Container, Symbolbild für Frachtraten, Seefracht und Reedereien
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Wenn es gelänge, die Hälfte der Bills of Lading in der Containerschifffahrt auf eine elektronische und standardisierte Dokumentform umzustellen, könnte das Milliarden sparen. Das rechnet eine Digitalisierungsallianz von Linienreedereien vor.

Die Digital Container Shipping Alliance (DCSA) der Reedereien MSC, Maersk, CMA CGM, Hapag-Lloyd, ONE, Evergreen, Yang Ming, HMM, und ZIM will dem Thema nun neuen Schwung geben. Der Verzicht auf Papier bei der Schifffahrtstransaktion werde jeden Aspekt der kommerziellen Containerschifffahrt besser, schneller, billiger, sicherer und umweltfreundlicher machen, so die Überzeugung.

Trotz dem Fehlen eines standardisierten Ansatzes für die Digitalisierung haben einige Reedereien und Lösungsanbieter weiterhin proprietäre eBL-Initiativen vorangetrieben, wenn auch in begrenztem Umfang. Doch wie André Simha, Global Chief Digital & Innovation Officer von MSC und DCSA-Vorsitzender ksagt: »Die COVID-19-Situation rückt die Kernstärken eines standardisierten eBL in den Vordergrund. Die Ladung in den Häfen kann aufgrund von Papier, das wegen der durch die Pandemie verursachten Verspätungen im Luftfrachtverkehr an anderer Stelle hängen bleibt, nicht abgefertigt werden.«

Kosten bei Papierdokumenten dreimal so hoch

Mit einem Berechnungsmodell versucht die DCSA die potenziellen Kosteneinsparungen für den Wechsel vom Papier-BL zum eBL zu quantifizieren. Demnach seien die Gesamtkosten für die Verarbeitung von Papierdokumenten fast dreimal so hoch sind wie bei eBLs. »Bei einer globalen Wirtschaftswachstumsrate von 2,4% bis 2030, wie sie von der OECD prognostiziert wird, schätzen wir, dass die Branche mehr als 4 Mrd. $ pro Jahr einsparen kann, wenn eine 50-prozentige Einführung von eBL erreicht wird«, so die DCSA.

Die Organisation verweist dabei auf den Luftfrachtsektor. Deren Dachverband IATA hatte 2010 e-Air Waybills (e-AWB) für die Luftfracht eingeführt, deren Akzeptanz gegenwärtig bei über 68% liegt. »Wenn wir jetzt mit der Standardisierung des eBL beginnen, haben wir Grund zu der Annahme, dass bis 2030 eine Annahmequote von 50% machbar ist«, so die DCSA.

Heutige Technologie soll es richten

Neue Technologien wie die Distributed-Ledger-Technologie (DLT), Peer-to-Peer und Blockchain böten heute potenzielle Lösungen, um bisher von Kritikern ins Feld geführte Risikien von Ausfällen oder Cyber-Angriffen zu eliminieren. Die Integrität und Einzigartigkeit eines eBL könne sichergestellt werden. Aber auch Bedenken hinsichtlich der rechtlichen Durchsetzbarkeit waren ein Hindernis für eine breite Einführung des eBL. Nicht jede Regierung hat behördliche Bestimmungen für elektronische Formulare, viele verlangen Papier, Standards für diese Art elektronischer Dokumente gibt es nicht.

»Aber auch in diesem Bereich werden Fortschritte erzielt, die sich infolge der COVID-19-Krise beschleunigt haben«, so die Organisation. Eine Reihe von DCSA-Mitgliedern berichtetet von einem starken Anstieg der eBL-Einführung in dem Bemühen, den Handel in Gang zu halten. Zudem hat die International Group of P&I Clubs (IGP&I), die rund 90% der weltweiten Hochseetonnage versichert, das Tempo bei der Zulassung von eBL-Lösungsanbietern beschleunigt, wobei in den letzten sechs Monaten zwei von insgesamt sechs zugelassenen Anbietern hinzukamen.

»Open Source« als Weg

Für jede robuste Technologie, wie z. B. Blockchain oder Distributed-Ledger, müssen ein Datenmodell und Übertragungsstandards vorhanden sein, damit ein eBL sicher von Ende zu Ende gereicht werden kann. »Wenn alle, die mit dem eBL in Berührung kommen, dasselbe Datenformat und dieselben Kommunikationsstandards verwenden, kann es unabhängig von bereits bestehenden Beziehungen zwischen den Beteiligten nahtlos transportiert werden«, heißt es. Digitale Standards ermöglichten die Interoperabilität zwischen allen Beteiligten wie Systemanbietern, Verladern, Spediteuren, Frachtführern, Banken und Regulierungsbehörden.

In diesem Monat will die DCSA eine Initiative starten, um die offene Zusammenarbeit zu ermöglichen, die für eine vollständige eBL-Einführung erforderlich ist. Als Teil dieser Initiative wird die DCSA Open-Source-Standards für die notwendigen rechtlichen Bedingungen sowie Definitionen und Terminologie entwickeln, um die Kommunikation zwischen Kunden, Containertransporteuren, Regulierungsbehörden, Finanzinstituten und anderen Branchenbeteiligten zu erleichtern. Derweil wird auch in Deutschland und auf internationaler Ebene an einer Lösung für digitale Frachtpapiere gearbeitet.