Foto: Pixabay
Print Friendly, PDF & Email

Die Europäische Kommission hat Italien aufgefordert, die Befreiung seiner Häfen von der Körperschaftsteuer abzuschaffen, um seine Steuervorschriften an die EU-Beihilfevorschriften anzupassen.

[ds_preview]Die von Hafenverwaltungen aus wirtschaftlichen Tätigkeiten erzielten Gewinne müssten nach den normalen nationalen Körperschaftsteuervorschriften besteuert werden, damit es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen komme, heißt es. Der Beschluss ist das Ergebnis der Untersuchungen der Kommission im Zusammenhang mit der Besteuerung von Häfen in den Mitgliedstaaten.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager: »Die EU-Wettbewerbsvorschriften tragen der Bedeutung von Häfen für das Wirtschaftswachstum und die regionale Entwicklung Rechnung und erlauben es den Mitgliedstaaten, in Häfen zu investieren. Im Interesse eines fairen Wettbewerbs muss die Kommission jedoch gleichzeitig sicherstellen, dass Hafenverwaltungen für Gewinne aus wirtschaftlichen Tätigkeiten in gleicher Weise besteuert werden wie andere Unternehmen. Mit dem heute an Italien gerichteten Beschluss wird – wie zuvor bereits im Fall der Niederlande, Belgiens und Frankreichs – klargestellt, dass ungerechtfertigte Körperschaftsteuerbefreiungen für Häfen ungleiche Wettbewerbsbedingungen zur Folge haben und einem fairen Wettbewerb entgegenstehen. Deshalb müssen sie abgeschafft werden.«

»Befreiung verfolgt kein klar definiertes Ziel von allgemeinem Interesse«

In Italien sind Häfen vollständig von der Körperschaftsteuer befreit. Die Kommission forderte Italien im Januar 2019 auf, seine Rechtsvorschriften dahingehend an die EU-Beihilfevorschriften anzupassen, dass Häfen auf Gewinne aus wirtschaftlichen Tätigkeiten in gleicher Weise Körperschaftsteuer entrichten müssen wie andere Unternehmen in Italien auch. Im November 2019 leitete sie eine eingehende Untersuchung ein, um festzustellen, ob sich ihre anfänglichen Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der für italienische Häfen geltenden Steuerbefreiungen mit den EU-Beihilfevorschriften bestätigen würden.

Im Anschluss gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Körperschaftsteuerbefreiung den begünstigten italienischen Häfen einen selektiven Vorteil verschafft und somit gegen die EU-Beihilfevorschriften verstößt. Insbesondere werde mit dieser Befreiung kein klar definiertes Ziel von allgemeinem Interesse wie etwa die Förderung der Mobilität oder des multimodalen Verkehrs verfolgt, heißt es. Die Hafenverwaltungen könnten mit den Steuerersparnissen jede Art von Tätigkeit finanzieren oder die Preise subventionieren, die sie ihren Kunden berechnen. Dadurch werde der faire Wettbewerb beeinträchtigt, da den Konkurrenten durch beides Nachteile entstünden.

Ab 2022 sollen alle Häfen denselben Körperschaftsteuervorschriften unterliegen

Italien muss nun die notwendigen Maßnahmen zur Abschaffung der Steuerbefreiung ergreifen, damit ab dem 1. Januar 2022 alle Häfen denselben Körperschaftsteuervorschriften unterliegen wie andere Unternehmen. Da die Steuerbefreiung für Häfen bereits bestand, bevor der Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in Italien im Jahr 1958 in Kraft trat, wird diese Regelung als »bestehende Beihilfe« betrachtet. Deshalb wird Italien mit dem heutigen Beschluss nicht zur Rückforderung von in der Vergangenheit nicht entrichteten Körperschaftsteuern verpflichtet.

Hafenverwaltungen üben sowohl nichtwirtschaftliche als auch wirtschaftliche Tätigkeiten aus. Nichtwirtschaftliche Tätigkeiten wie die Kontrolle und Gewährleistung der Sicherheit des Seeverkehrs oder die Überwachung zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung fallen in der Regel in den Zuständigkeitsbereich der öffentlichen Behörden. Als hoheitliche Aufgaben unterliegen sie nicht der EU-Beihilfenkontrolle. Der kommerzielle Betrieb von Hafeninfrastrukturen, z. B. die Gewährung des Zugangs zum Hafen gegen Entgelt, stellt hingegen eine wirtschaftliche Tätigkeit dar. Für derartige Tätigkeiten gelten die EU-Beihilfevorschriften. Eine Körperschaftsteuerbefreiung verschafft Häfen, die im Binnenmarkt Gewinne aus wirtschaftlichen Tätigkeiten erzielen, einen Wettbewerbsvorteil und stellt folglich eine mit den EU-Vorschriften unter Umständen nicht vereinbare staatliche Beihilfe dar.

Staatliche Unterstützung weiter möglich

Die 2013 eingeleiteten Untersuchungen im Zusammenhang mit der Besteuerung von Häfen in den Mitgliedstaaten ergaben, dass die meisten Mitgliedstaaten die wirtschaftlichen Tätigkeiten ihrer Häfen nach den normalen Körperschaftsteuervorschriften besteuern. Im Januar 2016 hatte die Kommission bereits die Niederlande aufgefordert, die den niederländischen öffentlichen Seehäfen gewährte Körperschaftsteuerbefreiung abzuschaffen. Gleichermaßen hatte sie im Juli 2017 Frankreich und Belgien aufgefordert, der Befreiung französischer und belgischer Häfen von der Körperschaftsteuer ein Ende zu setzen. Spanien erklärte sich 2019 bereit, seine Körperschaftsteuervorschriften zu ändern, um sie mit den EU-Beihilfevorschriften in Einklang zu bringen. So unterliegen spanische Häfen seit 2020 den üblichen Körperschaftsteuervorschriften.

Die Abschaffung ungerechtfertigter Steuervorteile bedeutet nicht, dass Häfen keine staatliche Unterstützung mehr erhalten dürfen. Die Mitgliedstaaten haben zahlreiche Möglichkeiten, Häfen im Einklang mit den EU-Beihilfevorschriften zu unterstützen, zum Beispiel bei der Verwirklichung verkehrspolitischer Ziele der EU oder bei notwendigen Investitionen in die Infrastruktur, die ohne eine öffentliche Förderung nicht möglich wären. In dieser Hinsicht hat die Kommission im Mai 2017 die Vorschriften für öffentliche Investitionen in Häfen vereinfacht. Insbesondere hat sie den Anwendungsbereich ihrer Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung auf unproblematische Investitionen in Häfen ausgeweitet. So können die Mitgliedstaaten nun mit voller Rechtssicherheit und ohne vorherige Prüfung durch die Kommission bis zu 150 Mio. EUR in Seehäfen und bis zu 50 Mio. EUR in Binnenhäfen investieren. Beispielsweise können die Kosten für die Ausbaggerung von Häfen und Zugangswasserstraßen nun aus öffentlichen Mitteln gedeckt werden. Darüber hinaus bieten die EU-Vorschriften den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Häfen für die Kosten öffentlicher Aufgaben (»Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse«) einen Ausgleich zu gewähren.