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Foto: Port of Long Beach
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Für Monate hat die Coronavirus-Pandemie einen Großteil der US-Wirtschaft lahmgelegt. Die wirtschaftliche Rezession und hohe Lagerbestände werden das Containervolumen im transpazifischen Handel nur langsam steigen lassen.

Die zweite Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt der USA im ersten Quartal zeigt eine Schrumpfung um 5,0% gegenüber dem Vorquartal und ein Wachstum von nur 0,2% gegenüber dem ersten Quartal 2019. Da die Lockdown-Maßnahmen erst Ende März in Kraft getreten sind, wird sich das zweite Quartal des Jahres vermutlich als noch schädlicher für die US-Wirtschaft erweisen.

»Die direktesten Auswirkungen der Verlangsamung des Wirtschaftswachstums auf die Schifffahrt spürt die Containerschifffahrtsbranche, weil die Nachfrage nach containerisierten Gütern als eine der ersten betroffen ist«, sagt Peter Sand, Chief Shipping Analyst bei BIMCO. Die beladenen Containerimporte an die US-Westküste sind in den ersten vier Monaten des Jahres um 12,5% zurückgegangen, was einem Verlust von 434.000 TEU gegenüber den ersten vier Monaten des Jahres 2019 entspricht.

Keine Abnehmer für Waren

Im April stieg das Ladungsvolumen an der Westküste der USA von 622.601 TEU im März auf 823.000 TEU. Dies spiegelte nach Sands Einschätzung jedoch nicht die höhere Nachfrage wider, sondern eher die früher im Jahr bestellten Waren, die durch den Lockdown China im Februar aufgehalten wurden und an der Westküste ankamen, als die Nachfrage schon im freien Fall war.

In der Tat zeigen die Einzelhandelsumsätze im März und April diesen Rückgang der Nachfrage nach Containerschifffahrtsgütern. Die Verkäufe in den Bekleidungsgeschäften im April dieses Jahres betrugen nur noch ein Zehntel dessen, was sie im April 2019 waren. Lebensmittel- und Getränkemärkte sind die einzigen, die keinen Umsatzrückgang zu verzeichnen hatten, aber die anderen Geschäfte tragen zur Nachfrage nach Containerschifffahrtsgütern bei.

»Die Verkäufe werden wahrscheinlich im April oder Mai die Talsohle erreichen, wenn die Lockdown-Maßnahmen in den USA gelockert werden. Eine Rückkehr auf das Niveau von 2019 wird jedoch viel länger dauern. Die hohe Arbeitslosigkeit und die geringere Kaufkraft der Verbraucher, die länger als die unmittelbaren Gesundheitskrisen andauern werden, bedeuten, dass eine Rückkehr zu den Umsätzen von 2019 nicht unmittelbar bevorsteht«, sagt Peter Sand.

Lagerbestände sind aufgefüllt

Das Einzelhandelsinventar/Verkaufsverhältnis im März zeigt Sands Aussage zufolge bereits, wie die rückläufigen Verkäufe dazu geführt haben, dass die Lager sich wieder füllten. Es stieg im März auf 1,53, von 1,43 im Februar. Ansonsten war das Verhältnis seit seinem vorherigen Höchststand von 1,51 im Dezember 2018, als wegen des Handelskriegs mit China eine Erhöhung der Warenzölle drohte, rückläufig. Der Anstieg des Verhältnisses im März  sei darauf zurückzuführen, dass die Verkäufe um 24,4 Mrd. $ gesunken seien, während die Lagerbestände ab Februar um 6,6 Mrd. $ gestiegen seiene, so Sand.

BIMCO erwartet, dass das Verhältnis im April wieder gestiegen sein wird, da die Importe zunahmen, während die Verkäufe weiter zurückgingen. Das höhere Verhältnis veranschaulicht, dass die Nachfrage nach Schifffstransporten nur vorgezogen wurde, anstatt zu wachsen. Das bedeutet, dass selbst wenn sich die Verkäufe in den USA langsam wieder erholen, die Nachfrage nach Schiffstransporten langsamer zurückkehren wird, da die Lagerbestände wieder auf ein normales Niveau zurückgeführt werden.

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»Für die Containerschifffahrt sind die Aussichten schlecht, da die wirtschaftliche Rezession und eine langwierige Rückkehr zu den Verkaufszahlen von 2019 sowie hohe Lagerbestände bedeuten, dass das Containervolumen im transpazifischen Handel nicht plötzlich wieder ansteigt«, sagt Sand.

Überraschenderweise erholten sich die Importe von beladenen Containern in den Hafen von Long Beach im Mai etwas von 253.540 TEU im April auf 312.590 TEU, was einem Anstieg von 7,6% gegenüber dem Volumen im Mai 2019 entspricht. Kumuliert in den ersten fünf Monaten des Jahres ist das Volumen jedoch immer noch um 8,2% gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Wenn sich dieser Trend in den übrigen Containerhäfen der Westküste widerspiegelt, werden die Lagerbestände in Erwartung einer Rückkehr zu höheren Verkäufen noch weiter aufgefüllt werden. Allerdings hat Los Angeles bereits einen fast 30-prozentigen Rückgang für Mai gemeldet.

Die Frachtraten haben sich bisher im Handel vom Fernen Osten zur US-Westküste ganz gut gehalten, sind um 260 $ pro FEU auf 1.925 $ gestiegen und befinden sich faktisch auf dem höchsten Stand seit dem ersten Quartal 2019. Dies ist Sands Ansicht nach jedoch nur auf die weit verbreitete Streichung von Abfahrten zurückzuführen, die die inaktive Containerschiffsflotte auf Rekordhöhen getrieben hat. Während dies die Frachtraten unterstützt, kosten die aufgelegten Containerschiffe die Eigentümer immer noch Geld. »Es bleibt abzuwarten, wie lange die Reedereien weiterhin Abfahrten aussetzen werden, um die Frachtraten zu stützen«, sagt Sand.

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