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Die Bundesregierung will Deutschland eine globale Führungsrolle bei Wasserstofftechnologien sichern. Dazu wurde nun die »Nationale Wasserstoffstrategie« verabschiedet und ein »Nationaler Wasserstoffrat« berufen.

Das Bundeskabinett hat heute die Nationale Wasserstoffstrategie beschlossen, dazu heißt es: »Wasserstoff ist entscheidend für die Dekarbonisierung wichtiger deutscher Kernbranchen wie der [ds_preview]Stahl- und Chemieindustrie, aber auch des Verkehrssektors. Zugleich können sich Wasserstofftechnologien zu einem zentralen Geschäftsfeld der deutschen Exportwirtschaft entwickeln.«

Zur konsequenten Umsetzung und Weiterentwicklung der Strategie soll eine »flexible und ergebnisorientierte Governance-Struktur« geschaffen werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Einrichtung eines Nationalen Wasserstoffrates, dessen Mitglieder heute vom Bundeskabinett ernannt wurden.

Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier, erklärt: »Die Zeit für Wasserstoff und die dafür nötigen Technologien ist reif. Wir müssen daher jetzt die Potenziale für Wertschöpfung, Beschäftigung und den Klimaschutz erschließen und nutzen. Denn Wasserstoff wird ein Schlüsselrohstoff für eine erfolgreiche Energiewende sein.« Dabei soll Deutschland eine Vorreiterrolle einnehmen, wie vor 20 Jahren bereits mit der Förderung der Erneuerbaren Energien.

»Wer Ja sagt zu Wasserstoff, muss auch Ja sagen zu Windenergie«

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: »Grüner Wasserstoff bietet uns die Chance, Klimaschutz in den Bereichen voranzubringen, wo wir bisher noch keine Lösungen hatten, zum Beispiel in der Stahlindustrie oder im Flugverkehr. Das funktioniert, weil die Strategie vor allem auf die Förderung von ›grünem Wasserstoff‹ ausgerichtet ist.« Gut für das Klima sei auf Dauer nur Wasserstoff aus 100 % erneuerbaren Energien, so Schulze. »Klar ist damit auch: Wer Ja sagt zu Wasserstoff, muss auch Ja sagen zu Windenergie.«

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer fügt hinzu: »Mit unserer Wasserstoffstrategie geben wir den Unternehmen jetzt einen klaren Rahmen vor und machen Investitionsentscheidungen planbar. Mein Ministerium beschäftigt sich seit mehr als einem Jahrzehnt mit der Wasserstofftechnologie und hat über 700 Mio. € vor allem in die Forschung und Entwicklung investiert. Jetzt brauchen wir wirtschaftliche Projekte auf dem Markt.« Die Strategie nehme die gesamte Wertschöpfungskette in den Blick – Technologie, Erzeugung, Speicherung, Infrastruktur und Anwendung in Fahrzeugen. Mit den HyLand-Projekten sei man bereits dabei, in einzelnen Regionen die Wasserstofftechnologie von der Erzeugung bis zur Nutzung vor Ort aufzubauen. Das müsse jetzt bundesweit geschehen. »Zusätzlich werden wir ein Wasserstoff-Anwendungs- und Technologie-Zentrum für die Zulieferindustrie sowie eine eigene Brennstoffzellproduktion in Deutschland unterstützen und aufbauen.«

Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek will die Förderung von Forschung und Innovation zum Grünen Wasserstoff weiter intensivieren: von der Erzeugung, über Speicherung, Transport und Verteilung bis hin zur Anwendung. »Bis 2023 stellen wir dafür zusätzlich 310 Mio. € zur Verfügung. Das wird uns Rückenwind geben, damit Deutschland um den Weltmeistertitel beim Grünen Wasserstoff erfolgreich mitspielen kann.«

Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Gerd Müller, sieht vor allem Länder in Nordafrika wegen der verfügbaren Solarenergie als geeignete Produktionsstandorte. »Gemeinsam mit Marokko entwickeln wir jetzt die erste industrielle Anlage für ›Grünen Wasserstoff‹ in Afrika.«

Reaktionen  von »Riesenchance« bis »kein Grund für Euphorie«

Ralf Nagel, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Verbands Deutscher Reeder (VDR), kommentiert: »Wir begrüßen es sehr, wenn jetzt noch mehr Bewegung in das Thema kommt. Wasserstoff kann auch für die Schifffahrt ein Brennstoff der Zukunft sein, mit dem wir unsere Klimaziele erreichen können – eine weitere Option neben dem bereits erprobten LNG. Es ist deshalb gut, wenn Deutschland jetzt Erforschung und Einsatz fördert.«

Hamburgs Senator Michael Westhagemann sieht die Strategie als »wichtigen ersten Schritt in die Zukunft«. Sie gebe der Wirtschaft und den politischen Entscheidern einen Handlungsrahmen, an dem sie ihre jeweiligen Initiativen ausrichten könnten. Das schaffe die notwendige Sicherheit für die vor Ort zu treffenden Entscheidungen und ein nachhaltiges Engagement der Wirtschaft. »Gerade hier in Hamburg stehen wir beim Thema Wasserstoff in den Startlöchern. Für unseren Standort ist das eine Riesenchance, die wir gemeinsam mit der Industrie und den Partnern in Wirtschaft und Wissenschaft auch nutzen werden.« Die in der Nationalen Wasserstoffstrategie beschriebenen Maßnahmen seien in Teilen noch zu abstrakt und müssten zügig weiter konkretisiert werden. Aus dem Fokus auf grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ergebe sich eine Schlüsselrolle für den Norden.

Der Verband deutscher Maschinen und Anlagenbauer (VDMA) erklärt: »Klimaschutz braucht Wasserstoff, modernen Anlagenbau und politische Klarheit. Diese Klarheit ist mit der Wasserstoffstrategie endlich absehbar. Der skizzierte Pfad ist richtig, das Tempo könnte aber durchaus höher sein. Insofern gibt es keinen Grund für Euphorie.« Denn schon heute seien die Maschinen- und Anlagenbauer in der Lage, jährlich 1 GW Elektrolyseleistung bereitzustellen. Das nun vom Kabinett anvisierte Ziel, bis 2030 industrielle Produktionsanlagen mit 5 GW und bis 2035, spätestens aber bis 2040 insgesamt 10 GW Gesamtleistung aufzubauen, erscheine daher »wenig ambitioniert«.

Die Strategie ist hier abrufbar.