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Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) hat ihren Bericht zur Havarie des Containerschiffs »Astrosprinter« und des Traditionsschiffs »No. 5 Elbe« veröffentlicht. Dabei wird die Behörde mit Sicherheitsempfehlungen deutlich.[ds_preview]

Schon im Juli 2019 hatte die BSU in einem Zwischenbericht darauf hingewiesen, dass Politik und Schiffsbetreiber handeln müssten. Seither wurde die Kollision intensiv untersucht und als »sehr schwerer Seeunfall« klassifiziert.

Am 8. Juni 2019 war es auf der Elbe in Höhe Stadersand zu einer Kollision zwischen dem unter der Flagge Zyperns fahrenden Containerschiff »Astrosprinter« und dem deutschen Traditionsschiff »No.5 Elbe«, einem ehemaligen Lotsenschoner, gekommen. Der Schoner fuhr unter Segeln und hatte gerade eine Wende vollzogen, um nach Hamburg zurück zu fahren. Nach der Wende gab es Schäden an den Vorsegeln. Während die Besatzung damit beschäftigt war, diese Segel unter Kontrolle zu bekommen, wurde es versäumt, die Fahrwasserseite der eigenen Fahrtrichtung entsprechend zu wechseln.


BSU-Chef Ulf Kaspera hatte jüngst im HANSA-Podcast auch Einblicke in die Ansichten der Behörde zum Umgang mit Traditionsschiffen gegeben. Hören Sie hier, was der Experte zu sagen hat.

BSU Kaspera Podcast


So fuhr die 1883 gebaute »No.5 Elbe« erst knapp an der ihr entgegenkommenden »Hanna« vorbei und kollidierte dann mit der »Astrosprinter«. An Bord des ehemaligen Lotsenschoners, der mit 15 Besatzungsmitgliedern und 28 Fahrgästen besetzt war, wurden acht Personen überwiegend leicht verletzt. Im weiteren Verlauf des Geschehens konnte das Traditionsschiff aus eigener Kraft mit Unterstützung des DLRG-Bootes »Kiek Ut« noch die nahe Mündung der Schwinge erreichen, ehe es dort kurz vor der Pier auf Grund fest kam und versank. Alle Personen konnten durch den glücklichen Umstand, dass Rettungskräfte der Freiwilligen Feuerwehr Stade und der DLRG aufgrund eines anderen Einsatzes bereits in der Nähe waren sowie der Tatsache, dass sich das Fahrzeug in geschützten Gewässern befand, rechtzeitig geborgen werden. Der Havarist ist nach einer Reparatur mittlerweile zurück in Hamburg.

No 5 Elbe
»No 5 Elbe« (© DLRG/Twitter)

Hauptursächlich für diesen Seeunfall sieht die BSU die Reaktion der Schiffsführung auf die Schäden an den Vorsegeln während der Wende: »Sie kümmerte sich ausschließlich um die Segel und nicht mehr darum, die nun falsche Fahrwasserseite so schnell wie möglich zu verlassen, um dem Gegenverkehr auszuweichen.« Dies beruhe nach den in der Untersuchung gewonnenen Erkenntnissen auf unzureichender Wachorganisation und mangelhaftem Situationsbewusstsein. Außerdem wird als kritisch bewertet, dass die Schiffsführung der »Astrosprinter« den Lotsenschoner im Verlauf der Annäherung weder per UKW angesprochen hat, noch mittels Schallsignalen versuchte zu warnen. Die BSU kommt in ihrem Bericht zu der Erkenntnis, dass »dringend gehandelt werden muss«, um die Sinksicherheit von Traditionsschiffen, die mehr als 12 Fahrgäste befördern, zu erhöhen und so der Gefahr zukünftiger Seeunfälle aus gleichem oder ähnlichem Anlass vorzubeugen.

»Deutlich höhere Priorität«

Die Behörde macht deutlich, dass an der Sicherheit nicht gespart werden darf: »Die Schiffssicherheit kann nicht gleichberechtigt neben dem Anspruch an ein originalgetreues Traditionsschiff stehen. Die Sicherheit der Besatzung, der Fahrgäste und der übrigen Verkehrsteilnehmer muss eine deutlich höhere Priorität haben, oder ein Traditionsschiff darf nicht fahren, sondern an der Pier besichtigt werden können.«

Sicherheitsempfehlungen

Die von der BSU in ihren Berichten regelmäßig veröffentlichten Sicherheitsempfehlungen richten sich in diesem Fall gleich an mehrere Parteien: Das Bundesverkehrsministerium soll sich dafür einsetzen, diese Rechtslage dahingehend anzupassen, dass unabhängig von Fahrtgebiet und Schiffslänge gilt, diese Fahrzeuge durch wasserdichte Schotten so zu unterteilen, dass bei Volllaufen einer Abteilung das Freiborddeck nicht unter Wasser kommt. Auch sollten die Schiffsbesetzungsvorschriften überarbeitet werden. Dem Eigner der »Elbe No. 5« wird empfohlen, bei der anstehenden Reparatur wasserdichte Schotten derart einzubauen. Allgemein sollen Eigner und Betreiber von Traditionsschiffen den Wachdienst ebenso prüfen wie die Frage, ob die Sinksicherheit im Leckfall erfüllt ist. Der Berufsgenossenschaft für Verkehr wird zudem empfohlen, ihre Prozesse bei der Erteilung von Schiffssicherheitszeugnissen für Traditionsschiffe zu überprüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten.