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Noch fehlt es an »Reichweite« und »Sicherheit«, doch für Batterien ist längst ein Platz in der Schifffahrt reserviert. An diversen Stellen nutzen sie bereits ganz konkret. Die Entwicklung schreitet voran, auch wenn die Regulierung noch etwas hinterher hinkt. Von Michael Meyer[ds_preview]

Nein, im ganz großen Scheinwerferlicht stehen Batterie-Lösungen für den Schiffsan- und -betrieb derzeit nicht gerade. In der Dauerdebatte um die Dekarbonisierung der Branche haben andere Technologien mehr Konjunktur: Gasantriebe, Ammoniak, Methanol, Wasserstoff, Bio-Kraftstoffe, Segel-Konstruktionen – um nur die prominentesten zu nennen.

Abstract: Battery systems hold big potential for ship technology

Despite the challenges of »range« and »safety«, a place is reserved for batteries in future (and present) shipping. There are already tangible benefits, development is progressing, even if regulation is still lagging somewhat behind. The number of projects is increasing. Interchangeable containers with battery systems are considered a good option.

Selbst LNG, lange als die wichtigste Lösung vorangetrieben, droht ins Hintertreffen zu geraten. Der Aufruf der Weltbank an die Staatengemeinschaft, Förderungen für diese – von vielen ohnehin als »Übergangslösung« angesehene – Technologie einzustellen oder zurückzufahren, hat in der Branche für Aufsehen gesorgt. Der Effekt von LNG auf Treibhausgasemissionen wird von den Bankern als zu gering bewertet. Batterien, so die Weltbank in ihrem jüngsten Bericht, dürften zu den Lösungen gehören, die in Zukunft eine eher »geringe Bedeutung« haben.

Diese Einschätzung verkennt aber möglicherweise das Potenzial, das Batterien haben. Dabei ist den meisten maritimen Akteuren natürlich bewusst, dass sie wohl auf absehbare Zeit nicht als Hauptantrieb geeignet sind. Auch das »Global Maritime Forum« schränkt die Erwartung in seinem jüngsten »Mapping« für den Schiffsbetrieb der Zukunft dahingehend ein.

Allerdings wird bei einem großen Teil der Reaktionen geltend gemacht, dass man um LNG nicht herumkommen wird, da anderen Lösungen noch die Marktreife und die Infrastruktur fehlt. Zudem können Batterien über den Einsatz in Hilfssystemen und für den Bordbetrieb sowie als Zusatz für den Hauptantrieb durchaus großen Nutzen haben.

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Liegt die Zukunft in containerisierten
Batterie-Systemen? Es ist eine Frage der Kapazität (© Current Direct)

Der Effekt auf den Energie- und damit Kraftstoffverbrauch lässt sich zwar nur schwer auf einen konkreten Wert quantifizieren. Er ist je nach Betriebsprofil eines Schiffes aber nicht unerheblich.

Die Liste der Neubau-Projekte und anderer Initiativen für Batterie- und Hybrid-Antriebe wird stetig länger. Unter den Beteiligten finden sich prominente Namen wie die Reedereien UECC und NYK für Autofrachter, Hurtigruten für Kreuzfahrten, Misje für Shortsea-Schiffe oder zahlreiche Fährbetreiber wie Norled, Stena, Scandlines und Grimaldi – und nicht zuletzt eine große Zahl an Zulieferern und Dienstleistern.

Eine Vorstellung der Projekte würden diesen Rahmen sprengen. Mit Blick auf die Grimaldi-Gruppe lässt sich aber exemplarisch zeigen, dass auch Batterie-Anwendungen Anerkennung finden. So hat sich die Reederei eine deutlich verbesserte Energieeffizienz der neuen »GG5G«-Klasse bestätigen lassen. Die RoRo-Frachter weisen einen siebenmal besseren Energieeffizienz-Index auf als die vorherige Schiffsgeneration. Bewertet wurden die CO2-Emissionen in Bezug auf Kilogramm pro Strecke und Ladekapazität. An Bord der »Eco Valencia« und ihrer bald elf Schwestern spielen unter anderem große Batterieblöcke für den Einsatz während Liegezeiten eine Rolle.

