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Daniel Friedrich, Bezirkseiter IG Metall Küste
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Die Corona-Krise geht nach Einschätzung der Gewerkschaft an die Substanz des Schiffbaus in Deutschland. Ein Drittel der 18.000 Arbeitsplätze auf den Werften sei akut gefährdet. Die IG Metall Küste kündigt Proteste an.

[ds_preview]Die IG Metall Küste warnt vor einem massiven Arbeitsplatzabbau auf den Werften und befürchtet die Schließung von Standorten. »Die Corona-Krise geht an die Substanz des Schiffbaus in Deutschland«, sagte Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste, bei der Vorstellung der diesjährigen Schiffbauumfrage, die die Agentur für Struktur- und Personalentwicklung (AgS) im Auftrag der IG Metall Küste durchgeführt hat. »Nach den Ankündigungen der Unternehmen sehen wir mehr als ein Drittel der 18.000 Ar-beitsplätze auf den deutschen Werften als akut gefährdet an.«

Politik in Bund und Ländern sowie Unternehmen forderte Friedrich zum schnellen und entschlossenen Handeln auf. »Die Werften sind wichtige industrielle Kerne, die gute Arbeitsplätze mit Tarifverträgen bieten. Um sie durch die Corona-Krise zu bringen, ist eine gemeinsame Kraftanstrengung nötig«, so der IG Metall-Bezirksleiter. Es gehe jetzt darum, die Strukturen zu sichern und dafür schnell Geld aus den Hilfsprogrammen der Bundesregierung bereitzustellen. »Damit gewinnen die Unternehmen Zeit, um auf die Verwerfungen etwa auf dem Kreuzfahrtmarkt reagieren zu können, ohne zum Kahl-schlag bei den Beschäftigten anzusetzen.«

Um für Arbeit auf Werften und bei Zulieferern zu sorgen, sei auch die Bundesregierung gefordert. Sie müsse die angekündigten Aufträge für die Marine und andere Behörden zügig vergeben. »Unsere Kolleginnen und Kollegen verlieren die Geduld. Briefe und Pa-piere – etwa zur Schlüsseltechnologie Marineschiffbau – sind genug geschrieben. Wir werden jetzt für unsere Forderungen Druck machen, auch mit Aktionen auf der Straße«, sagte Friedrich. Von den Arbeitgebern verlangte er, nicht nur über angeblich zu hohe Kosten zu reden, sondern über die Qualität im Schiffbau: »Wir müssen besser und nicht billiger sein, um uns auf dem Weltmarkt durchzusetzen.«

Prognose der befragten Betriebsräte fällt überwiegend negativ aus

Die Befragung verzeichnet erstmals seit fünf Jahren einen leichten Rückgang bei der Beschäftigung. Auf den Werften arbeiten aktuell 18.115 Stammbeschäftigte. Das ist ein Rückgang von 1 % gegenüber dem Vorjahr. Auch wenn einige Werften weiterhin einen hohen Anteil an Werkvertragsbeschäftigten haben, ist die Gesamtzahl während der Corona-Pandemie unter anderem durch die zeitweise Schließung von Werften zurückgegangen. Die Übernahme von Auszubildenen wird häufiger von Arbeitgebern in Frage gestellt.
Zudem streben nach Angaben der Gewerkschaft einige Werften eine Reduzierung der Ausbildungsplätze an. Obwohl in der Werftindustrie beinahe 8.000 Beschäftigte seit dem Herbst letzten Jahres in Kurzarbeit waren bzw. sind, ist die Leiharbeitsquote gegenüber dem Vorjahr angestiegen und ist mit 15,6 % so hoch wie zuletzt 2013.

Die Prognose der befragten Betriebsräte fällt überwiegend negativ aus: Rund die Hälfte geht davon aus, dass in den nächsten Monaten in ihren Unternehmen weitere Arbeits-plätze abgebaut werden. Neue Aufträge sind so gut wie keine eingegangen. Die Auslastung liegt aktuell beim Großteil der Werften noch zwischen 80% und 100%. Auftragsstreckungen und ein halbes Jahr fast ohne neue Aufträge bedrohen die zukünftige Kapazitätsauslastung. Im Passagier-und Spezialschiffbau hat sich die Einschätzung zur zukünftigen Marktentwicklung deutlich eingetrübt. Etwas positiver sieht die Einschätzung im Marineschiffbau aus –auch wenn dort dringend neue Aufträge benötigt werden.

Die 29. Schiffbauumfrage im Auftrag der IG Metall Küste umfasst insgesamt 39 Werften, die zum Stichtag am 1. September 2020 insgesamt 18.115 Beschäftigte zählten.