Container, Symbolbild für Frachtraten, Seefracht und Reedereien
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Sich in den kommenen Monaten zu sehr auf die üblichen Statistiken zu verlassen, ist problematisch, denn die jährlichen Wachstumsraten für Kapazität und Nachfrage werden durch die Extreme des vergangenen Jahres verzerrt.

[ds_preview]Der Containerschifffahrtsmarkt hat im Jahr 2020 eine Phase extremer Unsicherheit und Volatilität durchlebt. Das taktische Kapazitätsmanagement der Reedereien während der Pandemie Anfang 2020 konnte den globalen FBX-Ratenindex recht konstant zwischen 1.300 und 1.500 $ halten. »Als jedoch der Nachfrageboom einsetzte, gefolgt von zunehmenden Engpassproblemen zunächst bei Schiffen, dann bei Ausrüstung, dann bei Terminals und Häfen, wurden die Auswirkungen auf die Preisgestaltung beispiellos. Im ersten Monat des Jahres 2021 scheinen wir ein Plateau knapp oberhalb der 4000-$-Marke zu sehen«, schreibt Lars Jensen, CEO von SeaIntelligence Consulting.

Der Freightos Baltic Global Container Index (FBX) kletterte in diesem Monat um 21 % auf ein FBX-Hoch von 4.077 $/FEU, was einem Anstieg von 162 % im Jahresvergleich entspricht.

Obwohl die Seefrachtraten von Asien in die USA in diesem Monat nur moderat gestiegen sind, ist der Anstieg – der eigentlich erst kurz vor Jahresende begann – bemerkenswert. Die Raten für die Westküste der USA stiegen um 10 % auf 4.262 $/FEU und die Raten für die Ostküste erreichten $5.651/FEU, was einem Anstieg von 15 % seit dem 25. Dezember entspricht, obwohl die Raten an der Westküste um 180 % und an der Ostküste um 93 % teurer sind als im Vorjahr. Auch die Backhaul-Raten für US-Exporteure nach Asien stiegen weiter an. Die Raten von der US-Westküste nach Asien beendeten den Monat bei 887 $/FEU, ein Plus von 92 % seit Ende November, und die Preise für die Ostküste erreichten 952 $/FEU, ein Plus von 63 % in den letzten zwei Monaten.

Die globale Containerknappheit trieb auch die Preise von Asien nach Nordeuropa und in den Mittelmeerraum weiter in die Höhe. Die Raten zwischen Asien und Nordeuropa kletterten auf 7.830 $/FEU, was einem Anstieg von 38 % gegenüber dem Vormonat und unglaublichen 288 % im Vergleich zum letzten Jahr entspricht. Die Asien-Mittelmeer-Preise stiegen um 43 % auf 8.093 $/FEU, was einem Zuwachs von 233 % im Jahresvergleich entspricht. Die Raten auf beiden Routen haben sich im Laufe von drei Monaten mehr als verdreifacht.

»In der kommenden Zeit werden alle Augen auf Anzeichen gerichtet sein, ob die Engpassprobleme nachlassen und der Nachfrageboom anhält. In dieser Phase sollte sich jeder bewusst sein, dass die normalen Messungen des Wachstums von Angebot und Nachfrage vorübergehend unbrauchbar werden«, so Jensen.

Die Norm in der Branche ist es, sowohl das Nachfrage- als auch das Angebotswachstum auf einer Jahresbasis zu messen. Unter normalen Umständen sei dies eine gute Art der Messung, da sie automatisch saisonale Effekte berücksichtige. 2021 sei das aber ganz anders.

»Doch was passiert dann im April 2021?«

Während der Auswirkungen der Pandemie im April und Mai gab es in einigen Fahrtgebieten Abfahrtsstreichungen, die bis zu 20 oder 30 % der üblichen Kapazität ausmachten. Im Fahrtgebiet Asien-Nordeuropa wurde beispielsweise die Kapazität im Vergleich zu den angekündigten Fahrplänen im April um 29 % reduziert.

»Doch was passiert dann im April 2021?«, fragt Lars Jensen. Sollten die Carrier 2021 keine zusätzlichen Kapazitäten einsetzen, aber auch keine Abfahrten streichen, dann werde man im April einen Kapazitätsanstieg von 41 % im Vergleich zum Vorjahr sehen – »einfach, weil das Kapazitätsangebot im Jahr 2021 nun mit dem extrem niedrigen Kapazitätsangebot im Jahr 2020 verglichen wird«, so Jensen. Sollte der Boom anhalten und die Carrier 10 % zusätzliche Kapazität einspeisen, werde der Kapazitätszuwachs im Jahresvergleich 55 % betragen.

Das gleiche Problem bestehe in Bezug auf die Nachfrage, sagt Jensen. Im April 2020 sind die europäischen Importe insgesamt um 20 % im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Wenn die europäischen Importe im Jahr 2021 aber einfach wieder auf das Niveau von 2019 zurückgehen, wird dies in der Statistik als ein Nachfragewachstum von 25 % erscheinen. Und wenn die europäischen Importe in den beiden Jahren seit 2019 insgesamt um bescheidene 8 % gewachsen sind, wird dies in der Statistik für 2021 als eine Wachstumsrate von erstaunlichen 35 % gegenüber dem Vorjahr erscheinen.

»Lassen Sie sich nicht von den Statistiken täuschen«

»Lassen Sie sich nicht von den Statistiken täuschen, die in den kommenden Monaten aus der Containerschifffahrt kommen. Die normalen jährlichen Wachstumsraten für Kapazität und Nachfrage sowohl auf globaler als auch auf Fahrtgebietsebene werden extrem hoch erscheinen. Nicht weil sie hoch sind, sondern wegen der mathematischen Probleme beim Vergleich mit den pandemiebedingten Extremen des Jahres 2020«, sagt Jensen. Eine extrem hohe Kapazitätszuführung sei an sich noch kein Zeichen für Überkapazität. Ein extrem hohes Nachfragewachstum signalisiere nicht per se einen großen Nachfrageboom.

»Ein guter Ansatz, um die zugrunde liegende strukturelle Stärke des Marktes zu beurteilen, ist es, auch einen Vergleich mit 2019 anzustellen und zu sehen, inwieweit die zusammengesetzte Zweijahreswachstumsrate in Ordnung zu sein scheint oder nicht«, so Jensen.