BSH, Kamman-Klipps
Karin Kammann-Klippstein (Foto: BSH)
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Im Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) gehen große Sorgen um, etwa um den Verlust maritimen Knowhows, nicht zuletzt durch den Ausverkauf von Unternehmen. Die Präsidentin findet deutliche Worte. Kritik übt sie auch an deutschen Reedereien. Zudem mangele es in der Gesellschaft an Wertschätzung für die Branche. 

[ds_preview]Karin Kammann-Klippstein sieht den Ausverkauf maritimer Unternehmen, Direktinvestitionen ausländischer Staatsunternehmen oder stark subventionierter Unternehmen in strategisch wichtige maritime Bereiche, den fehlenden Nachwuchs in der Schifffahrt und die mangelnde Wahrnehmung der Bedeutung der maritimen Branche für Deutschland sehr kritisch.

»Sea Blindness« in Deutschland

Im Rahmen einer Vortagsveranstaltung des Deutschen Maritimen Zentrums (DMZ) wies sie jetzt darauf hin, dass mit der Übernahme eines Unternehmens durch einen ausländischen Konzern unweigerlich ein Verlust von Know-How in Deutschland verbunden sei. Kammann-Klippstein betonte, dass es »elementar wichtig« sei, die Bedeutung der maritimen Branche für Deutschland sichtbar zu machen und auf die Gefahren, die ihr momentan drohen, in der Öffentlichkeit und der Politik hinzuweisen.

Podcast DMZ Brandt 3 Bina Engel

Dazu müsse die in Deutschland herrschende »Sea-Blindness«, eine Unfähigkeit, die zentrale Rolle der Meere für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wohlstand zu würdigen, beseitigt werden.

Insgesamt sieht die BSH-Präsidentin die deutsche maritime Branche, in der direkt oder indirekt rund 400.000 Menschen beschäftigt sind, jedoch noch gut aufgestellt. Dazu trägt auch die überwiegend mittelständische nationale Zulieferindustrie bei, die 70 bis 80 % der Wertschöpfung eines in Deutschland gebauten Schiffes erbringt. Für das DMZ selbst hatte dessen Chef Claus Brandt im aktuellen HANSA-PODCAST ebenfalls betont, dass die Branche zwar prinzipiell gut aufgestellt sei, es jedoch an Finanzkraft und Krisenfestigkeit mangele. (Hören Sie sich hier die Folge an. Brandt gibt interessante Einblicke in Chancen und Notwendigkeiten für den maritimen Standort Deutschland).

Podcast Brandt DMZ 1

Fehlender Nachwuchs – Kritik an Reedereien

Kammann-Klippstein sieht ein weiteres großes Problem in dem fehlenden Nachwuchs für Schiffsbesatzungen. Ein Grund dafür sei die geringe Anzahl von deutschen Schiffen unter deutscher Flagge, auf denen deutscher Nachwuchs ausgebildet wird. Nahezu alle von der Branche kritisierten bürokratischen Hindernisse, die dem Führen der deutschen Flagge entgegenstehen, seien inzwischen abgebaut. Dennoch fuhren Ende 2020 von den 1.844 deutschen Handelsschiffen lediglich 290 Schiffe unter deutscher Flagge, so ihre nicht sonderlich versteckte Kritik an der Flaggenpolitik deutscher Reedereien.

Dadurch sei es für Absolventen nautischer Studiengänge sehr schwierig, eine Anstellung auf einem Schiff zu finden und ihr Patent ausfahren zu können. Hinzu komme, dass die für die junge Generation immer wichtiger werdende Integration von Berufs- und Privatleben auf See nicht möglich sei. »Wir müssen irgendwie die Faszination für diesen außerordentlichen Beruf der Seefahrt wieder sichtbar machen«, sagte Kammann-Klippstein.

Mit der in diesem Jahr beginnenden UN Dekade der Ozeanforschung für Nachhaltige Entwicklung wird ihrer Ansicht nach ein wichtiger Schritt gemacht, um die Bedeutung der Meere international sichtbar zu machen. »Wenn sich das Interesse der Öffentlichkeit dadurch stärker als bisher auf die Meere richtet, kann es gelingen, den Reiz der maritimen Branche und die Bedeutung des Erhalts ihres know- hows besser als bisher zu vermitteln – in Schulen, Universitäten, in der Wirtschaft, der Verwaltung und der Politik,« so die Präsidentin.