Print Friendly, PDF & Email

Der Gesamtauftragsbestand für Massengut-, Container- und Tankschiffe hat den niedrigsten Stand seit 17 Jahren erreicht. Vor allem die Aufträge für Dry-Bulk- und Containerschiffe sind stark zurückgegangen.

[ds_preview]Mit 63,4 Mio. DWT ist das Auftragsbuch für Trockenmassengut auf dem niedrigsten Stand seit April 2004 und 34,7 % kleiner als vor zwölf Monaten, zeigen aktuelle Zahlen von BIMCO. Auch das Auftragsbuch für Containerschiffe ist in den letzten zwölf Monaten um 10,3 % auf den niedrigsten Stand seit September 2003 gefallen.

Der Rückgang hat dazu geführt, dass das Verhältnis von Auftragsbuch zu Flotte mit nur 7,7% auf dem niedrigsten Stand seit vielen Jahren geblieben ist. »Dies ist jedoch kein Grund für eine Hektik bei der Vergabe neuer Aufträge. Die größere Flotte bedeutet, dass selbst dieses niedrigere Verhältnis eine beträchtliche Menge an Tonnage darstellt, insbesondere angesichts der schlechten Aussichten«, so BIMCO.

Dry-Bulk-Auftragsbuch schrumpft um 6 Mio. DWT

In den ersten sieben Monaten des Jahres sind die Aufträge für Trockenmassengutschiffe gegenüber dem Jahresanfang um 65,6 % und die Aufträge für neue Containerschiffe um 37,7 % zurückgegangen. Währenddessen sind die aktuellen Ablieferungen »überraschend wenig« betroffen.

Der Tankschiffbau hat ebenfalls einen Rückgang der Auftragsbücher zu verzeichnen, wenn auch nicht so stark wie die Rückgänge in der Trockenmassengut- und Containerschifffahrt. Dies liegt nach Aussage von BIMCO in erster Linie daran, dass das Auftragsbuch der Tankschifffahrt in den letzten zwei Jahrzehnten auf einem viel niedrigeren Niveau lag als das der Dry-Bulk- und Containerschifffahrt. Das Auftragsbuch für Rohöltanker liegt bei 36,3 Mio. DWT und für die Ölproduktentankerflotte bei 12,1 Mio. DWT, 4,2 % bzw. 12 % weniger als vor zwölf Monaten.

BIMCO-Orderbuch-Handelsschiffe-2000-2020
Quelle: BIMCO

Produktentanker einziges Segment mit Zuwachs

Produktentanker seien das einzige Segment, das in diesem Jahr einen höheren Auftragseingang als im letzten Jahr verzeichnet habe, nämlich einen Anstieg um 2,9 % in den ersten sieben Monaten des Jahres auf 3,2 Mio. DWT, so BIMCO.

Die Aufträge für neue Rohöltanker sind im gleichen Zeitraum um 41,3% gesunken, ein Rückgang von 10,1 Mio. DWT im letzten Jahr auf 5,9 Mio. DWT in diesem Jahr. Die Ablieferungen sind bei Rohöltankern um 39,1% und bei Ölproduktentankern um 46,1% zurückgegangen, während sich die gesamten Tankerlieferungen in diesem Jahr bisher auf 10,1 Mio. DWT beliefen, verglichen mit 17,2 Mio. in den gleichen Monaten des letzten Jahres.

Verschrottungsaktivität steigt mit Wiedereröffnung der Werften

Der Rückgang des Appetits auf neue Schiffe kommt zu einer Zeit, in der viele Eigner ihre vorhandenen Schiffe loswerden wollen. Da die großen Abwracknationen ihre Werften wieder geöffnet haben, kam es im Juni und Juli zu einem starken Anstieg der Verschrottung. Die Gesamtabbruchtätigkeit im Juli belief sich dem BIMCO-Bericht zufolge auf 1,8 Mio. DWT, das sind 1,2 Mio. DWT mehr als im Juli 2019, ein Anstieg um fast 400 % gegenüber April 2020.

Insbesondere die Verschrottung von Bulkern und Containerschiffen hat um 80,9 % bzw. 26,3 % zugenommen, während seit Anfang des Jahres 8,8 Mio. DWT Schüttgut- und 152.770 TEU Containerschiffe zum Abbruch geschickt wurden.

»Der starke Anstieg bei der Verschrottung nach der Wiedereröffnung der Werften war aufgrund des Nachfrageschocks durch die Covid-19-Krise und der Erwartung, dass ein langer Weg zur Erholung vor uns liegt, durchaus zu erwarten. Dies spiegelt sich sowohl in den höheren Abwrackzahlen wider, bei denen die Eigner waren, ältere und Substandardschiffe loszuwerden, die sie bisher immer noch fuhren, als auch im Rückgang der Vertragsabschlüsse, da sich die Aussichten für die nächsten Jahre gegenüber dem Jahresanfang deutlich eingetrübt haben«, sagt Peter Sand, Chief Shipping Analyst, BIMCO.

Flotten wachsen trotzdem weiter

Trotz dem Anstieg der Abbrüche und dem Rückgang der Ablieferungen in vielen Sektoren wächst die Flotte weiter, weil die Ablieferungen mengenmäßig viel umfangreicher sind als die Verschrottungen. Die Dry-Bulk-Flotte hat zum ersten Mal die Marke von 900 Mio. DWT überschritten (901,67 Mio. DWT am 3. August), wobei die Flotte seit Jahresbeginn um 2,6 % gewachsen ist. Die Rohöl- und die Ölproduktentankerflotte verzeichneten mit 2 % bzw. 1,7 % das nächsthöchste Flottenwachstum der vier, die Containerschiffsflotte bildete mit einem Zuwachs von 1,2 % seit Jahresbeginn das Schlusslicht.

BIMCO-Entwicklung-Handelsflotte-2019-2020
Quelle: BIMCO

»Die anhaltende Zunahme des Schiffsangebots trotz höheren Abbruchzahlen und geringerer Auftragsvergabe kann nicht ignoriert werden, da das Welthandelsvolumen in diesem Jahr beträchtlich zurückgehen wird und erst für frühestens 2022 wieder das Niveau von vor der Pandemie prognostiziert wird. Während der Rückgang der Vertragsabschlüsse in den kommenden Jahren zu einer Verlangsamung des Flottenwachstums führen wird, könnte sich das Gleichgewicht auf den Schifffahrtsmärkten in den kommenden Jahren als schwer zu erreichen erweisen«, sagt Peter Sand.