Hiob fährt mit

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Hiob war wohlhabend, rechtschaffend und gottesfürchtig. Dann aber traf diesen untadeligen Mann der biblischen Geschichte eine Reihe furchtbarer Schicksalsschläge. Am[ds_preview] Ende wurde er zwar erlöst. Doch bis heute fällt dieser Name aus vorchristlicher Zeit immer dann, wenn Schreckensnachrichten zu verkünden sind. Viel zu häufig passiert das in letzter Zeit.

So ereilte auch Aida Cruises, wie die gesamte Kreuzfahrtindustrie gebeutelt von einer monatelangen Zwangspause, just vor ihrem noch zaghaften Neustart die Hiobsbotschaft, dass zehn gerade eingeflogene Crew-Mitglieder das Coronavirus im Leib haben.

Weit schwerer wiegt eine weitere Hiobsbotschaft aus Augsburg. Bei MAN Energy Solutions entfallen wegen der Pandemie und absehbar ausbleibenden Aufträgen für Schiffsmotoren 3.000 der 4.500 Arbeitsplätze in Deutschland. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, hier im Land ebenso wie im Ausland. Einbußen hier, Stellenabbau dort, Hundertausende auf See und an Land festsitzende Seeleute, Katerstimmung allerorten.

Hiob geriet seinerzeit unverschuldet in die Bredouille und kam mit göttlichem Beistand wieder auf die Füße. Die maritime Wirtschaft in ihrer ganzen Breite trifft ebenso wenig eine Schuld an der aktuellen Krise, sie hingegen kann nicht auf himmlische Hilfe hoffen, allenfalls auf Hilfsprogramme und Notkredite ihrer Regierungen. Doch wie weit reichen diese und wie lange? Das weiß derzeit niemand zu sagen, heutige Einschätzungen sind bestenfalls hoffnungsvolle Prophezeiungen.

Längst ist klar, dass die akuten Auswirkungen und auch die langfristigen Folgen der Pandemie weitaus gravierender sind als die der Finanzkrise nach der Lehman-Pleite vor zwölf Jahren mit all ihren Nachwehen. Noch Anfang des Jahres wurde die Kraftstoffumstellung nach IMO 2020 gern als eine »Zäsur« bezeichnet, weil in dem Bemühen um mehr Effizienz, Klimaschutz und Nachhaltigkeit eine neue Zeitrechnung beginnen sollte. Wer denkt angesichts der vielen existenziellen Sorgen heute ausgerechnet noch daran?

Doch genau darum wird es am Ende wieder gehen. Corona ist keine Abzweigung auf eine neue Route, auch keine Abkehr von den eigentlichen und richtigen Zielen. Allerdings ändern sich global gerade viele Rahmenbedingungen, vielleicht sogar die Welt, wie wir sie bislang kannten. Es wird neue Prozesse, Ideen und Geschäftsstrategien geben müssen, um den Wandel mitgestalten zu können und nicht an ihm zu scheitern. Das ist die eigentliche Zäsur, der sich jetzt alle stellen müssen.

Viel Spaß beim Lesen wünscht

Krischan Förster