Lürssen, Blohm+Voss, Fregatte
© Selzer
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Bei der Vergabe des MKS 180-Projekts waren sie noch Konkurrenten. Jetzt aber wollen Lürssen und German Naval Yards Kiel zu einer Großwerft fusionieren.

Die Gerüchte gab es schon seit einigen Tagen, jetzt wird es offiziell: [ds_preview]Lürssen und German Naval Yards (GNY) legen ihre Aktivitäten im militärischen und behördlichen Überwasserschiffbau unter Führung von Lürssen zusammen. Die beiden Eignerfamilien in Kiel (Safa) und Bremen (Lürßen) haben sich demnach bereits auf die vertraglichen Eckpunkte der Fusion geeinigt, heißt es in einer Mitteilung. Details würden jetzt verhandelt, auch die Zustimmung der Kartellbehörden stehe noch aus.

Bei MKS 180 noch Gegner

Bei der Ausschreibung für vier neue Mehrzweckkampfschiffe »MKS 180« waren beiden Unternehmen noch gegeneinander angetreten. Die Auftragsvergabe an die niederländische Werftgruppe Damen mit der zur Lürssen-Gruppe gehörenden Werft Blohm+Voss in Hamburg als Juniorpartner hatte hohe Wellen geschlagen. Nationale Aufträge sollten an die heimischen Werften vergeben werden, hatten unter anderem Landespolitiker und die Gewerkschaft IG Metall gefordert.

Marineschiffbau als Schlüsseltechnologie

Die Bundesregierung, die gerade den Marineschiffbau zu einer Schlüsseltechnologie erklärt hat, holte daraufhin die Werften bereits Ende vergangenen Jahres zu Gesprächen über ein neues Werftenkonsortium an den Verhandlungstisch. Außen vor bleibt allerdings thyssenkrupp Marine Systems (tkMS), die dritte große Marinewerft in Deutschland. Das ebenfalls in Kiel beheimatete Unternehmen hatte sich zuvor in einem Bündnis mit GNY um das MKS 180-Projekt beworben – und war unterlegen. Durch die Konsolidierung könnte es nun zu einer Beilegung dieses Konflikts kommen. »Weitere Verzögerungen bei der Vergabeentscheidung sind nicht mehr zu erwarten«, sagt Norbert Brackmann, der als Maritimer Koordinator der Bundesregierung an den Verhandlungen beteiligt war.

»Wir gehen diesen Weg in der Erwartung, dem nationalen Auftraggeber in der neuen Struktur ein umfassenderes und leistungsfähiges Angebot zu einer dauerhaften Belieferung und Betreuung hochwertiger Marineeinheiten geben zu können«

Friedrich Lürßen, Gesellschafter der Lürssen-Gruppe

GermanNavalYards

Der Zusammenschluss folge den Forderungen des öffentlichen Auftraggebers, »leistungsfähige, verlässliche und kosteneffiziente« Industriestrukturen zu sichern, heißt es weiter. Das neue Werftenkonsortium will künftig gemeinsam sowohl »technologisch hoch innovative« Marine- als auch Behördenschiffe bauen sowie den gesamten technischen Service während des gesamten Lebenszyklus’ anbieten. Gleichzeitig sollen die Position im  internationalen Wettbewerb und auch die Exportchancen gestärkt werden. Dies betrifft vor allem Fregatten und Korvetten.

»Die Konsolidierung in Deutschland ist längst überfällig.Unsere Kunden brauchen Partner, die über die Größe und die Fähigkeit verfügen, umfangreiche, strategisch wichtige Aufträge zu erfüllen«

Iskandar Safa, CEO von Privinvest Holding SAL

Ausgenommen bleibt auch künftig der zivile Schiffbau. Beiden Unternehmen sind auch im Bau von Mega-Yachten erfolgreich: Lürssen ist mit Standorten in Bremen und Schacht-Audorf Weltmarktführer, GNY hat dafür die Werft Nobiskrug in Rendsburg.

Norderwerft, Lürssen

Gemeinsam haben die beiden Werften rund 3.600 Beschäftigte. Lürssen bringt die Werften Blohm+Voss und Norderwerft in Hamburg sowie die Peene-Werft in Wolgast ein, German Naval Yards (ehemals Howaldtswerke-Deutsche Werft – HDW) das Areal in Kiel. Neben Neubauten für die heimische Marine geht es künftig um Chancen im Ausland.

Bislang hatten die deutschen Werften wenig Chancen gegen die Konkurrenten in Frankreich (Naval Group) und Italien (Fincantieri), die zum Teil in Staatsbesitz und deutlich größer sind und außerdem von ihren jeweiligen Regierungen massiv unterstützt werden.

Geht tkMS zu Fincantieri?

Ursprünglich wurde dem Vernehmen nach über eine Dreier-Fusion mit tkMS (6.000 Mitarbeiter) verhandelt. Allerdings seien sich die Akteure nicht handelseinig geworden, heißt es. An dem U-Boot-Bau waren Lürssen und GNY wegen der hohen finanziellen Risiken nicht interessiert, berichten Insider.

Spekulationen ranken sich nun darum, welche Pläne der Essener ThyssenKrupp-Konzern für seine Schiffbausparte verfolgt. Angeblich laufen bereits Gespräche mit dem italienischen Staatskonzern Fincanteri über ein internationales Bündnis. Beide Werften kooperieren schon seit Längerem beim Bau von U-Booten. Die italienische Marine verfügt über die gleichen Boote. Aber auch ein späterer Einstieg in das Joint Venture von Lürssen und GNY sei noch nicht vom Tisch.