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Der Verbrennungsmotor auf großen Seeschiffen bleibt unverzichtbar, allerdings haben sich die Rahmenbedingungen grundlegend verändert – und konkretisiert. Die 6. Rostocker Großmotorentagung (RGMT) steht ganz im Zeichen von Effizienzsteigerung, Klimawandel, neuen Vorschriften und neuen Kraftstoffen

Verschärfte Emissionsgesetze und ein zunehmendes öffentliches Interesse an umweltfreundlichen Antriebskonzepten dominieren die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten von Motorenherstellern und Zulieferern. Mit[ds_preview] der Einführung von IMO Tier III müssen die Emissionsgrenzwerte für Schiffsdieselmotoren drastisch gesenkt werden. Gleichzeitig sind substantielle Vorschriften für den Kraftstoffsektor zu beachten. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, sind neue technologische Konzepte und Kontrollstrategien erforderlich.

Vor diesem Hintergrund stellt die RGMT vom 3. bis 4. September 2020 ein Forum für den fachlichen Dialog zwischen Gesetzgebung, Forschern, Entwicklern und Betreibern von Großmotoren dar. Erstmals findet die Tagung 2020 wegen der Coronavirus-Pandemie als »Hybrid-Event« statt. Teilnehmer können sich für einen Besuch der Konferenz vor Ort in Rostock anmelden oder die Vorträge online verfolgen.

Interessant ist angesichts des diesjährigen Programms auch der Blick zurück auf die thematische Stoßrichtung des vorangegangenen Events. Die 5. Auflage des Symposiums im Jahr 2018 hatte teils unter anderen Vorzeichen stattgefunden – auch ganz ohne Covid-19-Pandemie. Bis zum Inkrafttreten der neuen Schiffsemissionsvorschriften der IMO (IMO 2020) war es noch über ein Jahr hin. Ein brennendes Thema 2018 war daher das drohende Problem inkompatibler künftiger und noch gänzlich unbekannter Kraftstoffgemische, die zur Erreichung der IMO-Vorgaben ab 2020 in den Motoren verbrannt werden würden. Mit der Erfahrung seit der Umstellung herrscht hier mehr Klarheit, dennoch sind die Verbrennungseigenschaften neuer Gemische und »alternativer« Kraftstoffe auch in der Neuauflage 2020 ein Thema, ebenso wie die Abgasnachbehandlung.

Mit den neuen Kraftstoffen drehte sich 2018 mancher Vortrag um das Thema Anpassung und Optimierung von Einspritzsystemen – auch dieses Jahr noch ein »heißes Eisen«, wie ein Blick auf das Programm verrät. Zudem darf man gespannt sein, was sich in Sachen Dual-Fuel-Gasmotoren innerhalb der vergangenen zwei Jahre getan hat.

Verbrenner nicht mehr in Frage?

In diesem Jahr scheint aber eines nicht auf der Agenda zu stehen: 2018 hatte noch die Frage im Raum gestanden, ob große Dieselmotoren in einer von Klimawandel und Dekarbonisierungsbestrebungen geprägten Zukunft überhaupt noch einen Platz haben würden. Heuer scheint man sich sicher: ohne Verbrennungsmotoren wird es (erst einmal) nicht gehen. Dafür werden aber die Themen Wasserstoff, Methanol oder auch Power-to-X nun immer konkreter und nehmen entsprechend Raum im Programm ein.

Bei der sechsten Tagungsauflage in Rostock soll es unter anderem um das Thema Methanemissionen gehen, die einen großen Beitrag zur globalen Erwärmung leisten. Anstrengungen zur Minimierung des Methanaustritts während der Exploration, Distribution und Verbrennung sind von wesentlicher Bedeutung, um die Vorteile von Erdgas im Vergleich zu anderen fossilen Energieträgern zu maximieren. Zusätzlich zu motorinternen Maßnahmen untersucht beispielsweise MAN Energy Solutions katalytische Lösungen zur weiteren Reduzierung der Methanemissionen.

Gas- und Dual-Fuel-Motoren sind natürlicherweise Schwerpunkte, Betriebserfahrung und Optimierungspotenziale werden zur Diskussion stehen. Noch fahren aber viele Schiffe mit flüssigen Kraftstoffen. Mit der Einführung des globalen Schwefelgrenzwertes von 0,50% produzieren Raffinerien Kraftstoffe, die so bisher nicht in der Schifffahrt zum Einsatz kamen. Instabilität, Kompatibilität, hohe Cat Fines oder ungünstige Verbrennungseigenschaften werden erwartet, dazu werden auf der RGMT Analyseergebnisse vorgestellt.

Der Themenbereich Kraftstoffeinspritzung erhält auch in diesem Jahr auf dem Symposium in mehreren Vorträgen Raum. So geht es beispielsweise um Entwicklungsansätze für Piloteinspritzdüsen, die für den Mikro-Pilotverbrennungsprozess eingesetzt werden.

Wasserstoff, Methanol, Abgas

Außerdem geht es um Wasserstoff/Methanol- und Wasserstoff/Diesel-Doppelbrennstoff-Verbrennungssysteme für nachhaltige maritime Anwendungen. Ein Paper beschäftigt sich mit der Wasserstoff-Direkteinspritzung, die als sicher und effizient, aber als technisch sehr anspruchsvoll gilt.

Ein weiterer Schwerpunkt der RGMT wird auf Abgasnachbehandlungstechnologie wie Oxidationskatalysatoren und VWT-SCR sowie auf Partikelfiltern liegen. Es wird vorgestellt, wie mit Hilfe von Nachbehandlungssystemen, Motor-Tuning und Biokraftstoff die aktuellen Emissionsgrenzwerte noch unterschritten werden können.

Auch die Digitalisierung kommt nicht zu kurz, »Lokale Intelligenz« und Internet-of-Things (IoT)-Geräte bringen neue Funktionalitäten und Optionen. Das beleuchten Vorträge zu intelligenten Injektoren und Datenanalyse-Algorithmen.

Mit der immer weiteren Optimierung der Motorarchitektur beschäftigen sich Experten in Vorträgen zu numerischer und experimenteller Temperaturfeldanalyse und zu Simulationstechniken und Modellierung zur Reduzierung von Reibungsverlusten.