Opus Marine aus Hamburg hat neue Schiffe in die Flotte aufgenommen © Opus Marine
Opus Marine aus Hamburg hat neue Schiffe in die Flotte aufgenommen © Opus Marine
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Der Markt für Offshore-Schiffe kommt angesichts verbesserter (politischer) Rahmenbedingungen in Bewegung. Die Aussichten werden besser, Reeder und Schiffbauer arbeiten fleißig an Designs und Flotten. Von Michael Meyer

Der ganz große »Run« auf konkrete Projekte ist zwar noch ausgeblieben. Angesichts der relativen Ruhe in den vergang[ds_preview]enen Jahren ist die aktuelle Aktivität aber durchaus nicht zu vernachlässigen. Nach einigen schwierigen Jahren bieten sich für Offshore-Schiffe wieder große Chancen, sagt Philippe Schönefeld, Managing Partner vom Hamburger Makler Global Renewable Shipbrokers (GRS). In der aktuellen Folge vom HANSA Podcast spricht er über Wachstumspotenzial für Reeder und GRS selbst – unter anderem im Heavy­lift-Segment.

Die Sorge, dass der durch den Klimaschutz vorangetriebene Bau von Off­shore-Windparks angesichts der politische Priorisierung der Bekämpfung der Corona-Pandemie an Bedeutung verliert, teilt Schönefeld nicht unbedingt.

»Reeder sollten aufspringen«

Branchenexperten gehen von einem Wachstum von 230 % in den nächsten zehn Jahren aus. Es sei eine gute Zeit, um in Offshore-Schiffe zu investieren. »Jeder ist gut beraten, auf diesen Zug aufzuspringen«, so Schönefeld mit Blick auf den Zyklus von Installation, Betrieb, Rückbau und Neu-Installation. Auch beim Branchendienst IHS Markit hat man Lücken in der Flotte ausgemacht, nicht zuletzt bei Installationsschiffen.

So heißt es: »Die Entwicklung größerer und leistungsstärkerer Offshore-Windturbinen übersteigt derzeit die für ihre Installation erforderliche Infrastruk­turkapazität« – sprich Schiffe. Die Experten erwarten, dass sich die jährliche Bruttokapazität von Offshore-Windkraftanlagen bis 2030 versechsfachen wird, was auf deutliche Kostensenkungen, Fortschritte in der Technologie, günstige politische Rahmenbedingungen und höhere nationale Ziele zurückzuführen ist – etwa in China, den USA oder in Europa. »Da sich neue Entwicklungen weiter »off­shore« und in tiefere Gewässer bewegen, werden Logistik, Transit und Installation komplexer und erfordern größere, spezialisierte und selbstfahrende Hubschiffe mit technischen Fähigkeiten, die weit über die der bestehenden Flotte hinausgehen«, so IHS weiter. Die geografische Verteilung der globalen WTIV-Flotte, die derzeit etwa 50 Schiffe umfasst, von denen zwei Drittel vor dem chinesischen Festland und der Rest in Nordeuropa stationiert sind, stellt eine weitere unmittelbare Herausforderung bei den Offshore-Windzielen dar.

Installationsschiffe gesucht

Partner für Investitionen dürften parat stehen: Einer der Gründe für den Mangel an neuen Installationsschiffen in der Vergangenheit war die Sorge um die Langlebigkeit der Schiffe, da sich die Turbinentechnologie schnell entwickelte. Jetzt, da sich die Turbinengrößen einigermaßen stabilisiert haben und die Schiffe mehr standardisierte technische Fähigkeiten aufweisen müssen, werden endlich wieder Neubauten bestellt. »Wir gehen davon aus, dass mit dem Aufschwung der aufstrebenden Offshore-Windmärkte und der Inbetriebnahme der ersten kommerziellen Projekte Investoren und Eigner zunehmend bereit sein werden, neue Schiffe zu finanzieren und zu bauen«, so der Bericht.

Installationsschiffe stehen tatsächlich bei einigen Reedern hoch im Kurs. Die ehemalige Bulker-Großreederei Scorpio hat sich sogar entschieden, sich vollständig aus ihrem angestammten Markt zurückzuziehen und auf Offshore zu setzen. Auch die ehemalige Swire-Tochter Cadeler will neue Schiffe bestellen.

