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Die Regelungen zum Bunkern alternativer Kraftstoffe in deutschen Seehäfen sind noch sehr uneinheitlich. Das Deutsche Maritime Zentrum (DMZ) hat zusammen mit der Beratungsfirma Ramboll nun klare Empfehlungen für Politik und Behörden formuliert

[ds_preview]In der Schifffahrt müssen im Zuge der Dekarbonisierung fossile flüssige oder gasförmige Kraftstoffe künftig durch alternative Kraftstoffe ersetzt werden. Bislang ist die Genehmigungspraxis für das Bunkern alternativer Kraftstoffe in den Bundesländern »sehr heterogen«. In nahezu jedem deutschen Seehafen sind Einzelgenehmigungen – oftmals bei unterschiedlichen Genehmigungsbehörden – zu beantragen. Mit der Einführung neuer alternativer Kraftstoffe würden die Regelungsfülle und der Bedarf nach Informationen bei den beteiligten Akteuren weiter zunehmen, meint Claus Brandt, Geschäftsführer des Deutschen Maritimen Zentrums (DMZ).

Daher hat das DMZ eine Studie zur »Aufnahme rechtlicher Regelungen und Erarbeitung eines bundesweiten Leitfadens für harmonisierte Vorschriften zum Bunkern von komprimierten und verflüssigten Gasen sowie Kraftstoffen mit niedrigem Flammpunkt in deutschen Seehäfen« bei der Ramboll Deutschland in Auftrag gegeben. Durch diese Gruppierung soll nicht nur für LNG, sondern auch für weitere alternative Schiffskraftstoffe, wie z. B. LPG, Ammoniak, Wasserstoff und Methanol, eine rechtliche Grundlage geschaffen werden.

Ziel: Beurteilungssicherheit

»Mit dem Leitfaden wollen wir bei der Vorbereitung und Durchführung der Genehmigung für Bunkervorgänge von Wasser- und Landseite eine größere Beurteilungssicherheit für alle Beteiligten schaffen«, sagt die DMZ-Projektverantwortliche Bärbel Kunze. In den Leitfaden sind daher Information von Infrastruktur- und Terminalbetreibern, LNG-Bunkerlieferanten und -empfängern, Genehmigungs- und Hafenbehörden etc. eingeflossen.

»Wir stehen mit diversen Kraftstoffen am Anfang. Es ist wichtig, sich neben LNG auch andere Alternativen anzusehen. Wenn wir zu lange warten, überholt uns die Technik wieder. Lassen Sie uns also frühzeitig mit den weiteren Alternativen auf regulatorischer Ebene beginnen«, sagt Thomas Rust, der die Studie bei Ramboll geleitet hat. Ein Spannungsfeld sei der Föderalismusgedanke in Deutschland, was zu Diskrepanzen bei den Zuständigkeiten führe. Gleichzeitig erachte man das als besonders wichtiges Gut, dass den Häfen, die letztlich für die Umsetzung verantwortlich sind, Spielraum gegeben wird. »Daher empfehlen wir auf Bundesebene eine sehr allgemein verfasste Verordnung, um zu ermöglichen, dass die Häfen frei agieren können«, so Rust. In den Landesverordnungen solle dann die grundsätzliche Möglichkeit festgehalten werden, sofern die lokalen Behörden zustimmen.

Problem: Genehmigungsprozess

An der Genehmigung von Bunkervorgängen können generell Bunkerlieferanten, Bunkerempfänger, Terminalbetreiber, Behörden, Organisationen der Gefahrenabwehr oder zuständige Behörden nach Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) beteiligt sein. Der bisherige Ablauf des Genehmigungsprozesses ist laut der Studie für Parteien, die mit den örtlichen Gegebenheiten nicht vertraut sind, problematisch, da ihnen die zu informierenden Behörden nicht bekannt sind. Die deutschen (Hafen-)Behörden sind bei der Prüfung der Dokumente für Einzelgenehmigungen mit einem hohen Aufwand konfrontiert. Mit dem IAPH Audit Tool existiert bereits ein international genutztes Instrument zur Vorqualifizierung von LNG-Bunkerlieferanten, welches perspektivisch auch auf weitere alternative Schiffskraftstoffe anwendbar ist. Bestimmte Nachweise der Bunkerlieferanten müssen hierdurch nicht vor jedem Bunkervorgang neu übermittelt und geprüft werden, sondern sind für die Gültigkeitsdauer der Bescheinigung fixiert. Des Weiteren bietet das IAPH Audit Tool eine offene Informationsplattform, auf der die (Hafen-)Behörden Dokumente untereinander austauschen können und so bspw. eine höhere Transparenz und Prozesssicherheit herstellen können.

