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Eine »grüne« Schifffahrtsfinanzierung steht bei den niederländischen Banken ABN Amro und ING hoch im Kurs. Unter anderem auch die deutsche Branche ist im Fokus.

ABN Amro hat die Schifffahrt in ihrem Darlehensportfolio für Transport und Logistik, das sich auf rund 9Mrd. € beläuft – der größte[ds_preview] Teil davon ist Schifffahrt, und der größte Teil davon ist europäisch. Wie andere schiffsfinanzierende Banken auch, verzeichnete ABN Amro in den letzten Jahren einen Rückgang. Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Petrofin belief sich das Portfolio Ende 2019 auf 11Mrd. $, Ende 2018 auf 12,2Mrd. $ und Ende 2017 auf 12,44Mrd. $.

Im August kündigte die Bank an, ihre Aktivitäten im Firmenkundengeschäft außerhalb Nordwesteuropas abzubauen, was wohl auch zu einem kleineren Portfolio führen dürfte. Man sei jedoch bereit, ein Partner für die Schifffahrtsbranche zu bleiben.

ABN Amro bleibt in Europa

»In Europa sehen wir Möglichkeiten, in diesem Geschäft ein moderates Wachstum zu erzielen. Wir sehen einen gewissen Druck im Portfolio der Offshore-Dienstleistungen«, sagt Joep Gorgels, Global Head of Coverage Transportation & Logistics Clients, gegenüber der HANSA.

Seine Bank konzentriert sich auf »mittelgroße Kunden in derzeit starken Sektoren wo es Spielraum für ein moderates Wachstum gibt, wobei die niederländische Produktpalette genutzt wird«. Künftig wird es Teams in Amsterdam, Oslo und Athen geben. Die (überwiegende) Mehrheit des Transportation & Logistics-Portfolios besteht aus europäischen Kunden.

Konkrete Zahlen für das Ziel für 2020 und 2021 nennt die Bank ebensowenig wie zum Anteil von »distressed loans« im Portfolio. Eine der größten Transaktionen war zuletzt die Umschuldung der Schifffahrtsgruppe Boskalis mit einem neuen, 500Mio. € schweren Kredit, an der sich ABN Amro beteiligt hatte. Auch bei der Umschuldung des Containerschiffseigners Global Lease mit eiem neuen Kredit über 270Mio. € war die Bank mit im Boot.

Von der Krise der deutschen Reedereibranche war die Bank dem Vernehmen nach bislang nicht sonderlich betroffen. Man kann sich durchaus neues Geschäft hierzulande vorstellen. »In Deutschland war der Kundenstamm in den letzten zehn Jahren recht stabil. Wir sind sicherlich daran interessiert, das Geschäft hier zu erweitern«, sagt Gorgels.

Vor allem deutsche Banken – und die zum Teil dahinter stehenden Finanzznvestoren – versuchen weiter, Schiffe zu verkaufen, und haben ihre Bemühungen in jüngster Zeit sogar noch verstärkt. »Sind solche Transaktionen oder sogar ganze Paket-Deals für ABN Amro attraktiv? »Wahrscheinlich können wir ihnen dabei nicht helfen«, so der Niederländer.

Es sei ja bekannt, dass die deutschen Reedereien nach der Finanzkrise eine schwere Zeit durchgemacht hätten. »Auch die deutsche Schiffsfinanzierungsbranche, einschließlich der deutschen Banken und KG-Häuser, hatte es schwer. Aber während des letzten Jahrzehnts ist eine ganze Reihe starker Unternehmen gegründet worden und im Geschäft geblieben«, meint Gorgels.

