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Was sind die aktuellen Trends im Hafen- und Wasserbau? Wie verändern sich die Anforderungen, in was wird investiert? Ein Schnappschuss aus der Perspektive von Wasserbauexperten

Aktuell investiert vor allem die öffentliche Hand. In Deutschland liegen Planungsprojekte im Bereich Verkehrswasserbau derzeit vornehmlich bei der Wasserstraßen- und[ds_preview] Schifffahrtsverwaltung (WSV), wie Peter Ruland, Director des Geschäftsbereichs Transport & Infrastruktur beim Unternehmen Ramboll berichtet. »Die größten Investitionen sehen wir hier momentan bei Ausbaumaßnahmen am Nord-Ostsee-Kanal, in Wismar und Rostock, an einigen Stichkanälen und auch am Dortmund-Ems-Kanal sowie am Wesel-Dattel-Kanal. Ferner werden zahlreiche Instandhaltungsmaßnahmen an bestehenden Bauwerken wie Spundwänden, Schleusen oder Wehren umgesetzt.«

Im Vergleich dazu sei die Lage bei den Häfen eher verhalten. Hier beobachte man zurzeit, dass verhältnismäßig wenig für Ausbau oder Ersatz geplant werde. Größere neue Infrastrukturmaßnahmen seien zumindest in Deutschland selten.

Diese Beobachtung bestätigt auch Sebastian Höhmann, Leiter des Technischen Büros bei der F+Z Baugesellschaft. Viele Projekte drehen sich demnach um Erneuerung von Ufereinfassungen und den Neubau von Hochwasserschutzanlagen, dagegen gebe es wenig Aktivität im Bereich des Neubaus großer Kaianlagen.

Damit ist Deutschland aber nicht allein. Auch international wird eher wenig in etablierte Häfen investiert. »Dies ist letztendlich auch das Ergebnis des geringen Umschlagwachstums der vergangenen Dekade. Covid-19 wird diesen Trend noch verstärken«, sagt Ruland. Abweichungen von diesem Trend sieht Höhmann im europäischen Raum höchstens in Skandinavien, wo in den Ausbau von Hafenanlagen für Offshore-Anlagen investiert werde.

Lange Planungsdauer kein Muss

Dagegen sieht es auf internationaler Ebene bei Projekten für gänzlich neue Infrastukturen etwas anders aus. Am Markt seien im Moment Bestrebungen aufstrebender Volkswirtschaften zu beobachten, die Zugang zu internationalen Märkten und die Teilhabe am Welthandel durch Investitionen in Greenfield-Projekte anstrebten. Eine Ausnahme stelle Russland dar, wo gezielt in die Ertüchtigung eigener Häfen und die Nutzbarmachung der Nordostpassage für Transitverkehre investiert werde.

In Deutschland stehen immer wieder die langen Planungsprozesse im Zentrum der Diskussionen um Infrastrukturprojekte. Je länger es dauert, umso besser für die Ingenieurbüros, könnte man meinen. Dem sei aber nicht so, sagt Ruland. »Wir profitieren wenig von den langen Planungszeiten. Uns entsteht vielmehr zusätzlicher Aufwand, wenn wir die Planung nach langen Pausen wieder aufnehmen und sich die Mitarbeiter erneut einarbeiten müssen.«

Digital plant es sich besser

Die wenigen deutschen Beispiele mit extrem kurzen Planungs- und Genehmigungsprozessen zeigten aber, dass dieser »lähmende Trend« nicht gesetzmäßig sein müsse. Um Zeitabläufe verlässlich einzuhalten, werde es daher immer wichtiger, gewissenhafte Vorbereitungen zu treffen und bereits zu einem frühen Zeitpunkt alle Beteiligten einzubeziehen. »Die strategische Hafenplanung ist daher ein wichtiger Bestandteil des gesamten Planungsprozesses. Diese Entwicklung haben wir erkannt und uns auch in diesem Bereich weiter verstärkt«, sagt Ruland.

Sebastian Höhmann fordert, dass bei Spezialtiefbaumaßnahmen und im konstruktiven Wasserbau die Ausführungsplanung in der Hand der beauftragten Firma liegen müsse. So könnten Kosten und Planungszeiten verringert und das Know-how des Auftragnehmers genutzt werden.

Wie in allen Sparten des Bauwesens, setzt man bei Ramboll auch im Wasser- und Hafenbau verstärkt auf die digitale Planung mit BIM (Building Information Modeling). »Die verfügbare Software hat inzwischen einen Entwicklungsstand erreicht, der es uns ermöglicht mit diesem Werkzeug effizienter zu planen und bessere Qualität abzuliefern. Das gelingt jedoch nur, wenn das Personal entsprechend gut in dieser Technologie geschult ist. Doch wir sehen, dass immer mehr junge Ingenieure über diese gefragten Kompetenzen verfügen und dann das Unternehmen als Ganzes davon profitieren kann«, sagt Ruland.

Die neuen Technologien helfen den Wasserbauern zum Beispiel bei der Bestandserfassung. »Durch den Einsatz eigener Geräte kombinieren wir alle Daten aus Georadar, UAV-Befliegung, Photogrammetrie und Laserscan sowie zusätzliche Daten aus Behördenbestand zu detaillierten Bestandsmodellen. Die digitale Aufbereitung sorgt für zuverlässigere Planungsergebnisse und eine bessere Dokumentation der späteren Ausführungsphase«, so der Ingenieur.

Um Kunden auch in frühen Projektphasen einen Eindruck der Entwicklung verschaffen zu können, setzt man bei Ramboll auch auf »Virtual« und »Augmented Reality«. Diese Visualisierungen können nach Einschätzung von Ruland Entscheidungsprozesse beschleunigen und auch Bürgerbeteiligungsprozesse maßgeblich erleichtern. Aber: »Leider wird der Mehrwert der digitalen Planung bislang nicht in den Honoraren berücksichtigt. Im Gegenteil: Der Wegfall der Preisbindung durch die Honorarordnung infolge des EU-Urteils hat für zusätzlichen Wettbewerbsdruck gesorgt«, kritisiert er.