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Keine »Breakbulk«, kein »Gallimarkt« – die MPP-Schifffahrt muss in diesem Jahr auf viele wichtige Netzwerk-Veranstaltungen verzichten. Ruhig ist es in der Branche aber nicht. Banken drücken Schiffe auf den Secondhand-Markt, allerdings mangelt es an Käufern. Die Corona-Krise zeigt Wirkung

Direkte Kundenkontakte, das Netzwerken, der persönliche Austausch – all das ist auch in der Mehrzweck- und Schwergutschifffahrt derzeit nur sehr eingeschränkt[ds_preview] möglich. Dabei wäre das Aufeinandertreffen, etwa bei der Messe »Breakbulk Europe«, wichtig, um neues Geschäft anzubahnen.

Doch die Corona-Pandemie hat vielem einen Strich durch die Rechnung gemacht. Und sie wirkt sich auch auf den eigentlichen Ladungsmarkt aus. Entsprechend gibt es diverse Akteure, die wenig positiv gestimmt sind.

»Ob Carrier positiv gestimmt sind, hängt stark von deren oft transportierten Ladungsarten und Fahrtgebieten ab. Diejenigen, die vor allem General Cargo fahren, leiden am stärksten, sie machen sich große Sorgen um Auswirkungen der Corona-Pandemie«, sagt Hannes Holländer vom Hamburger Makler Toepfer Transport im Gespräch mit der HANSA. Wer breiter aufgestellt ist, in der Projekt- oder Heavylift-Schifffahrt unterwegs ist, sei je nach Fahrtgebiet tendenziell positiver gestimmt, nicht zuletzt, weil einige große Industrieprojekte am Horizont sichtbar sind.

Komplexe Gemengelage

Zwar ist der Öl-&-Gasmarkt angesichts des niedrigen Ölpreises noch immer relativ abgekühlt. Allerdings gibt es im Geschäft mit Windenergieanlagen noch immer einiges zu holen, einige Regionen der Welt haben noch Nachholbedarf. Ein Beispiel lieferte zuletzt das staatliche chinesisch-polnische Joint Venture Chipolbrok, dass in der Sommersaison diverse Male mit Windenergiekomponenten Häfen in Skandinavien und in der Ostsee anlief, auch für den September sind weiterer solcher Anläufe geplant.

Neben diesem Segment kommt zudem eine Nachfrage aus anderen »Renewables«-Sektoren, wie beispielsweise der Branche für Wasserkraftwerke.

Die Charterraten zeigen einen leichten Aufwärtstrend – allerdings noch immer auf recht niedrigem Niveau.

Alles in allem muss die Branche mit einer sehr komplexen Gemengelage zurecht kommen. Dazu gehört auch der An- und Verkaufsmarkt. Seit Jahren gilt die MPP-Flotte als verhältnismäßig alt und modernisierungsbedürftig. Trotz einigen Neubauprojekten mangelte und mangelt es allerdings angesichts klammer Kassen an Investitionen in die Flotte. Zudem wurde viel zu wenig Tonnage verschrottet, weil sich für viele Schiffe, die aussortiert wurden, andernorts immer wieder noch ein Käufer fand.

Aktuell sieht es jedoch anders aus. Zum einen ist der S&P-Markt zwar sehr gut gefüllt, mindestens 30 bis 40 Schiffe sollen derzeit auf einen Abnehmer warten, wie zu hören ist. Das liegt zum Einen daran, dass Banken – und die hinter einigen Portfolios stehenden Hedgefonds – darauf drängen, Schiffe zu verkaufen. Vielfach soll dem Vernehmen nach ein weiterer Aufschub der Kredittilgung verweigert werden.

Zum Anderen mangelt es derzeit an Käufern. Die Asset-Preise sind entsprechend geschrumpft. Der Preis von ca. 4Mio. € für die Schiffskäufe durch die Reederei Held für E/F-Typen wird von Käufern mittlerweile als repräsentativ in Verhandlungen eingebracht. Die Aussichten werden von vielen potenziellen Käufern schlicht als nicht gut genug bewertet, zudem fehlt es oft an Möglichkeiten.

Problem bei Verschrottung

Neben der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Aussichten spielen auch das mangelnde Eigenkapital und der fehlende Zugang zu Fremdkapital eine Rolle. »In der Schiffsfinanzierung sind die Banken derzeit generell sehr zurückhaltend. Dies führt insgesamt zu einer sinkenden Nachfrage bei gleichzeitig mehr Schiffen, die auf den S&P Markt drängen«, sagt Holländer.

