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Mit einem neuen Eigentümer aus Bremerhaven will die Emder Werft und Dock (EWD) ihre Marktposition weiter verbessern. Der Fokus liegt weiter auf dem Reparaturgeschäft für verschiedene Kunden.

Auf dem Gelände der ehemaligen Nordseewerke wird ein neues Kapitel in der langen und bewegten Geschichte des traditionsreichen Werftstandortes geschrieben[ds_preview]. Nach fünf Jahren als Werfteigner hat der Hamburger Investor Seafort Advisors vor wenigen Wochen seine Anteile an der Emder Werft und Dock (EWD) verkauft, neuer Eigner ist die Bremerhavener BENLI GROUP. Überrascht hat der Schritt in Emden niemanden. »Dass ein Investor nach einer gewissen Zeit aussteigt, ist ganz normal«, sagt EWD-Geschäftsführer Niels Rehbock.

Seafort Advisors hatte 2015 den Fortbestand mit der Übernahme der Reparaturwerft von ThyssenKrupp gesichert. BENLI übernehme nicht nur alle 120 Arbeitsplätze, sondern wolle den Standort strategisch weiter stärken, so Rehbock. Denn die Bremerhavener Gruppe erhalte als Dienstleister erstmals in Emden eine eigene Kaje und neue Möglichkeiten im Reparaturgeschäft, »das wird beide Unternehmen befruchten und Synergieeffekte mit sich bringen.«

Man kenne sich bereits seit Jahren, mit Björn Sommer sei zudem ein zweiter Geschäftsführer aus Bremerhaven nach Emden gekommen, der sich bestens mit den Abläufen im Projektgeschäft auskenne.

Die früheren Nordseewerke zählten einst zu den größten deutschen Marinewerften mit bis zu 5.000 Beschäftigten. 1974 hatte Thyssen die Werft übernommen. Im Jahr 2010 folgte eine Aufspaltung. Die EWD ist als einer von zwei Nachfolgebetrieben auf das Reparatur- und Wartungsgeschäft spezialisiert. Beim Werftnachbarn Fosen Yard Emden übernahm erst die SIAG das Ruder, dann ein Konsortium, bevor die norwegische Gruppe Fosen den Betrieb ganz übernahm und im Neubaugeschäft wieder durchstarten will.

Auch mit BENLI soll die EWD eigenständig bleiben und das angestammte Geschäft weiter betreiben. Gestützt auf eine gut ausgebaute Infrastruktur mit einem Trockendock (220 m x 30 m), zwei Schwimmdocks (176 m x 28 m und 136 m x 18 m) und einer tideunabhängigen Kailänge von 1,5 km einschließlich Krankapazitäten von bis zu 40 t. Dadurch können Schiffe aller Art repariert oder modernisiert werden, bis hin zu den alle fünf Jahre fälligen Klasseerneuerungen. Die maximale Schiffsgröße ist lediglich durch die Abmessungen der Seeschleuse in Emden begrenzt. Neben Stahl- und Ausrüstungsarbeiten bietet EWD auch die Überholung komplexer Motorenanlagen und in Zusammenarbeit mit einem gut ausgebauten Netzwerk von »Fremdfirmen« jeglichen anderen Werftservice an.

Traditionell gehört die Marine zu den Stammkunden der Werft. Zuletzt war unter anderem die Korvette »Braunschweig« in Emden. Das von den Nordseewerken vor 15 Jahren im Swath-Design gebaute Wehrforschungsschiff »Planet« lag sogar länger als ein Jahr für eine aufwändige Generalüberholung bei der Werft. Unter anderem wurde die komplexe diesel-elektrische Antriebsanlage aus- und wieder eingebaut. »Mit solchen Projekten stellen wir unsere Kompetenz und die große Fertigungstiefe auch bei sehr komplexen Aufträge unter Beweis«, sagt der Werftchef.

Doch das Portfolio ist mittlerweile sehr viel breiter gefasst, neben Handelsschiffen wie Tankern oder Containerfrachtern werden auch Spezialschiffe angenommen. So konnten die Kreuzfahrtschiffe »Amera« und »Albatros« des Bonner Reiseveranstalters Phoenix Reisen kurzfristig für einen Werftaufenthalt akquiriert werden. Beide Einheiten mussten wegen der Covid-19-Pandemie aus dem Markt genommen werden, die Pause wurde für Wartungsarbeiten genutzt. Auch die Forschungsschiffe »Sonne« und »Maria S. Merian« wurden bei der EWD für ihre Reise nach Spitzbergen zum Crewtausch mit dem Forschungseisbrecher »Polarstern« fit gemacht.

Selbst durch die Coronazeit ist die Werft bislang ohne gravierende Einschränkungen gekommen. Auch Krisenhilfen wurden nicht in Anspruch genommen. »Wir haben gemeinsam mit dem Betriebsrat frühzeitig erforderliche Schutzmaßnahmen und Kleingruppenkonzepte implementiert, verbunden mit dem Ziel, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Darauf aufbauend hatten wir gut zu tun und haben es mit der Belegschaft geschafft, ohne Kurzarbeit auszukommen«, berichtet Rehbock.

Gut qualifiziertes Personal sei ein Pfund, mit dem man wuchern könne. Die Zahl der Mitarbeiter sei in den vergangenen fünf Jahren auf 120 Beschäftigte verdoppelt worden. »Außerdem bilden wir in allen Schiffbauberufen selbst aus, jetzt erstmals auch im kaufmännischen Bereich.«

Offshore-Plattformen für Windkraftanlagen könnten ebenso wie mittelgroße Kreuzfahrtschiffe ein weiteres zukunftsträchtiges Segment werden. Auch der Stahlbau für Wasserbau-Vorhaben könne in Emden erfolgen, wie zum Beispiel ein Hebeponton für die neue Schleuse in Brunsbüttel. Der vom ehemaligen Eigner Seafort forcierte Einstieg in die Reparatur von Mega-Yachten, bei dem eine Partnerschaft mit dem niederländischen Werftengruppe Royal Huisman helfen sollte, wird mit BENLI dagegen etwas abgebremst. Die Erwartungen hätten sich nicht erfüllt, heißt es. »Wir geben das jetzt nicht auf, aber es wird nicht unser absoluter Schwerpunkt sein«, sagt Rehbock.

Der mobile Service soll hingegen ausgebaut werden. Die EWD unterhält wie auch BENLI eine sogenannte »Flying Squad«. Ein Team von zwei bis vier Leuten kommt auf Schiffen direkt an deren Liegeplatz zum Einsatz und fliegt notfalls auch per Flugzeug ein. Dank des großen Maschinenparks, unter anderem mit einer 15 m langen Drehbank, könnten zusätzlich Aufträge für Dritte bis hin zu Kleinserien erledigt werden.

Für den weiteren Jahresverlauf ist Rehbock »vorsichtig optimistisch«. Mit der Grundinstandsetzung des Feuerschiffs »Amrumbank« arbeite man bereits an einem weiteren Großprojekt. Zudem stehe die Werft in aussichtsreichen Verhandlungen für verschiedene neue Projekte. »Immer, wenn es passt, werden wir uns an allen künftigen Ausschreibungen beteiligen.«
Krischan Förster