Potenzial für EEXI und EEDI

Prinzipiell kann auch eine gedrosselte Maschinenleistung die Energieeffizienzwerte im Rahmen des Energy Efficiency Existing Ship Index’ (EEXI) verbessern. Fällt diese Möglichkeit aber aufgrund fester Fahrzeiten weg, – etwa bei Container- und Passagierschiffen –, sind andere Optionen gefragt. Die Fährschifffahrt ist sicherlich das »Paradebeispiel« für den aktuellen Einsatz von Batterie-Technologien.

Die meisten Anwendungen in Hybridsystemen liefern nicht den Hauptteil der Leistung, sondern sind dazu da, die Hybridisierung verschiedener Quellen zu unterstützen. In der Regel arbeitet die Batterie eher als Energiespeicher denn als Stromquelle. Batterien nehmen in solchen Fälle Energie auf, wenn sie verfügbar ist, und stellen sie bereit, wenn sie benötigt wird, etwa zur Optimierung der Energielast (»Peak Shaving«) bei konventionellen Antrieben. Sie können auch zusammen mit Brennstoffzellen oder anderen Energiequellen arbeiten.

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Der Aufbau eines hybriden
Antriebssystems: Dieselgenerator,
Elektromotor und Batteriepacks (© Rolls-Royce)

Eine Hürde ist allerdings die Energiedichte. Das gleiche Volumen an flüssigem Brennstoff hat unter Umständen die doppelte verfügbare Energie gasförmiger Brennstoffe und mehr als das Zehnfache von Batteriespeichern. Man benötigt also ein höheres Speichervolumen, um die gleiche Arbeit zu verrichten. Diese Kompromisse zwischen Energiedichte und Leistungsbereitstellung schränken die für Batterien geeigneten Betriebskonzepte und Nutzungsarten (noch) ein.

Bei der Klassifikationsgesellschaft Lloyd’s Register (LR) beobachtet man den Trend, dass die Elektrifizierung von Schiffen die Hybridisierung unterstützt. »Sobald man sich entscheidet, verschiedene Energiequellen und -speicher miteinander zu verbinden, ist es sinnvoller, diese Verbindungen über ein elektrisches Netzwerk herzustellen«, erläutert Duncan Duffy, Leiter der Abteilung »Electrotechnical Systems« im Gespräch mit der HANSA. Seiner Ansicht nach könnten neben Kurzstreckenfähren auch kleinere Feeder-Containerschiffe für die Küsten- und Binnenschifffahrt Anwendungsbeispiele sein.

Container-Lösungen

Die Bedeutung von Batterien dürfte demnach zunehmen. Bei einem verhältnismäßig geringen Energiebedarf »würde ich erwarten, dass Batteriespeicher eine Lösung sein werden«, so Duffy.

Aus technologischer Sicht hat der Rückgriff auf batterieelektrische Systeme immerhin den Vorteil, dass man nur einen Energieübergang durchführt, von Strom direkt zu mechanischer Leistung. »Viele der alternativen Kraftstoffe erfordern einen relativ energieintensiven Herstellungsprozess und einen Verbrennungsprozess zur Freisetzung der Energie. Mit jedem Energieübergang sind Verluste verbunden. Außerdem benötigen Sie eine Quelle für ›grünen Strom‹, um grünen Wasserstoff oder Ammoniak-Kraftstoffe herzustellen«, sagt Duffy.

Systeme mit Batterien in Containern gelten als ein Modell für die Zukunft. In diese Richtung geht auch das aktuelle Entwicklungsprojekt »Current Direct«, das sich mit austauschbaren Batteriecontainern beschäftigt, um Energie zu liefern. Auch LR engagiert sich in dem Projekt.

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Das von Havyard Hydrogen geplante
Brennstoffzellensystem ist bis zu einer
Gesamtleistung von 3,2 MW skalierbar
und auch für große Schiffe geeignet (© Havyard)

So sinnvoll, wie wie eine solche Lösung sein kann, hätte es aber wohl Auswirkungen auf die Regulierung, da der Container nicht an ein bestimmtes Schiff gebunden ist. Ein Großteil der Vorschriften verknüpft jedoch wesentliche Angaben mit einem spezifischen Schiff. »Daher müssen Ansätze diskutiert und abgestimmt werden. Man müsste wohl eine Zertifizierung für die Container-Einheiten haben und gleichzeitig berücksichtigen, welche Vorkehrungen das Schiff benötigt, um das gleiche Maß an Sicherheit wie im Fall einer festen Installation zu erreichen.«