Andere setzen vor allem auf den Bedarf an Service-Schiffen für Windparks. So hat die »K Line« aus Japan eine eigene Tochter für dieses Segment gegründet. Auch Konkurrent NYK macht strukturelle Schritte: Mit dem Schlepper-Unternehmen Akita Eisen wurde ein Joint Venture für Crew-Transfer-Schiffe gegründet. Mittelfristig will man »Eigen­tum und Management« solcher Einheiten in Betracht ziehen.

Die eigentlich auf CTV spezialisierte Reederei Northern Offshore Services steigt ebenfalls in den Markt ein und nimmt vier Schiffe aus der Flotte der Wilson-Gruppe ins Management. In diesem Markt ist auch die Hamburger Reederei Opus Marine aktiv. Sie hat jüngst zwei Schiffe in die Flotte aufgenommen. Die Tochter der Zeitfracht-Gruppe kann sich weiteres Wachstum gut vorstellen.

Einen Flotten-Ausbau würde auch die Reederei Acta Marine gern umsetzen. Allein scheint man sich das aber offensichtlich nicht zuzutrauen. Aktuell umfasst die Flotte drei OSV vom Typ »Walk to work« sowie diverse Arbeits- und Crew-Transfer-Boote. Weil man derzeit »ein starkes Wachstum auf dem Off­shore-Windmarkt« erlebe, will man kurzfristig zwei weitere »Construction Service Operation Vessels« (CSOV) sowie WtW- und Wartungsschiffe bestellen. Darüber hinaus gebe es »weitere Expansionspläne für die nahe Zukunft«.

Um diese Investitionen zu finanzieren, sucht Acta Marine nun nach frischem Kapital von einem neuen Miteigentümer. Mit dem bisherigen Anteilseigner Merwe­Oord wurde »ein strukturierter Prozess« eingeleitet, um einen langfristigen Partner einzuladen, sich an der künftigen Expansion zu beteiligen«, so zuletzt in offizielles Statement.

Ein neues Konzept haben kürzlich der Zulieferer Ampelmann und das Design-Büro C-Job veröffentlicht: Es geht um ein Offshore-Wind-Feeder-Schiffskonzept mit Bewegungskompensationstechnologie (siehe Foto), ausgelegt auf die strengen Betriebsanforderungen vor der Ostküste der USA – ein Markt, von dem sich die Branche einen großen Wachstumsschub erhofft. C-Job-Manager Todd Allen betonte bei der Präsentation angesichts der ehrgeizigen Pläne der US-Regierung und dem Mangel an den verschiedenen Schiffstypen in der Region: »Der einzige gangbare Weg, dieses Ziel unter Einhaltung des Jones Acts zu erreichen, ist der Einsatz von Offshore-Wind-Feederschiffen.«

Neues Wind-Feeder-Design

Die herkömmliche Arbeitsweise sieht vor, dass das Installationsschiff die Komponenten transportiert und dann die Installation der Turbinen vornimmt. Dies sei allerdings »eine ineffiziente Nutzung« und im Falle von ausländischen Schiffen durch den Jones Act nicht erlaubt. Bei diesem Feeder-Konzept werden die Turbinenkomponenten vom Feeder-Schiff zum Aufstellungsort gebracht. Bei zwei oder mehr Schiffen pro Projekt kann sich das Installationsschiff so auf die Installation der Turbinen konzentrieren und den Betrieb jederzeit aufrecht­erhalten.

Der L-förmige Aufbau soll den Transport aller Windturbinenkomponenten, einschließlich der Flügel, ermöglichen. Um die Arbeitsfähigkeit zu maximieren und ein sicheres Heben zu ermöglichen, verfügt das Schiff über ein Bewegungskompensationssystem. Der Kompensator wird nahe der Schiffsmitte positioniert, wo er Schiffsbewegungen ausgleichen kann und einen kontinuierlichen Betrieb auch bei widrigen Wetterverhältnissen ermöglichen soll.

Die Windturbinenkomponenten werden auf dem Schiff mit einem Schnellverbindungs-Greif- und Gleitsystem angeordnet. Sobald das Feederschiff am Zielort ist, schiebt das System die Komponenten an ihren Platz, um sie mit dem Bewegungskompensator zu verbinden.

Von einem konkreten Auftrag für ein derartiges Schiff ist bislang nichts bekannt. Angesichts der Experten-Einschätzungen könnte es aber durchaus sein, dass in naher Zukunft weitere Investitionen in Offshore-Schiffe erfolgen werden, möglicherweise auch in das Feederkonzept von Ampelmann und C-Job.