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Nach dem überraschenden Stopp der Ausschreibung für einen Nachfolger des Forschungseisbrechers »Polarstern« soll im Frühjahr ein neuer Anlauf starten.

Die »Polarstern« hat gerade [ds_preview]ihre jüngste und erfolgreiche Arktis-Mission »MOSAiC« beendet. Nach einen Jahr im Eis soll sie am 12. Oktober wieder in ihrem Heimathafen Bremerhaven eintreffen und für weitere Expeditionen vorbereitet werden. Denn ein Nachfolge für den inzwischen hoch betagten Eisbrecher, dessen Betriebserlaubnis spätestens 2027 ausläuft, ist bislang nicht in Sicht.

Im Februar hatte das Bundesforschungsministerium die bereits 2016 begonnene Ausschreibung für eine neue »Polarstern« überraschend abgebrochen. Neben »rechtlichen« wurden auch technische Gründe genannt. Die Leistungsbeschreibung für einen Neubau genüge den »Anforderungen an eine langfristige, leistungsfähige und wirtschaftliche Investition nicht«, hieß es damals. Die aufwändigen und teuren Vorarbeiten, auch bei den interessierten Werften, waren nur noch Makulatur.

AWI-Projektteam für Ausschreibung und Auftragsvergabe

Im Frühjahr 2021 soll nun eine neue Ausschreibung starten. Dieses Mal übernimmt allerdings das Alfred-Wegener-Institut (AWI) Bremerhaven als Auftraggeber und künftiger Betreiber die Regie bei der Planung des mindestens 650 Mio. € teuren Neubaus, bestätigt das AWI gegenüber der HANSA.

Derzeit wird den Angaben zufolge ein Projektteam aufgebaut, das die Angebote interessierter Werften prüfen und den Auftrag mit ihnen verhandeln soll. Kann der Zeitplan eingehalten werden, soll der Zuschlag in der zweiten Jahreshälfte 2022 erfolgen. Ablieferung soll dann 2026 sein, rechtzeitig, bevor die alte »Polarstern« ausgemustert wird.

Neue Anforderungen

Anders als bei der ersten Ausschreibung werden weitere Anforderungen an der Schiff definiert. Gebraucht wird ein »leistungsstarkes eisbrechendes Forschungs- und Versorgungsschiff, das zu jeder Jahreszeit in allen eisbedeckten Regionen einsetzbar ist.« An Deck soll bei Temperaturen bis etwa -50°C gearbeitet werden können. Auch der Unterwassereinsatz von Robotern soll berücksichtigt werden, das betrifft spezielle Aussetzsysteme, Glasfaserkabel und Sensoren, den Moonpool, aber auch Krane und Winden.

Parallel werden ein hybrider diesel-elektrischer Schiffsbetrieb und eine moderne Abwassernachbehandlung gefordert. Auch ein größeres Flugdeck für Hubschrauber werde gebraucht, teilte das AWI mit. Eisbrecher mit ähnlichen Leistungsdaten, wie sie für die amerikanische und kanadische Eisbrecherflotte geplant sind, kosten rund 1 Mrd. $ – und mehr. Die genaue Investitionssumme für die neue »Polarstern« dürfte erst in Verhandlungen mit der Bauwerft final feststehen.

Zweite Chance für die Lloyd Werft?

Beim ersten Anlauf hatte sich auch die Bremerhavener Lloyd Werft für das Projekt beworben und eine beträchtliche Summe vorfinanziert. Sowohl der Bremer Senat als auch die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern fordern eine Auftragsvergabe an einen heimische Werft, an die Lloyd Werft bzw. an die MV Werften. Das AWI verweist dagegen auf die vorgeschriebene europaweite Ausschreibung. »Wir sehen keinen Sachverhalt, der eine Umgehung des europäischen Vergaberechts rechtfertigen würde«, heißt es auf Nachfrage.

Die Zeit drängt. Jede Verzögerung verteuert das Projekt. Zudem endet die Betriebserlaubnis für die alte »Polarstern« im Jahr 2027. Müsste sie länger für das AWI fahren, wäre mit stark erhöhten Werftzeiten und Kosten zu rechnen.