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Die Laderaumknappheit für Container und Breakbulk dürfte sich weiter zuspitzen. Spediteure erwarten erneuten Anstieg der Frachtraten.

[ds_preview]Während das Megacontainerschiff »Ever Given« weiter im Suezkanal feststeckt und die Warteschlangen der Schiffe an beiden Enden der Wasserstraße länger werden, zeichnen sich deutliche Auswirkungen auf die Frachten- und Chartermärkte ab. Besonders betroffen sind Maklerberichten zufolge die Container- sowie die Projektschifffahrt. In beiden Bereichen herrschte schon vor der Sperrung des Suezkanals Mitte dieser Woche eine teils extreme Tonnage- und Equipment-Knappheit. Die jetzt drohenden Transitverzögerungen könnten die Lage erheblich verschlimmern.

»Die Raten waren gerade wieder etwas gesunken, die Platzengpässe hatten sich ein bisschen entspannt. Und jetzt das!«

Marktinsidern zufolge befindet sich der Container/FCL-Spotmarkt seit ein paar Tagen in der Schwebe. Nachdem die Frachtraten in den vergangenen Wochen leicht von ihren Höchstständen hinabgeglitten waren, zogen die Linienreedereien am Mittwoch plötzlich ihre Tarifraten für den Asien-Europa-Verkehr für April zurück. So berichten es Seehafenspediteure in Hamburg und Bremen, die damit erneut eine Trendwende bei den Frachtpreisen befürchten. »Die Raten waren gerade wieder etwas gesunken, die Platzengpässe hatten sich ein bisschen entspannt. Und jetzt das!«, klagt ein Speditionsgeschäftsführer. »Geht es jetzt wieder von 7.000 bis 8.000 hoch auf 10.000 $/FEU? Man muss mit allem rechnen.« Noch ist unklar, wie es weitergeht. Die offiziellen Raten-Indices im Containerverkehr geben darüber noch keinen Aufschluss. So gab die Durchschnittsrate des World Container Index für Verladungen von Shanghai nach Rotterdam gestern noch einmal leicht um 2 % auf rund 7.500 $/FEU nach.

»Damit ist ein Anstieg der Raten in den nächsten Wochen sehr wahrscheinlich«

Nach Angaben der Spedition Flexport beginnen erste Carrier bereits, Buchungen für Verladungen von Nordeuropa nach Fernost abzulehnen, weil sie ihre Schiffe um das Kap der Guten Hoffnung routen und einen Rückstau an Ladung befürchten. »Damit ist ein Anstieg der Raten in den nächsten Wochen sehr wahrscheinlich«, meint Christoph Baumeister, Fahrtgebietsleiter Asien-Europa bei Flexport in Hamburg.

Die britische Beratungsfirma Transport Intelligence warnt, dass schon eine kurzweilige Sperrung des Suezkanals »enorme« Auswirkungen auf den Containermarkt habe – gerade heutzutage, wo Ex- und Importeure bereits größte Mühe hätten, sich Container und Stellplätze zu sichern. Die Landbrücke Asien-Europa nütze da nur wenig. »Die Zug- und Straßenverbindnungen zwischen China und Europa haben nicht die nötige Kapazität für eine Ersatzlösung«, warnt Transport Intelligence.

Nicht ganz so einschneidend, aber nach wie vor erheblich, beurteilen Experten die Auswirkungen auf Tramp- und Linienverkehre im Projekt- und Schwergutsegment. Ein deutscher Makler berichtet, dass zahlreiche Tonnage-Positionen für Mai im Trampsektor gestrichen worden seien, weil Carrier erst einmal sehen möchten, wie sich die Raten weiterentwickeln. Die Suezsperrung sei aber nur ein Grund mehr. »Schon vorher waren große wie kleine Mehrzweckfrachter am Markt ausverkauft, sowohl im Atlantik als auch im Pazifik. Die Nachfrage ist hoch, und die Raten steigen immer weiter an«, so der Experte. Berichte von ersten Verzögerungen bei MPP-Anläufen und Abfahrten machen inzwischen die Runde. So soll der Carrier Chipolbrok Kunden darüber informiert haben, dass seine »Qian Kun« (30.435 tdw, Bj. 2011) aus Asien kommenden den Umweg um das Kap nimmt und circa 10 Tage später als avisiert in Europa eintreffen werde. Die Lade- und Abfahrttermine müssten entsprechend angepasst werden.

Deutliche Auswirkungen auf Dry-Bulk-Markt erwartet

Am Dry-Bulk-Markt dürften sich die Effekte bei einer anhaltenden Suezsperrung in den kommenden Tagen deutlicher manifestieren. So dürfte die Verfügbarkeit gerade von Panamaxen und kleineren Bulkern mit eigenen Kränen im asiatisch-pazifischen Raum abnehmen. Denn der Suezkanal wird vor allem von kleineren Frachtern mit Getreide, Erzen und Düngemitten an Bord Richtung Asien genutzt, wie der Londoner Broker Arrow Shipbroking ausführt.

Diese Woche war die Tendenz am Bulker-Spotmarkt eher abwärts gerichtet. Nach fulminanten Steigerungen haben insbesondere die Raten der Supramaxe (Index-Typschiff 58.000 tdw) und der Handysize-Typen (38.000 tdw) vorläufig ihren Zenit überschritten. Die Durchschnittsraten im Zeitcharter-Trip-Business gaben bis gestern auf Wochensicht für Supras um gut 4 % auf rund 22.200 $/Tag und für Handies um 5% auf rund 23.200 $/Tag nach. Panamaxe konnten sich erfolgreich auf 25.500 $/Tag behaupten, während das Ertragsniveau der Capesize-Bulker um 2 % auf 18.500 $/Tag fiel.

Am Rohöltankermarkt ging es dafür quer über alle Größenklassen aufwärts – dank etwas festeren Weltskala-Raten und deutlich gesunkenen Treibstoffpreisen. Letztere gaben an den größten Bunker-Hubs diese Woche infolge des Preiseinbruchs bei Rohöl um 6 bis 10% (für VLSFO, low-sulphur) nach. Für altere VLCC stiegen die durchschnittlichen Spoteinnahmen laut Clarksons Platou um fast 60% auf 9.600 $/Tag und damit erstmals seit langem knapp über Betriebskostenniveau. Suezmaxe verbesserten sich um 44 % auf 17.800 $/Tag und Aframaxe um 8 % auf 16.900 $/Tag. Die Effekte der Suezsperrung auf den Chartermarkt waren zunächst noch gedämpft, obwohl Tanker der zweithäufigste Schiffstyp im Transit durch den Suezanal sind. Nächste Woche dürfte sich das ändern. Makler rechnen mit einer verstärkten Befrachtungsaktivität innerhalb des Atlantiks als Reaktion auf ausbleibende bzw. verspätete Suezmax-Rohöllieferungen aus dem Persischen Golf heraus. (mph)