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Die ohnehin komplexe Aufgabe des effizienten Managements von Leercontainern ist seit dem Ausbruch der Pandemie noch anspruchsvoller geworden. Dabei gibt es auf Seiten der Reedereien einige wichtige Stellschrauben für ein effizientes Leercontainermanagement.

Der Erfolgsfaktor ist es, Prognosen zu zukünftigen Bedarfen schon einige Wochen im Voraus anhand von entsprechenden Modellen und Künstlicher Intelligenz[ds_preview] zu treffen. Gerade in einer ungewohnten Situation wie der Covid-19-Pandemie stoßen aufgrund der hohen Dynamik jedoch viele traditionelle Prognosemodelle bisweilen an ihre Grenzen.

Zudem muss berücksichtigt werden, welche Transportkapazitäten zwischen Überschuss- und Bedarfsgebieten zur Verfügung stehen, welche Transportträgermöglichkeiten neben den eigenen Schiffen mit Feederdiensten, Schiene und Straße zur Verfügung stehen und welche Kosten damit verbunden sind. Hier sind transparente Informationen zum gesamten Transportnetzwerk zielführend, um den effizientesten Leercontainertransport zu wählen, lokale Überbestände abzubauen und den zukünftige Bedarf zu decken.

Allerdings ist es bei einer globalen Reederei wie Hapag-Lloyd mit mehr als einer Million Containern im Einsatz sowie tausenden Schiffs- und Inlandsverbindungen nur sehr schwer möglich, diese Komplexität als Einzelmitarbeiter zu durchdringen. Daher werden Entscheidungsunterstützungssysteme aus dem Operations Research genutzt, die mittels mathematischer Optimierungsalgorithmen unter den genannten Einflussfaktoren unterstützende Szenarien für die Logistik entwickeln und als Planungsgrundlage eingesetzt werden. Dabei müssen täglich tausender Repositionierungsentscheidungen getroffen werden. Jede verändert wiederum den Bestand und schafft neue Fakten für die zukünftige Planungsgrundlage. Hilfreich sind daher ein zentrales Planungs- und Entscheidungssystem, das Entscheidungen in Echtzeit teilt und ein weltweit operierendes Team von Experten mit eng abgestimmten Planungsprozessen.

Wertschöpfung auch für Häfen

Die Bereitstellung von Leerequipment gegenüber den Kunden wie Reedereien, Spediteuren sowie Lager- oder Logistikunternehmen, nicht zuletzt auch anderen Verkehrsunternehmen und Verladern aus Industrie und Handel ist zudem ein wichtiger Service der betreffenden Häfen.

Sie profitieren beispielsweise davon, dass neben dem Umschlag selbst auch andere Unternehmen ihre Dienstleistungen rund um den Leercontainer anbieten. Das sind neben der Lagerung M&R Services, die zum Beispiel in den Leercontainerdepots erbracht werden. Somit sorgen auch leere Container für Wertschöpfung in den Häfen.

»Es ist üblich, dass ein paar Leercontainern mit dem Handelsschiff mitreisen, aber das haben wir nie zuvor erlebt.«

Welche Bedeutung dem Leercontainerumschlag dort jeweils zukommt variiert allerdings: Hamburg ist beispielsweise mit einem Anteil von 89% beladenen Containern unter den Haupthäfen der Nordrange der Hafen mit der höchsten Quote an vollen Boxen im Umschlag. Der Anteil an Leerequipment im Containerumschlag lag 2019 bei 11,8% (1,1Mio.TEU) und sank im 1.Quartal 2020 auf 11,2%.

Die Auswirkungen der Corona-Krise zeigten sich auch beim Leercontainerumschlag in den anderen Häfen: So war die Menge an leeren Boxen in Rotterdam deutlich geringer als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Grund waren die rückläufigen Importe aus Asien bei gleichzeitigem Anstieg der Exporte. Auch der insgesamt im ersten Halbjahr um 527.000TEU und damit 7% eingebrochene Umschlag sei auf die geringere Zahl an Leercontainern zurückzuführen.

Einfluss »Blank Sailings«

Anders war es in Antwerpen, wo der Umschlag von leeren Boxen während des Coronakrise im Vergleich zum Vorjahr erheblich zugenommen hat: Waren es im ersten Halbjahr 2019 834.389TEU Leercontainer, stieg ihre Zahl im gleichen Zeitraum dieses Jahres um 11,3% auf 928.644TEU. »Im Mai hat der Hafen von Antwerpen fast 30% mehr Leercontainer umgeschlagen als in den Vorjahren«, betont Hafensprecher Lenart Verstappen. »Es ist üblich, dass ein paar Leercontainern mit dem Handelsschiff mitreisen, aber das haben wir nie zuvor erlebt.« In den vergangenen zwei Monaten habe sich die Situation jedoch stabilisiert.

Auch die Blank Sailings hatten erheblichen Einfluss auf die Verfügbarkeit von Leercontainern.

»Je nach Fahrtgebiet wurden durch Schiffsstilllegungen teilweise über 30% der Kapazitäten aus dem Markt gezogen, was wiederum auch einen Einfluss auf die Verfügbarkeit von Leercontainern hatte«, berichtet Jan Hendrik Köstergarten, Regional Sea Logistics Manager Europe beim Speditions- und Logistikkonzern Kühne + Nagel. Inlanddepots konnten nicht mehr bestückt werden – auch bedingt durch Anlieferschwierigkeiten bei Empfängern.

»Der Lockdown-bedingte Volumenrückgang und die Schiffskapazitätskürzungen brachten das weltweite Containerkarussell aus dem Takt«, so Köstergarten. Demand Areas, zum Beispiel einige chinesischen Häfen, seien zu Surplus Areas geworden, und europäische Nordrange-Häfen, hier hauptsächlich Hamburg und Antwerpen, Reederei-abhängig zu Demand Areas geworden. Dabei hat sich gezeigt, welchen Einfluss der Container-Garnituren-Index hat, der die Anzahl der Container bezeichnet, die für die eingesetzte Flotte vorgehalten werden. Köstergarten: »Reeder mit einem Container-Garnituren-Index über dem Durchschnitt (1,8 Garnituren pro Schiff) kamen deutlich besser mit dieser Situation zurecht.«
Claudia Behrend