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Ist der Tankermarkt bereit für eine Trendwende bei den Raten? Mit dem steigenden Ölpreis könnten auch die Exporte zunehmen. Ein Unsicherheitsfaktor im fernen Osten bleibt aber.

[ds_preview]Das Jahr 2021 hat für den Tankermarkt mit historisch niedrigen Raten begonnen. Nachdem Mehrjahreshöchstständen im zweiten Quartal 2020 brachen die Frachtraten im Sommer ein, als sich die Covid-19-Pandemie weiter ausbreitete und die OPEC+ das Ölangebot als Reaktion auf den dramatischen Rückgang der weltweiten Ölnachfrage drosselte. »Die Aussichten für die Ölnachfrage haben sich angesichts mehrerer Impfstoffe, die weltweit verabreicht werden, aufgehellt und die Ölpreise haben sich infolgedessen stark erholt«, schreibt der US-Tanker-Broker Poten & Partners.

Als die ersten Impfungen gegen das Virus in der zweiten Novemberwoche 2020 angekündigt wurden, lagen die Ölpreise (Brent) bei 39 $/Barrel. Drei Monate später erreichten die Brent-Rohölpreise 65 $/Barrel, was einem Anstieg um 67 % entspricht. Die Impfstoffe waren nach Einschätzung von Poten aber nicht der einzige Katalysator für diesen Preisanstieg.

OPEC+-Cuts halten Raten noch unten

Die anhaltende Produktionsdisziplin der OPEC+-Länder (sowie die zusätzliche Kürzung um 1 Mio. b/d durch Saudi-Arabien) hat ebenfalls wesentlich zum Anstieg der Ölpreise beigetragen. Diese anhaltenden Produktionskürzungen seien der Hauptgrund dafür, dass sich der Optimismus bei der Ölnachfrage nicht auf die Tankerraten niedergeschlagen hat, so Poten. »Da die Ölpreise jedoch steigen und die Pandemie zurückgeht, ist es wahrscheinlich, dass dieOPEC+ beschließen wird, die Exporte zu erhöhen, wenn sie sich am 4. März 2021 (per Videokonferenz) trifft«, heißt es.

Ein Vergleich der Tonnenmeilennachfrage für Rohöltanker im vierten Quartal 2020 mit dem gleichen Zeitraum des Jahres 2019 (vor dem Ausbruch von Covid-19) zeigt, wie stark die Tankernachfrage zurückgegangen ist. Die gesamte Tonnenmeilennachfrage ist im Jahresvergleich um 11 % gesunken. VLCCs, die Arbeitspferde auf den wichtigsten Langstreckenrouten aus dem Nahen Osten, litten am meisten: Die Nachfrage nach VLCC-Tonnenmeilen ging um 14 % zurück. Die Suezmax-Nachfrage sank um 6 % und die Aframax-Beschäftigung ging um 3 % zurück. Die Daten für Januar 2021 zeigen eine gewisse Verbesserung, aber die Tonnenmeilennachfrage liegt immer noch deutlich unter dem gleichen Zeitraum im Jahr 2020.

Auf der anderen Seite der Gleichung habe das Schiffsangebot in den letzten zwölf Monaten zugenommen, schreibt Poten & Partners. Die gesamte Tankerflotte wuchs demnach im Jahr 2020 um 3 %. »Eine Erholung der Verschiffungen von OPEC+ wird wahrscheinlich überproportional von VLCCs profitieren, solange die erhöhten Exporte eine Reaktion auf die gestiegene Nachfrage sind und nicht, um Marktanteile von Nicht-OPEC-Produzenten zu übernehmen.

Die Exporte aus dem »amerikanischen Atlantik« (US-Golf und Brasilien) tragen Poten zufolge wesentlich zur Tonnenmeilennachfrage bei. Wenn also erhöhte OPEC-Exporte zu einem Rückgang der Exporte aus den amerikanischen Ländern führen, werde der Nutzen für den Tankermarkt gering sein, heißt es.

Ölnachfrage erholt sich schneller als Ölangebot

Ein Blick auf die Ölnachfrage- und Angebotsstatistiken der letzten Monate zeigt, dass sich die globale Ölnachfrage schneller erholt als das Ölangebot, was bedeutet, dass die globalen Ölvorräte (an Land und in schwimmenden Lagern) ebenfalls schnell abnehmen. Ein aktueller Bericht von Morgan Stanley schätzt, dass die Bestände mit einer Rate von 1,5 Mb/d abnehmen. So werden nach EInschätzung von Poten & Partners der Bestandsüberhang schnell abgebaut und die Preise gestützt, was zu weiteren OPEC+-Erhöhungen im Laufe dieses Jahres führen könnte.

Begrenzte globale Lagerbestände könnten außerdem dafür sorgen, dass sich ein Anstieg der Ölnachfrage schnell in mehr Transportbedarf niederschlägt. In der zweiten Hälfte des Jahres 2021 könnten einige Länder die Herdenimmunität vor Covid-19 erreichen. »Wenn sich das Wachstum der Ölnachfrage infolgedessen beschleunigt, könnte die Bühne für einen raschen Anstieg der Tankernachfrage und der Raten bereitet sein. Es gibt jedoch ein paar mögliche Stolpersteine«, so der Broker. So gebe es Berichte, dass Chinas Ölreserven – ein Haupttreiber der zusätzlichen Ölnachfrage seit vielen Jahren – kurz vor dem Erreichen der Lagerkapazitätsgrenze stehen könnten. Im Jahr 2020 habe China die niedrigen Ölpreise ausgenutzt und seine Reserven aufgestockt. »Der Zeitpunkt der Erholung des Tankermarktes bleibt ungewiss, aber es gibt klare Anzeichen dafür, dass sich eine Erholung der Ölnachfrage schnell in höheren Tankerraten niederschlagen kann«, heißt es.