Auf dem HANSA-Forum 2019 hatte Gorgels angekündigt, einen genauen Blick auf eine Risiko-Reduzierung zu werfen und verstärkt größere Unternehmen und Plattformen in den Blick nehmen. Das bekräftigt er nun: »Wir konzentrieren uns in der Tat auf die großen Unternehmen innerhalb Europas im Bereich des Hochsee- und Kurzstreckenseeverkehrs. Wir streben ein moderates Risikoprofil an.«

Ein wichtiger Standort dürfte für ABN Amro allerdings auch der Heimatmarkt bleiben. In den Niederlanden gibt es nach Ansicht der Bank einige Standortvorteile: »Die Niederlande sind eine offene Wirtschaft, die Regierungspolitik ist wirtschaftsfreundlich«, heißt es. Das maritime Cluster im Allgemeinen sei besonders stark bei innovativen Lösungen und in Nischensegmenten wie der Baggerindustrie, der Offshore-Windindustrie, der Offshore-Öl- und Gas-Dienstleistungsindustrie, der Schwergut-, Bergungs-, U-Boot-, Shortsea-Schifffahrt, der Binnenschifffahrt und im Schiffbau. »Das nationale Tonnagesteuersystem und die EU-Flagge sind wichtige Unterscheidungsfaktoren, die die Niederlande attraktiv machen«, so ABN Amro weiter.

ING fordert Transparenz ein

Die niederländische Bank ING, die unter anderem auch an der Umschuldung von Boskalis beteiligt war bestätigt gegenüber der HANSA ebenfalls, »ein führender Schiffsfinanzierer« bleiben zu wollen.

Die Bank – die keine Angaben zum Schifffahrtsportfolio macht – dürfte auch mit dafür verantwortlich sein, dass die Petrofin-Analyse eine Steigerung der niederländischen Schifffahrtsfinanzierung von 20Mrd. $ auf 25Mrd. $ Ende 2019 zeigt.

In der Corona-Krise beobachtete man bei der Bank, dass Schiffseigner der Spitzenklasse – »das heißt das Kundenprofil von ING« – Zugang zu der von ihnen benötigten Finanzierung haben, die sich von den kleineren und mittleren Eignern unterscheidet. Dieser Trend habe sich nach der Finanzkrise entwickelt und halte an.

Stephen Fewster, Global Head of Shipping bei ING, sagt gegenüber der HANSA: »Wir haben einen konsequenten Ansatz für die Schifffahrt, der sich auf Unternehmen mit einem starken Managementteam und einer nachgewiesenen Erfolgsbilanz, einer transparenten Unternehmensstruktur und transparentem Reporting, einer gesunden Finanzlage und der Fähigkeit, Verpflichtungen über den gesamten Wirtschaftszyklus hinweg nachzukommen, sowie einer modernen Flotte mit Schwerpunkt auf der Minimierung der Umweltauswirkungen über den gesamten Lebenszyklus der Schiffe, konzentriert.«

»Bankenaufsichtsbehörden sollten zulassen, dass für Kredite für nachhaltige Schiffe weniger Kapital eingesetzt wird.« Stephen Fewster, ING

Wie auch ABN Amro legt ING einen deutlichen Fokus auf das Thema Nachhaltigkeit und grüne Schifffahrt, wenn es um Finanzierungszusagen geht. Beide Banken gehörten zu den ersten Unterzeichnern der »Poseidon Principles«. Dabei einigte sich 2019 eine Gruppe von Banken darauf, Schiffskredite künftig an Umweltstandards zu knüpfen.

»Der Fokus auf die Dekarbonisierung hat in den letzten Jahren stetig zugenommen, und Diskussionen über die Auswirkungen des Schiffsverkehrs auf die Umwelt sind Teil fast jedes Kundengesprächs, das wir führen«, betont Fewster. Da die ING ein Gründungsmitglied der »Poseidon-Prinzipien« sei, beweise die Bank, dass sie ihrer Verantwortung gerecht werde, indem sie die Branche zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft ermuntere.

»Wir haben auch erlebt, dass sich die Diskussionen über Finanzierungen im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit beschleunigen, da mehrere Schiffseigner die Vor- und Nachteile dieser Art von Finanzierungen abwägen«, berichtet er.

Fewster und sein Team sind jedoch auch der Meinung, dass die Bankenaufsichtsbehörden bei der Dekarbonisierung der Branche eine Rolle spielen müssen, indem sie beispielsweise zulassen, dass für Kredite für nachhaltige Schiffe weniger Kapital eingesetzt wird. Dies wiederum würde die Banken in die Lage versetzen, attraktivere Finanzierungsbedingungen anzubieten und damit Investitionen zu fördern, meint er.


Michael Meyer