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Die großen europäischen Containerlinienreedereien nutzen die Einnahmen aus dem boomenden Frachtmarkt, um ihre Kapitalstrukturen umzugestalten und die Verschuldung zu reorganisieren, berichtet Alphaliner.

[ds_preview]Die Verbesserung der Finanzstruktur hat Priorität vor Expansion und neuer Tonnage, zeigt ein aktueller Bericht des Branchendienstes Alphaliner. Demnach hat sich die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd, die ihren Nettogewinn in den ersten neun Monaten des Jahres um 80 % steigerte, im November für die Rückzahlung von 150 Mio. € ihrer 5,125-prozentigen Senior Notes mit Fälligkeit 2024 entschieden. Das Ganze ist Teil einer strategischen Agenda zum Schuldenabbau, zur Senkung der Kreditkosten und zur Optimierung der Kapitalstruktur.

Ein positiver operativer Cashflow und die Rückzahlung von Finanzverbindlichkeiten für Schiffsfinanzierungen ermöglichten es der Gruppe laut Alphaliner, die Nettoverschuldung im Zeitraum Januar bis September um fast 13 % auf 5,13 Mrd. € zu senken, was einer Reduzierung um 747 Mio. € entspricht. Vor dem Ausbruch von Covid-19 hatte Hapag-Lloyd bis Ende 2023 ein Verhältnis von Nettoverschuldung zu EBITDA von 3,0x angestrebt. Mit einer EBITDA-Prognose von 2,4 bis 2,6 Mrd. € für 2020 scheine die Reederei das Ziel nun jedoch deutlich früher als geplant zu erreichen, heißt es.

Auch CMA CGM hat Anleihen zurückgezahlt, hier sei allerdings der Druck größer gewesen, so die Analysten. Die Reederei hat unbesicherte Anleihen im Wert von 525 Mio. € zu einem Emissionspreis von 97,848 % ausgegeben, um 525 Mio. € bestehender Anleihen zu refinanzieren, die in diesem Jahr fällig wurden. Sie zahlt einen etwas niedrigeren Kupon von 7,5 % im Vergleich zu den 7,75 % der vorherigen Anleihen, hat aber mit der Vermarktung der Anleihen im September/Oktober begonnen, bevor die finanziellen Vorteile des Frachtbooms vollständig sichtbar waren.

CMA CGM stand unter dem Druck, seine Finanzstruktur zu stärken, und prüfte eine Refinanzierung über alle verfügbaren Finanzierungsquellen. Zwischen dem 1. Januar und dem 30. September reduzierte das Unternehmen seine Kredit- und Leasingverbindlichkeiten von 19,5 Mrd. € auf 18,5 Mrd. €, nachdem es die vorrangigen Anleihen und Bankkredite reduziert hatte.

Maersk setzt Aktienrückkaufprogramm fort

Maersk setzt ein langjähriges Aktienrückkaufprogramm aus der Zeit vor der Pandemie fort, das darauf abzielt, den Wert der Aktien von Total auszuschütten, die das Unternehmen im Rahmen des Verkaufs von Maersk Oil erhalten hat. Die letzte Tranche dieses Programms endet nicht vor Februar 2022. Danach werden alle weiteren Ausschüttungen an die Aktionäre aus der laufenden Geschäftstätigkeit kommen, so der Konzern. Während noch keine größeren Schritte bekannt gegeben wurden, hat der Konzern jedoch erklärt, dass sein derzeitiger starker freier Cashflow sowohl Akquisitionen als auch die Rückzahlung von Schulden ermöglichen wird, berichtet Alphaliner.

In der Zwischenzeit liegt die Maersk-Prognose für die kumulierten Investitionsausgaben (CAPEX), die Akquisitionen und Desinvestitionen ausschließen, für die Jahre 2021 bis 2022 bei voraussichtlich 4,5 bis 5,5 Mrd. $, wobei eine hohe Cash Conversion (Cashflow aus dem operativen Geschäft im Vergleich zum EBITDA) erwartet wird. Dem stehen erwartete CAPEX von nur 1,5 Mrd. $ im Jahr 2020 gegenüber.

Die verzinslichen Nettoschulden fielen laut Alphaliner-Zahlen Ende September auf 10,8 Mrd. $, von 11,7 Mrd. $ zu Beginn des Jahres. Der beträchtliche freie Cashflow von 3,0 Mrd. $ wurde teilweise durch Kosten für Aktienrückkäufe in Höhe von 696 Mio. $, Dividenden in Höhe von 430 Mio. $, Akquisitionen in Höhe von 448 Mio. $ und einen Nettoanstieg der Leasingverbindlichkeiten um 190 Mio. $ ausgeglichen.

Carrier zeigen sich bei Bestellungen zurückhaltend

Sowohl bei der Ordertätigkeit als auch bei Akquisitionen haben sich die Carrier Alphaliner zufolge zurückhaltend gezeigt. Sechs der Top-10-Reedereien haben demnach 2020 Neubauten in Auftrag gegeben, wobei sich die VLCS/ULCS-Tonnage auf nur vier beschränkte: OOCL, MSC, ONE und Hapag-Lloyd.

Die meisten dieser Aufträge stellten jedoch Investitionsentscheidungen dar, die vor dem Ausbruch von COVI0-19 getroffen worden seien, heißt es. In der Tat kursierten Berichte über die Neubauaufträge von Hapag-Lloyd und ONE erstmals zu Beginn des Jahres, zumal die Partner von THE Alliance derzeit deutlich weniger »Megamax«-Schiffe einsetzen als die konkurrierenden Allianzen 2M und Ocean.

In der Zwischenzeit betrachten Marktbeobachter einen Teil der langfristigen Charterverträge von MSC als potenziellen Flottenersatz, wobei mehrere Schiffe, die 2023/24 abgeliefert werden, wahrscheinlich den Platz kleinerer Schiffe einnehmen werden.