BSH, Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie in Hamburg
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Überwachung von Schiffsemissionen, beschleunigter Ausbau der Offshore-Windenergie, ein neues Forschungsschiff, automatische Meeresdatenerhebung – das waren nur einige der Themen, die das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) im Jahr 2020 beschäftigten. Jetzt hat die Behörde ihre Bilanz für 2020 vorgelegt.

[ds_preview]Nach der Ab- und Übernahme am 14. September 2020 führte das neue Vermesssungs-, Wracksuch- und Forschungsschiff »Atair« seine erste Forschungs- und Monitoringfahrt durch. Sie lief 27 Stationen in der Deutschen Bucht an. Die Besatzung führte zahlreiche Gerätetests durch und trainierte Arbeitsabläufe. Das geräuscharme Schiff mit dem dynamischen Positionierungssystem erleichtert den Besatzungen und dem wissenschaftlichen Personal die Arbeit erheblich. Ein herausragender Fund der Wracksuche war im vergangenen Jahr der Schaufelraddampfer »Friedrich Franz II« in der Nähe der Kadetrinne. Der Rumpf des 1849 gesunkenen, 40 m langen Schiffs ist vollständig erhalten.

Die automatische Datenerhebung spielt in der Meereskunde eine zunehmend wichtigere Rolle. So wird das Argo Programm kontinuierlich weiter ausgebaut. Das weltweite Programm soll auf 4.655 selbsttreibende Messbojen, die sogenannten Argo-Floats, erweitert werden. Die Ausbringung der Messsysteme wird in die hohen Breiten und die Randmeere ausgedehnt. Sie werden zudem künftig Daten in über 4.000 m Tiefe, statt bisher 2.000 m, erheben können. Unter Leitung des BSH kommen seit dem 1. August 2020 in Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und dem Institut für Ostseeforschung Warnemünde 15 neue Floats zum Einsatz. Die Floats erheben neben Temperatur, Salzgehalt und Druck biogeochemische Daten. Die deutschen Untersuchungen werden in die Ostsee erweitert.

Schiffsemissionen und Biofouling im Fokus

Auch die Messungen von Schiffsemissionen entwickeln sich weiter. Im vergangenen Jahr wurde gemeinsam mit Kollegen aus Schweden, den Niederlanden und Dänemark die erste internationale Vergleichskampagne zur Messung von Schiffsabgasen in Wedel bei Hamburg durchgeführt. Das BSH und die anderen Projektpartner setzten dabei fünf Sniffer, ein Laser-Spektrometer, drei Ultrafeinstaub-Messgeräte und differentielle optische Absorptions-Spektroskopie (DOAS)-Techniken ein. Auch der Einsatz einer Drohne in den Schiffsabgasen wurde getestet. Die Sniffer maßen über 520 zugeordnete Abgasfahnen von mehr als 250 verschiedenen Schiffen. Die Drohne untersuchte 65 zugeordnete Abgasfahnen von 53 verschiedenen Schiffen. Die Wasserschutzpolizei nahm zur Evaluierung der Ergebnisse 55 Kraftstoffproben von 32 ausgewählten Schiffen. Auch diese Vergleichsmesskampagne hat ergeben, dass 99 % der Schiffe mit regelkonformem Treibstoff fahren. Seit September 2020 ist ebenfalls eine mobile Messstation im Einsatz, die neben Schwefel unter anderem auch Stickoxide und Kohlendioxid misst.

Nachdem das BSH 2019 erstmalig in Zusammenarbeit mit dem Verband Deutscher Reeder zu einem Runden Tisch Biofouling eingeladen hatte, haben sich die Aktivitäten verstetigt. Der Runde Tisch bietet eine Plattform für den Informationsaustausch zu Biofouling-Management für Behörden, Politik, Industrie, Verbände, Klassifikationsgesellschaften und Forschung. Zur Unterstützung des Biofouling-Managements von Schiffen hat das BSH inzwischen eine Biofouling-Management-Datenbank bereitgestellt. Sie informiert über Möglichkeiten umweltfreundlicher Unterwasserreinigung in Häfen und Marinas der Ostseeregion und liefert länderspezifische Informationen zu Antifouling-Systemen.

Neue Flächen für Windparks auf See

Anlässlich der Novelle zur Änderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes und anderer Vorschriften, die am 10.12.2020 in Kraft getreten sind, und insbesondere aufgrund des darin vorgesehenen erhöhten Ausbaupfads von 20 GW Windenergie auf See bis 2030 war die Fortschreibung und Änderung des Flächenentwicklungsplans (FEP) 2019 erforderlich. Das BSH legte Ende Dezember 2020 mit dem FEP für die Jahre ab 2026 in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der Nord- und Ostsee Flächen fest, auf denen künftig Offshore-Windparks errichtet werden sollen. Es legt zugleich fest, wie und wann diese Flächen an das landseitige Stromnetz angebunden werden und legt technische Grundsätze für die Anbindungsleitungen fest. Im Rahmen der durchzuführenden Strategischen Umweltprüfung wurde ermittelt, beschrieben und bewertet, welche möglichen Auswirkungen die Durchführung des Plans auf die Meeresumwelt hat.

Erstmals legte das BSH auch sogenannte sonstige Energiegewinnungsbereiche fest. In diesen Bereichen sollen innovative Energiegewinnungsformen beispielsweise für die Wasserstoffproduktion ohne Anschluss an das öffentliche Stromnetz erprobt werden. Der Anwendungsbereich des FEP bezieht sich in erster Linie auf die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone der Nord- und Ostsee. Er trifft auf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung zwischen BSH und dem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern auch fachplanerische Festlegungen für das dortige Küstenmeer.

Inzwischen sind in der Nordsee 21 Parks mit 1.220 Windenergieanlagen (WEA) in Betrieb (6.460 MW installierte Leistung), in der Ostsee 3 Parks mit 210 WEA (1.027 MW installierte Leistung). Damit liefern in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone 1.430 WEA ca. 7,48 GW Strom.

UN-Dekade der Ozeanforschung für nachhaltige Entwicklung

In ihrem Ausblick weist die BSH-Präsidentin Karin Kammann-Klippstein auf die nun begonnene UN-Dekade der Ozeanforschung für nachhaltige Entwicklung 2021-2030 hin. Sie ist Teil der Umsetzung des Nachhaltigkeitsziels 14 »Leben unter Wasser« – Bewahrung und nachhaltige Nutzung der Ozeane, Meere und Meeresressourcen.

Die Ozeandekade verdeutlicht die zentrale Rolle des Ozeans für die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (Agenda 2030). Das deutsche Dekaden-Komitee unter Beteiligung des BSH wurde am 31. Dezember 2020 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. »Wir werden einen Schwerpunkt auf die Einbindung der maritimen und der landseitigen Wirtschaft in die Aktivitäten der Dekade legen«, betonte Kammann-Klippstein. Beide Bereiche spielen eine wesentliche Rolle sowohl in der Nutzung als auch für den Schutz der Meere.