Aktuell wäre der Anwendungsbereich solcher Anlagen noch eingeschränkt, da der Stand der Technik etwa 1-2 MWh in einem 20-Fuß-Container bietet. »Selbst wenn man in Zukunft 3 MWh anstrebt, muss man bei Schiffen mit einem Antriebsbedarf von 1 MW die Container oft austauschen, dieser Prozess müsste dann sehr effizient aufgebaut sein«, so der Brite.

Auch die Reedereigruppe Maersk experimentiert mit einer Batterie-Lösung im Container. Schon 2019 wurde ein containerisiertes 600-kWh-System auf dem Containerschiff »Maersk Cape Town« (4.496 TEU) installiert. Die Dänen testen seitdem unter anderem, wie die Effizienz der elektrischen Systeme, zum Beispiel der Generatoren, verbessert oder der Betrieb von Anlagen wie Strahlrudern unterstützt werden kann. Das Pilotprojekt läuft noch, bislang hat sich Maersk nicht zu den Erkenntnissen geäußert.

Nachholbedarf in Regulierung

Noch sind Batteriesysteme nicht vollständig in die internationale Regulierung zur Energieeffizienz integriert. Für die Leitwerte EEDI und EEXI zu neuen Designs oder bestehenden Schiffen gibt es Punkte, die die Erzeugung von Energie aus alternativen und erneuerbaren Quellen anrechnen – allerdings meist lediglich in Bezug auf Hilfssysteme. Der LR-Experte erwartet, dass sich die Position bei der Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO weiterentwickelt. Ein wichtiger Treiber könne der »Operational Carbon Intensity Index« werden, der auf der nächsten Sitzung des IMO-Umweltausschusses MEPC zur Aufnahme in die Regulierung MARPOL VI zur Abstimmung steht. Er verwendet Kraftstoffverbrauchsdaten, um die Effizienz der Transportleistung zu berechnen.

Nicht zuletzt spielt der Brandschutz eine wichtige Rolle. Ein Batteriebrand kann sehr hohe Temperaturen verursachen und stellt ein Explosionsrisiko dar. Der Großteil der zugelassenen Batteriesysteme basiert auf Lithium-Verbindungen. Diese haben trotz der technischen Entwicklung noch immer ein inhärentes Brand-Risiko. Duffy zeigt sich allerdings »optimistisch, dass sowohl die Sicherheit als auch die Energiedichte verbessert werden.

Es geht um die Konstruktion von Schiffen und nicht zuletzt um die Kompetenz der Besatzung. »Einer unkontrollierten exothermen chemischen Reaktion begegnet man nicht am besten dadurch, dass man einen Feuerwehrschlauch auf den Brand richtet und auf das Beste hofft«, betont der Experte.

LR selbst schreibt in seinen Anforderungen mittlerweile vor, dass Batterieräume nicht an Räume mit einem hohen Brandrisiko angrenzen dürfen. Auf internationaler Ebene bedarf es nach Ansicht der Briten aber noch mehr Abstimmung, man hofft darauf, im Klassifikationsverband IACS einen einheitlichen Ansatz zu erreichen. Wann die Regulierung wirklich auf aktuellem Stand ist, sei aber noch unklar: »Leider wird der Fortschritt von Regeln und Vorschriften selten so schnell erreicht, wie neue Technologien eingeführt werden«, sagt Duffy.

Komplexität für die Crew

Weiterentwicklungen dürfte es auch in der Konfiguration im Maschinenraum geben. Noch fehlt es aber an Anreizen. Sei bislang vorrangig Compliance der Treiber, könne es in Zukunft auch direkt über das Portemonnaie der Reeder gehen: »Änderungen bei der Kraftstoffsteuer und der Verfügbarkeit des Kraftstoffs könnten die Finanzplanung verändern. Optionen, die – unabhängig vom Kraftstoff – zu weniger Verbrauch führen, werden im Laufe der Zeit die Rendite verbessern.«