Theoretisch müssten deutlich mehr MPP-Schiffe abgewrackt werden, aber praktisch gestaltet sich das Vernehmen nach oft schwierig. Eigner müssten in vielen Fällen nach neuen EU-Regeln »umweltfreundlich« verschrotten, aber die dafür zertifizierten Standorte sind oft ausgebucht. In der Folge kommen potenzielle Scrap-Schiffe zusätzlich auf den Secondhand-Markt, dann aber nicht selten zu Scrap-Preisen.

Einige Schiffe werden mittlerweile doch verschrottet, beispielsweise die großen MPP-Linienfrachter der ehemaligen Rickmers-Linie. Eine Marktbereinigung ist das für den Toepfer-Experten zwar noch nicht, aber es könne ein Startschuss dafür sein. Gleichzeitig wird wenig bestellt. »Das ist prinzipiell ein gutes Zeichen«, so Holländer.

IMO-Regeln am Horizont

Zu den wenigen Akteuren, die in der jetzigen Zeit neue Schiffe bekommen, gehören der Leeraner Marktführer BBC Chartering aus der Briese-Gruppe oder dship Carriers aus der Unternehmensgruppe deugro.

Einen signifikanten Anstieg der Neubau-Aktivitäten hält Holländer für nicht sehr wahrscheinlich. Weil gleichzeitig viele alte Schiffe die kommenden IMO-Regeln zu Emissionen nicht erfüllten, könne die Entwicklung zu einem boomenden Markt führen, weil irgendwann nicht mehr ausreichend Tonnage verfügbar sein dürfte.

Der britische Branchendienst Drewry sieht in der Stagnation der MPP-Flotte ebenfalls ein langfristiges Problem. Der Rückgang bei den »einfachen«, nicht schwerlastfähigen Schiffen gegenüber dem langsamen Wachstum der Flotte der Project Carrier sei nicht ganz ausgeglichen, heißt es in einer jüngsten Analyse. Entsprechend wird erwartet, dass die Gesamtflotte mittelfristig um durchschnittlich etwa 0,2% pro Jahr abnimmt. Die Corona-Krise könne die Situation noch verschärfen, weil möglicherweise weniger investiert wird.

Für den aktuell nicht auszuschließenden Fall einer »zweiten Welle« der Covid-19-Pandemie mit Lockdown und weniger Wirtschaftswachstum geht man bei Drewry davon aus, dass die Nachfrage nach MPP-Tonnage in diesem Jahr deutlich unter dem Niveau von 2019 bleiben und 2021 ein Wachstum von weniger als 3% verzeichnet wird.

BBC startet Neubauserie

Die Leeraner Reedereigruppe Briese baut ihre Flotte mit einer Serie neuer MPP-Schiffe aus. Der erste Frachter nahm kürzlich seinen Dienst bei BBC Chartering auf. Die »BBC St. Petersburg« wurde von der chinesischen Werft Taizhou Sanfu Ship Engineering abgeliefert. Der 12.400-Tonner vom Typ F500 ist 147m lang, hat Stauraum für 17.600m³ und ist mit zwei jeweils 250t hebenden Liebherr-Kranen ausgerüstet.

Für Briese und die Tochter BBC Chartering ist es der Start einer MPP-Neubauserie. Zuletzt hatte die Reedereigruppe bestätigt, dass man sich bereits vor einiger Zeit neue Finanzierungspartner für insgesamt 14 Schiffe – inklusive zweier Neubauten – gesichert habe, »nachdem sich die NordLB entschieden hat, aus der Schifffahrt auszusteigen«.

Nach der »BBC St. Petersburg« steht die Ablieferung der F500-Schwester »BBC Arkhangelsk« bevor. Beide Frachter gehören zu einer Viererserie. Die übrigen zwei Einheiten, die »BBC Ukraine« und die »BBC Manila«, sollen den aktuellen Plänen zufolge im nächsten Jahr folgen – dann allerdings ohne die hohe Eisklasse E3 wie ihre Schwestern.

Auch auf dem S&P-Markt war Briese weiter aktiv. So wurden zwei sieben Jahre alte 17.500-Tonner mit jeweils drei 80-t-Kranen aus der Schweiz gekauft. Die ehemals »Trudy« und »Helvetia« getauften Schiffe heißen mittlerweile »Nortmoor« und »Norderaue« und fahren für BBC als »BBC Rhonetal« und »BBC Rheiderland«. Verkauft wurde hingegen die »BBC Spring«. Der 16.500-Tonner mit zwei 400-t-Kranen und einem 120t-t-Kran fährt heute als »UHL Partner« für den Hamburger Carrier United Heavy Lift, der seit einiger Zeit intensiv an seiner Flotte und an seinem Netzwerk arbeitet.