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Der Hamburger Reeder Claus-Peter Offen zieht sich aus dem operativen Alltag zurück. Neuer CEO der Offen Group wird Arnt Vespermann, ehemaliger Chef der Hamburg Süd. Die Gruppe soll aber auch künftig ein Familienunternehmen bleiben. Von Krischan Förster

[ds_preview]Es ist bald 50 Jahre her, dass Claus-Peter Offen mit dem Stückgutfrachter »Holstein« sein erstes Schiff in Fahrt gebracht hat. Damals war der Sohn des bekannten Hamburger Reeders Emil Offen und jüngstes von fünf Kindern gerade einmal 27 Jahre alt.

Abstract: Offen passes the baton

After 50 years, managing owner Claus-Peter Offen is handing over the reins of Germany’s largest containership owning company to Arnt Vespermann, who recently stepped down as chairman and chief executive of Hamburg Süd. The move marks a generational shift, although 77-year-old Offen will still make strategic decisions as chairman of a supervisory board. Vespermann will steer a fleet of almost 40 boxships from 5,500 TEU to 14,000 TEU.

In diesem Juni war eigentlich eine große Jubiläumsfeier geplant, 600 Gäste sollten geladen werden. Wegen Corona wurde alles auf 2022 verschoben. Eine Zäsur bringt dieses Jahr dennoch: Nach einem halben Jahrhundert zieht sich Claus-Peter Offen aus dem operativen Geschäft zurück. Es übernimmt Arnt Vespermann, bis vor wenigen Wochen noch Chef der Hamburg Süd.

»Es passiert nicht oft, dass so ein ausgewiesener Fachmann verfügbar ist«, sagt Offen. Er kenne Vespermann schon sehr lange und als sich die Gelegenheit geboten habe, sei man sich handelseinig geworden. Künftig soll der 53-Jährige als CEO das Unternehmen weiterführen, das Claus-Peter Offen aufgebaut und groß gemacht hat.

Dem allerersten Schiff, der 1971 erworbenen »Holstein«, folgten weitere Stückgutfrachter, dann ab Mitte der 1970er Jahre Containerschiffe, später auch Tanker und Bulker. Die Reederei war noch zu Beginn der 2010er Jahre mit einer Gesamttonnage von rund 10 Mio. tdw der größte Trampreeder in der weltweiten Containerschifffahrt, bevor die Krisenjahre in Folge der Lehman-Pleite auch im Kaufmannshaus in der Hamburger Innenstadt ihren Tribut forderten. Zwar hatte Offen 2017 noch die Münchner Conti-Reederei übernom­men, doch von weit über 100 Schiffen zu besten Zeiten sind heute noch rund 40 geblieben. Von den Tankern, den Bulkern und auch dem sogenannten Third Party Management hat sich die Offen Group inzwischen getrennt.

»Es passiert nicht oft, dass so ein ausgewiesener Fachmann verfügbar ist. Ich habe volles Vertrauen in Arnt Vespermann«

Nun zieht sich auch der Reederei-Gründer aus dem Alltagsgeschäft zurück. »Es hat mir immer Spaß gemacht«, sagt der 77-Jährige, »aber es wird Zeit für einen Generationenwechsel.« Die Reederei werde ein familiengeführtes Unternehmen bleiben, die derzeit noch studierenden Kinder sollen später einmal übernehmen. Doch vorerst übernimmt mit Vespermann als Majordomus den Chefposten.

Aus den Tochtergesellschaften rücken vier Spitzenleute in die Geschäftsleitung der Holding auf. Außen vor bleibt die Conti Reederei, sie wird eigenständig weitergeführt. Offen und sein bisheriger CFO Ralf Jung wechseln dann in den noch zu gründenden Verwaltungsrat, in dem auch die drei Kinder und die Ehefrau einen Sitz haben werden. »Alle grundsätzlichen, strategischen Fragen werden künftig dort entschieden«, sagt Offen.

Der (Teil-)Rückzug fällt ihm nicht schwer, auch wenn die Reederei seine Herzensangelegenheit und eine Lebensaufgabe bleibt. »Ich habe volles Vertrauen zu meinem Nachfolger«, sagt Offen. Doch es gebe schließlich nach den vielen, auch anstrengenden Berufsjahren im Leben noch andere Dinge, die Freude bereiten könnten. Reisen und segeln zum Beispiel. »Wann, wenn nicht jetzt?« Den Rest werde er sich die meiste Zeit »in Ruhe und Gelassenheit aus der Ferne« anschauen.

»Alle wichtigen Fragen werden im Verwaltungsrat entschieden. Den Rest schaue ich mir in Ruhe und aus der Ferne an«

Zwar sei die Reederei krisenbedingt schon seit einem Jahrzehnt nicht mehr auf Wachstumskurs, dafür sei sie finanziell gesund und auch für die nächsten Jahre gut aufgestellt. Alphaliner listet die Offen Group noch als die Nr. 5 und als einzige deutsche Reederei unter den Top 10 der Container-Trampreeder auf.

Nach seinem Entschluss, sich als Eigner ganz auf die großen Containerschiffe zwischen 5.000 TEU und 14.000 TEU zu konzentrieren, hatte Offen die meisten Charterverträge noch einmal langfristig, teilweise bis 2029, und zu damals wie heute auskömmlichen Raten mit großen Linienreedereien verlängern können. »Das bringt über die nächsten Jahre viel Ruhe in die Reederei«, sagt Offen. Dass nach dem jüngsten Aufschwung aktuell bessere Erlöse zu erzielen könnte, ärgert ihn nicht. Nur ein halbes Dutzend der Schiffe sind im Spotmarkt unterwegs. »Es geht immer irgendwie besser, aber es wird eben auch schnell mal wieder schlechter.«

Der Markt spiegle die derzeit hohe Nachfrage nach Tonnage wider, wie lange das so bleibe und welche Auswirkungen die zuletzt extrem erhöhte Neubau-Akti­vität haben werde, sei überhaupt noch nicht abzusehen. Langfristig garantierte Einnahmen hätten hingegen die Kernflotte bereits gut durch die Krisenjahre gebracht und sicherten auch mittelfristig der Reederei gute Ergebnisse. Mit dem Auslaufen der Verträge seien dann alle Schiffe schuldenfrei. »Das gibt uns ausreichend Zeit, Entscheidungen über künftige Investitionen zu treffen«, sagt der Reeder. Hätte er mit dem Wissen von heute damals anders agiert? »Ein paar Jahre früher wäre ich vielleicht ein höheres Risiko gegangen«, sagt Offen. »Aber so ist es auch in Ordnung.«

»Dank den laufenden Verträgen können wir in Ruhe über die nächsten Investitionen entscheiden«

Man sei doch jetzt in einer vergleichsweise komfortablen Situation: »Wir müssen nichts tun, aber wir könnten.« Absehbar stehe eine Erneuerung der Flotte an, auch der Kauf von Secondhand-Schiffen oder die Bestellung von Neubauten sei absehbar wieder vorstellbar.

Wichtig sei ihm vor allem, die Zukunft des Unternehmens und auch die seiner Mitarbeiter zu sichern, »soweit man das eben kann«. Ein Verkauf der Reederei ist ausgeschlossen. Dafür habe es durchaus schon in der Vergangenheit Gelegenheiten gegeben, »aber das kam und kommt für mich nicht in Frage.«