Insgesamt wird die Arbeit an Bord durch die Einführung hybrider elektrischer Antriebssysteme komplexer. Nach Ansicht der LR-Experten wirft es »eine ganze Reihe von Fragen« auf, wie man die Systeme konstruiert und betreibt und wie man sicherstellt, dass die Besatzung die Ausbildung erhält, um angemessen zu reagieren. Duffy führt ein Beispiel an: Bei der Abschaltung eines Batteriesystems bleibt die gespeicherte Energie erhalten, anders als bei einem abgeschalteten Dieselgenerator. Es bestehen also immer noch Risiken im Zusammenhang mit den elektrischen Kontakten »In vielen Fällen hinken die Ausbildungsvorgaben in der STCW-Regulierung (»Standards of Training, Certification and Watchkeeping for Seafarers«) der IMO hinter den Technologien hinterher.«

 

Diesel-elektrisch – Hybridantrieb – Brennstoffzelle

Elektrisch mit der »Elektra«

Das weltweit erste rein elektrische Schiff war bereits 1886 zu sehen. Die »Elektra« (Foto) war ein Versuchsboot der Firma Siemens & Halske, das Erprobungsfahrten auf der Spree absolvierte. Durchsetzen konne sich die Technik damals nicht: Die 80 Akkumulatoren brauchten zu viel Platz, waren zu schwer und hatten mit 5,9 kW viel zu wenig Leistung.

Der Großteil der weltweit rund 50.000 Schiffe ist daher bis heute mit fossilen Kraftstoffen unterwegs – HFO, VLSFO, MGO auf Erdöl-Basis, zunehmend auch mit Gas (LNG). In der Zukunft, das bedingen allein schon die Klimaziele der IMO, müssen Antriebe umweltfreundlicher, also emissionsärmer und später ganz emissionsfrei werden. Als eine Übergangstechnologie gelten Hybrid-Antriebe, also elektrisch erzeugte Energie gepaart mit konventionellen Kraftstoffen.

Diesel-elektrisch

Traditionell treibt auf vielen Schiffe ein Dieselmotor direkt die Welle und damit den Propeller an (diesel-mechanisch). Überwiegend aber kommt ein diesel-elektrischer Antrieb zum Einsatz. Dabei wird die mechanische Energie der unter konstanter Last (85-90 %) laufenden Dieselmotoren über Generatoren in elektrische Energie umgewandelt, mit der ein oder mehrer Elektromotoren für den Antrieb versorgt werden. Eine Variante ist der Wellengenerator. Mit variabler Drehzahl kann er entweder als Generator zur Stromerzeugung oder als Motor eingesetzt werden.

Die Vorteile diesel-elektrischer Systeme sind ein geringerer Treibstoffverbrauch (5-20 %), zudem können Vibrationen und Geräuschpegel reduziert werden.

Hybrid-Antrieb

Echte Hybridschiffe haben zwei unab­hängige Antriebssysteme, die entweder gemeinsam zur Abdeckung von Lastspitzen oder aber gänzlich getrennt voneinander eingesetzt werden können. Zusätzlich zum Verbrennungsmotor sind Batterien an Bord installiert, die überschüssige Leistung speichern oder aber abgeben können. Die Systeme wurden in den vergangenen Jahren technisch weiterentwickelt, das gilt sowohl für die Leistungsfähigkeit der heute verwendeten Lithium-Ionen-Batterien als auch für das elektronisch gesteuerte Energie- und Motorenma­nagement. Moderne Schiffe wie die Hybrid-Fähren von Scandlines können etwa 30 min lang rein elektrisch fahren, zum Beispiel bei Hafenanläufen.

Neue Energiequellen

In Zukunft könnte der Elektromotor auf andere Art mit Energie versorgt werden: Neben alternativen Kraftstoffen wie Methanol, Ethanol, Ammoniak, Bio-Gas oder synthetischem Diesel rückt zunehmend die Brennstoffzelle in den Fokus. Energieträger wie Wasserstoff (H₂), Ammoniak (NH3) oder Methanol (CH4O) werden bei der »kalten Verbrennung«, einem elektrochemischen Prozess, mit Sauerstoff zusammengeführt und erzeugen dabei Strom. Erste Projekte sind das Schubschiff »Elektra« auf der Elbe, ein Aida-Kreuzfahrtschiff sowie ein Yacht-Neubau von Lürssen.