Ungeachtet der Nutzung des IAPH Audit Tools wird angeregt, eine für alle (Hafen-)Behörden zugängliche digitale Plattform zu schaffen, auf der Grundlagen-dokumente und Informationen abgelegt werden können.

Eine weitere Empfehlung zur Vereinfachung des Genehmigungsprozesses ist die Benennung von Single Points of Contact in Form des Bunkerlieferanten (für die Bunkerparteien) sowie der zuständigen (Hafen-)Behörde (für die Behörden). Damit verbunden ist die stellvertretende Regelung des Dokumenten- und Informationsaustauschs. Hierdurch würde sichergestellt, dass sowohl die Dokumente der Bunkerparteien an die richtigen Stellen gelangen als auch die nicht direkt in die Hafenaktivitäten eingebunden Behörden ihren Zuständigkeiten adäquat nachkommen können.

Kartierung schafft Überblick

Aktuell gibt es ohne Risikoanalysen keine Genehmigung von LNG-Bunkervorgängen. Diese werden von Bunkerlieferanten für ihre Bunkerfahrzeuge bzw. -anlagen sowie von Hafenbehörden oder von ihnen beauftrage unabhängige Stellen für Häfen erstellt. Um das Vorgehen zu harmonisieren und einheitliche Sicherheitsniveaus zu etablieren, wurde in der Studie ein modularer Werkzeugkasten für die Durchführung von Risiko-analysen entwickelt. Unter Berücksichtigung der jeweiligen stofflichen Eigenschaften kann dieser auf jeden alternativen Schiffskraftstoff angewendet werden. Daraus ergeben sich spezifische Sicherheitsmaßnahmen und Anforderungen für die Bebunkerung.

Für die zuständigen (Hafen-)Behörden ergibt sich die Möglichkeit, mit Hilfe des Werkzeugkastens bereits im Vorfeld die hafenspezifischen Besonderheiten zu adressieren und eine Einhaltung möglicherweise geltender Beschränkungen zu fördern. Es wird empfohlen, dass die deutschen Seehäfen grundsätzlich, eingeschränkt und nicht mögliche Bunkerliegeplätze kartieren und die wesentlichen Bunker-Parameter nennen. Die Kartierung ist für jeden einzelnen alternativen Kraftstoff, zunächst aber für LNG durchzuführen. Die Harmonisierung von Umfang und Art der auszutauschenden Informationen verspricht, die Anforderungen für eine Genehmigung von Bunkervorgängen sowohl vonseiten der Hafenbehörden als auch aus Sicht der Bunkerparteien standortübergreifend transparent zu gestalten. Eine Einbindung der zuvor genannten offenen Informationsplattform gegebenenfalls mit harmonisierten Online-Formularen ist denkbar.

Die Vorschläge lassen nach Einschätzung des DMZ genügend Freiräume für standortspezifische Anforderungen. Klar sei aber: »Die Harmonisierung muss kommen!«, heißt es.

»Das maritime Deutschland muss seine Verantwortung im Klima- und Umweltschutz wahrnehmen. Wir gestalten mit unserem Know-how die globale Energiewende mit. Dazu sind nicht zuletzt gezielte regulatorische Maßnahmen und marktgerechte Anreize erforderlich. Der Bund trägt dazu bereits maßgeblich bei«, sagte Achim Wehrmann aus dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) in seinem Impulsvortrag bei der Vorstellung der Studie, die auf der Website des DMZ heruntergeladen werden kann. fs