese Einsparungen kommen zu den 350-400 Mio. $ hinzu, die nach der Fusion mit UASC ohnehin auf der Agenda standen.

Weitere Konsolidierung?

Eine weitere Konsolidierung der Branche mit Insolvenzen oder Fusionen erwartet der erfahrene Manager zunächst nicht, zumindest nicht kurzfristig: »Die Industrie gerät unter Druck. Ob man das übersteht, hängt davon ab, wie gut man aufgestellt ist.«

HMM ship Hyundai Dream

Staatliche Unterstützungsmaßnahmen steht Habben Jansen aus Wettbewerbsgründen skeptisch gegenüber. Erst kürzlich hatte etwa die Regierung Südkoreas ihre Hilfen für die Reederei HMM (Hyundai Merchant Marine) – Partner von Hapag-Lloyd in der Kooperation »THE Alliance« – im Gegenzug für eine stärkere staatliche Beteiligung deutlich aufgestockt. Diese Hilfe sieht Habben Jansen nicht als allzu problematisch an, »aber wir sollten von solchen Maßnahmen auch nicht zu viele sehen«.

Bislang kein Corona-Fall an Bord

Einen Corona-Fall gab es an Bord der Hapag-Lloyd-Schiffe bislang nicht, bestätigte Richard von Berlepsch, Geschäftsführer Fleet Management. Allerdings sind die Besatzungen der Reederei natürlich auch von den Schwierigkeiten im Crew-Change betroffen. Aufgrund der vielfältigen Reiserestriktionen hängen weltweit bis zu 150.000 Seeleute über ihre eigentliche Vertragslaufzeit an Bord fest, berichten Experten.

»Das ist eine große Herausforderung für uns. Es betrifft vor allem Seeleute, die an Bord gehen wollen. Bei der Ablösung bestehen die größten Probleme für den Rückweg der Seeleute in ihre Heimat«, so von Berlepsch. Laut Habben-Jansen sind aktuell rund 200 Besatzungsmitglieder direkt von der Krise betroffen, sie sind bereits länger an Bord als es der Vertrag vorsieht.