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Die Spanne der Ratenniveaus zwischen den Verladern verschafft großen Akteuren einen relativen Wettbewerbsvorteil. Auf wichtigen Headhaul-Verkehren hat sich dieser Spread in den letzten Monaten deutlich vergrößert.

[ds_preview] Beim Blick auf den Containerschifffahrtsmarkt wird oft ein wichtiges dynamisches Element übersehen, das aber erhebliche Auswirkungen auf die Verlader hat: die Spreizung der Preise auf dem Markt. Diese Analyseperspektive hat nun Lars Jensen, CEO von SeaIntelligence Consulting, in einem Monatsreport der Baltic Exchange eingenommen.

Im Kern geht es darum, dass Verlader dazu neigen, miteinander zu konkurrieren, wenn sie der gleichen Branche angehören, wie z.B. Supermärkte, Möbelhändler oder Sportartikelverkäufer. Für sie ist also nicht nur die Höhe der Frachtraten wichtig, sondern auch die Spanne der Ratenniveaus zwischen den Verladern.

Die Daten des Freightos Baltic Index (FBX) zeigen, dass sich die Preisspanne auf wichtigen Headhaul-Verkehren in den letzten Monaten deutlich erhöht hat. Beispielsweise lag im Verkehr zwischen Asien und der US-Westküste die Preisspanne zwischen dem Höchst- und dem Tiefstwert in jeder Woche bei etwa 500 $. Zu Beginn des neuen Jahres 2021 stieg diese Spanne deutlich auf 2.000 $ an. Im Verkehr zwischen Asien und der US-Ostküste lag die Spanne im vergangenen Jahr im Allgemeinen um die 1.500 $, stieg aber auch im Jahr 2021 um über 200 $ an. Im anderen wichtigen Hochsee-Trade nach Nordeuropa ist die Preisspanne zwischen Tiefst- und Höchstpreisen in jeder Woche von 400 bis 500 $ im letzten Jahr auf 2.000 bis 3.000 $ im bisherigen Jahresverlauf gestiegen.

Larsen macht am Beispiel von Schuheinzelhändlern deutlich, was das bedeutet: Ein Händler verkauft Schuhe zu 100 $ pro Paar, ein anderer zu 10 $ pro Paar. Die Schuhe werden von China an die US-Westküste verschifft. Der Verkäufer der teuren Schuhe ist in der Bepielrechnung ein großer Versender, der die Frachtrate am unteren Ende der Frachtpreisspanne des FBX genießt und der Verkäufer der billigen Schuhe ein kleiner Versender, der die Fracht am oberen Ende der Preisspanne bezahlt. Anfang März 2020 hatte der High-End-Händler eine Frachtrate von 1.258 $ und der Low-End-Händler von 1.440 $. Beide können 10.000 Paar Schuhe in den Container packen. Das 100-$-Paar Schuhe hatte Frachtkosten von 13 Cent, das 10-$-Paar von 14 Cent (wenn man nur die Seefrachtkomponente, andere Gebühren nicht beachtet). Im März 2021 zahlt der High-End-Händler nun 4.128 $ und der Low-End-Händler 6135 $. Das 100-$-Paar Schuhe muss also 41 Cent für die Fracht abdecken, während es für das 10-$-Paar 61 Cent sind. Das bedeutet, dass vor einem Jahr die Frachtkosten des High-End-Einzelhändlers 0,1 % des Verkaufspreises betrugen und bei seinem Low-End-Konkurrenten 1,4 %. Heute sind die Frachtkosten des High-End-Einzelhändlers auf 0,4 % des Verkaufspreises gestiegen, aber für seinen Low-End-Konkurrenten sind sie auf 6,1 % aufgebläht. Dies wird die Rentabilität des High-End-Einzelhändlers nur geringfügig beeinträchtigen, könnte aber den Low-End-Einzelhändler unrentabel machen.

»Der Anstieg nicht nur des Preises, sondern auch – und das ist wichtig – der Anstieg der Preisspanne wirkt sich direkt auf die Wettbewerbsfähigkeit zwischen Verladern aus, die in denselben Sektoren tätig sind. Es wird davon ausgegangen, dass dieses Frachtrisiko einen relativen  Wettbewerbsvorteil für größere Verlader gegenüber kleineren Verladern sowie für Verlader von hochwertigen Gütern gegenüber Verladern von geringwertigen Gütern darstellt«, so Jensen.