Hafenschlick-Verklappung-SDN
Foto: SDN
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Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) übt scharfe kritik an öffentlich gewordenen Überlegungen, Hamburger Hafenschlick in der Nordsee zu verklappen. Das Problem der Verschlickung sei menschengemacht, daher fordert man ein grundsätzliches Umdenken.

[ds_preview]Die SDN bezieht sich auf ein internes Dokument der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA), das dieser Tage von der Wochenzeitung »Die Zeit« öffentlich gemacht wurde. Demnach bestehe die Gefahr, falls das Problem der Schlickablagerungen am Grund des Hamburger Hafens nicht schnell genug gelöst würde, dass Schiffe mit großem Tiefgang in 2021 nicht mehr auf der Elbe fahren dürften. Bis März 2021 müsse demnach eine Lösung gefunden sein. Ansonsten, so notiert die Hafenverwaltung laut des Zeit-Artikels, sei der Ausbau, also die Elbvertiefung, schlicht »zwecklos«. Eine mögliche Lösung stelle laut HPA die Verklappung des Hafenschlicks auf einer noch zu Hamburg gehörenden Fläche gleich neben der Elbfahrrinne dar; nördlich der zum Nationalpark Wattenmeer gehörenden Insel Scharhörn. Und als zukünftige Verklappungsregion stünde auch die offene See der AWZ in Überlegung.

»Und wieder einmal steht umsichtige Vorsorge für die Umwelt mit kurzsichtigen Entscheidungen kleinstaatlicher Hafenpolitik im Widerstreit«, sagt sich Gerd-Christian Wagner, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) und Bürgermeister von Varel. Das Wattenmeer und die Nordsee seien doch keine kostengünstige Müllkippe verfehlter Hafenpolitik.

»Nicht nur immer mehr oder weniger ›vernünftige‹ Wirtschaftsziele zum alleinigen Maß aller Dinge machen«

»Sicher hat der Hamburger Hafen eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung, aber natürlich muss auch der Schutz des Meeres und der lebendigen Umwelt in den Flüssen angemessen berücksichtigt werden«, sagt Wagner. Denn neben dem mit Trübungsfahnen vernebeltem Gewässern selbst seien auch die im Boden lebende Flora und Fauna einer großflächigen Zerstörung ausgesetzt. Von mechanischen Verletzungen größerer Fische über das Einsaugen von kleinen Fischen und deren Brut durch die Bagger bis hin zu Verschüttungen durch tausende Tonnen teilweise mit Schadstoffen belasteten Schlicks sei alles dabei. »Es ist einfach an der Zeit wirklich umzudenken!«, appelliert Wagner an die politische Vernunft. „Wir müssen sofort damit anfangen und nicht nur immer mehr oder weniger „vernünftige“ Wirtschaftsziele zum alleinigen Maß aller Dinge machen.“

»Das immer größer werdende Problem mit der Verschlickung ist rein von Menschen gemacht«, ist sich der stellvertretende SDN-Vorsitzende Ulrich Birstein sicher. Er habe als Elblotse über viele Jahre reichlich Erfahrungen mit der immer stärker werdenden Strömung der Elbe gesammelt. »Wir erleben hier geradezu ein Paradebeispiel dafür, wie der Mensch versucht ein von ihm selbst geschaffenes großes Problem zu lösen, indem er die grundlegenden Aktionen, die überhaupt erst zum Problem geführt haben, wieder neu auflegt.«

Hauptgrund der starken Verschlickung des Hamburger Hafens und erst recht der Häfen an der Unterelbe, wie auch der ökologisch wertvollen Lebensräume der Tideelbe, sei die Tidendynamik. Ihr mangele es immer mehr an einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Ebbe und Flut. Und das mit jeder weiteren Flussvertiefung um so mehr. Mit dem Resultat, das die Flut nicht nur immer höher aufliefe, sondern auch mit mehr Wucht und Schlick im Gepäck. »Da bleibt als einzige Lösung: Die Elbe muss wieder langsamer werden!« Und das gehe nur, ist sich Birstein sicher, wenn man ihr wieder mehr Raum gebe.

Vertiefungsstopp und Hafenkooperation

Die Schutzgemeinschaft fordert daher von den politisch verantwortlichen im Bund und den Küstenländern die Vertiefung von Elbe, Weser und Ems zu stoppen und die Schlick-Verklappung in der Nordsee zu beenden, zumal belastete Sedimente bis an die cuxhavener sowie schleswig-holsteinischen Wattengebiete verdriften würden. Die SDN spricht sich außerdem gegen eine Verbringstelle nördlich der Naturschutzinsel Scharhörn oder in Ausschließlichen Wirtschaftszone aus, und fordert strombauliche Maßnahmen zur Verlangsamung der Elbströmung, wie Rückdeichungsprojekte, Wiederanschluss von Nebenelben und Überflutungsflächen, damit der Fluss wieder mehr Platz bekommt.

Auch die Aufnahme einer norddeutschen Hafenkooperation wird angeregt, ebenso wie die Erstellung eines Hafenentwicklungsplanes, der die Grenzen des Wachstums des Hamburger Hafens aufzeigen soll. Gefördert udn erforscht werden sollen Techniken, mit dem der Schlick schadstofffrei und dauerhaft umweltschonend entsorgt werden könnte, wie die Herstellung von gebrannten Ziegeln oder als Material für den Deichbau. Zuletzt wird die Einhaltung der Regelungen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL), die von Hamburg 2016 unterzeichnet wurde, gefordert.

»Rechtlich ist das Einbringen von Hafenschlick eine Form der Abfallbeseitigung«, sagt der SDN-Vorsitzende Wagner. »Hierfür gilt der Vorrang einer Verwertung, auch für Kommunen, mittelständische Betriebe und natürlich auch für die Hansestadt.«