Foto: IWSA
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Die Windantriebstechnologie für moderne Frachtschiffe gewinnt an Attraktivität, zeigt ein Blick auf die Projektlandschaft im zu Ende gehenden Jahr 2020. Auch in der Politik sehen Beobachter einen Kurswechsel.

[ds_preview]IMO 2020, Coronapandemie, MEPC 75 – die Schifffahrt stand in diesem Jahr vor einigen historisch bedeutsamen Herausforderungen. Gleichzeigt sei es auch ein »Jahr des Durchbruchs« gewesen, meint Gavin Allwright, Chef des Branchenverbands Internationale Windship Association. 2020 sei die Zahl der großen Schiffe mit Windantrieb in den zweistelligen Bereich vorgestoßen, von VLCC- und LR2-Produktentankern über Ultramax-Bulker bis hin zu Fähren/Kreuzfahrtschiffen, RoRo-Schiffen und Stückgutfrachtern, was durch die über 20 kleinen Kreuzfahrt- und Segelfrachtschiffe, die bereits in Betrieb sind, noch verstärkt worden sei.

»Vor allem in der zweiten Jahreshälfte ist das Interesse der Branche stark angestiegen. Allein die Ankündigungen von Großschiffsverträgen und anstehenden Installationen deuten darauf hin, dass sich diese Zahl bis 2023 jährlich verdoppeln dürfte«, so Allwright.

»Argument überholt«

Die Coronaviruspandemie habe neben bitteren Lektionen auch gezeigt, dass Effizienz nicht der einzige Weg in eine nachhaltige Zukunft sei. Die Entkopplung der wirtschaftlichen Aktivität vom Kohlenstoff sei entscheidend. Eine wachsende Zahl von Akteuren in der Industrie erkenne, dass ein hybrider ›Antriebsansatz‹ der Schlüssel und die Schifffahrt einzigartig sei, da sie einen direkten Windantrieb nutzen könne, um zu Null-Emissionen beizutragen.

»Auf einer grundlegenderen Ebene ist das Argument, dass ›wir die Wirtschaft nicht einfach über Nacht verändern können‹, überholt, da wir genau das getan haben. Die Dekarbonisierung ist eine Notwendigkeit, aber auch eine Wahlmöglichkeit, und wir haben jetzt das technologische Instrumentarium, um dies zu erreichen«, meint Allwright.

Aktuell arbeiten auch alle großen Klassifikationsgesellschaften mit mehreren Windantriebsprojekten zusammen und haben Richtlinien für die Windantriebstechnologie entwickelt. Außerdem haben zwei große Projekte in diesem Jahr die ersten Ergebnisse abgeworfen. Das WiSP-Projekt hat den größten Teil seiner Arbeit an transparenten Leistungsvorhersagemethoden und der Überprüfung von Regeln und Vorschriften wie dem EEDI abgeschlossen und soll im nächsten Jahr vollständige Ergebnisse liefern. Das WASP-Projekt, das zum Teil von der EU-Interreg-Nordseeregion finanziert wird, hat bereits zwei seiner fünf Nachrüstungsanlagen ausgeliefert, drei weitere stehen im 1. Quartal 2021 an, zusammen mit umfangreichen Arbeiten zur Politik- und Marktanalyse.

Politik bereitet den Weg

Auch in der Politik beobachtete Allwright 2020 eine Kursänderung. So habe die IMO das MEPC75 Inf26-Dokument vorgelegt, das das Potenzial des Windantriebs umreißt. Zudem hatte IMO-Generalsekretär Kitack Lim angekündigt: »Eine emissionsfreie Schifffahrt erfordert die Entwicklung, breite Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit neuer kohlenstofffreier Schiffskraftstoffe oder Antriebstechnologien, wie erneuerbarer Wasserstoff, Ammoniak oder Windantrieb.«

»Die Arbeit der EU am Dekarbonisierungspfad integriert auch zunehmend Wind in ihre Berechnungen, und der jüngste ICS-Bericht ›Catalysing the Fourth Propulsion Revolution‹ nimmt einen breiteren Standpunkt ein als nur den eines Treibstoffs, bei dem Windantrieb eine zentrale Rolle spielt, wie wir auch in den japanischen, französischen und britischen Regierungsberichten zur maritimen Dekarbonisierung gesehen haben«, so Allwright.

Die Debatte um die Kohlenstoffabgabe habe sich mit der von der Industrie unterstützten Forderung nach einer F&E-Abgabe von 2 $/Tonne/Kraftstoff, der Einbeziehung der Schifffahrt in das EU-Emissionshandelssystem (75-90 $/Tonne/Kraftstoff) und Trafiguras Abgabenvorschlag an die IMO (750-900 $/Tonne/Kraftstoff) ebenfalls aufgeheizt. Auch wenn dies immer noch umstritten sei, seien es aus Sicht der Technologieanbieter willkommene Änderungen, die die realen Kosten der Umweltverschmutzung widerspiegeln und gleichzeitig einen direkten Anreiz zur Finanzierung von F&E und der Installation von kohlenstoffarmen Alternativen böten.

Der IWSA-Sekretary sieht jedenfalls ein deutliches Wachstum des Segments der Windantriebe n den letzten 12 Monaten, was sich nicht nur in der Mitgliederzahl der International Windship Association (120+) widerspiegele, sondern auch in der »Grundwelle des Interesses« in der Branche, in der Wissenschaft, in den Medien und zunehmend auch in der breiten Öffentlichkeit.

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