Spotmarkt, KW 27-21
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Die beispiellose Raten-Hausse in der Containerschifffahrt strahlt immer stärker in benachbarte Segmente aus. Für Mehrzweckfrachter und auch Kühlschiffe ging es diese Woche weiter bergauf.

[ds_preview]Jahrelang gruben die Container-Carrier den konventionellen Carriern Ladung und Marktanteile ab. Damit ist jetzt erst einmal Schluss. Angesichts der drastischen Kapazitätsengpässe im Zuge der Erholung des Welthandels bei anhaltenden Produktivitätseinbußen aufgrund der Pandemie gibt die Containerschifffahrt nun selbst Marktanteile an andere Schifffahrtssegmente ab.

Sowohl für Handy-Bulker, Mehrzweck-Schwergutfrachter als auch konventionelle Kühlschiffe gibt es derzeit viel Neugeschäft. Entweder die Carrier in diesen Sparten übernehmen Frachtgut auf konventionelle Weise, welches vorher containerisiert war. Oder konventionelle Frachter gehen in Charter an Container-Linienreedereien, um Container zu befördern, die sonst stehen bleiben müssten.

»Der Container ist jetzt der Haupttreiber für unseren Markt«, erklärt ein auf MPP und Schwergut spezialisierter Makler gegenüber der HANSA. Da immer wieder Schiffe aus dem Segment für einzelne Trips oder kürzere Perioden in die Containerfahrt gehen, habe sich der Mangel an Charterschiffen für die Projekt- und Breakbulk-Carrier über die Wochen weiter zugespitzt.

Raten für MPP-Schiffe schießen nach oben

Um sich Tonnage zu sichern, müssen Befrachter aus dem Projektsegment Raten aufbieten, die es mit den sehr hohen Offerten der Container-Carrier aufnehmen können. In der Folge hat der Toepfer Multipurpose Index (TMI) für die Zwölf-Monats-Raten der 12.000-Tonner mit Schwergutgeschirr diesen Monat erneut einen Satz um 9% auf 11.225 $/Tag gemacht. Zuletzt waren solche hohen Tagessätze Anfang 2010 geschlossen worden – für die »Beluga Elegance« und die »Beluga Efficiency«, wie sich Toepfer-Researchleiter Yorck Niclas Prehm erinnert.

Derzeit werden aber im Prinzip gar keine Mehrzweckfrachter für längere Perioden angeboten. Stattdessen bevorzugen die Reeder Einzeltrips oder kurze Laufzeiten, »um nach Rücklieferung der Schiffe den nächsten Schritt nach oben mitnehmen zu können«, so ein anderer Makler. Gerüchten zufolge hat ein 12.000-Tonner mit Schwergutgeschirr 20.000 $/Tag für 2-3 Monate mit Anlieferung und Rücklieferung in Singapur geschlossen. Da die Frachtraten für einzelne Partien aber noch stärker gestiegen sein sollen, bleibt für den Charterer sicher ein hübscher Profit übrig.

Aus der Branche ist zu hören, dass Mehrzweckfrachter bei Breakbulk-lastigem Geschäft aus Asien heraus in Richtung Nordamerika und zurück Tageseinnahmen (Zeitcharter-Äquivalent) von über 30.000 $/Tag generieren sollen. Größere Schiffsklassen profitieren genauso von der Tonnage-Verknappung. So wird berichtet, dass sich die Marktraten für 28.000-Tonner (Tweendecker) in Asien binnen drei Monaten auf rund 28.000 $/Tag für 6-9 Monate verdoppelt haben. Die großen Einheiten verzeichnen zusätzlich starke Nachfrage aus dem Segment der Windenergieanlagen, weil viel Ladung für Projekte in Asien, Nordamerika und Europa zeitgleich auf den Markt gekommen sein soll.

Renaissance für Kühlschiffe

Unterdessen erleben die konventionellen Kühlschiffe eine ungeahnte Renaissance, weil es in allen Regionen an Kühlcontainern fehlt. Zahlreiche Ladungsgeschäfte, die über die Jahre in den Container gewandert waren, kommen nun zurück. Berichten zufolge wurden in den vergangenen zwei Monaten rund ein Dutzend Kühlschiffe für Fleischverladungen ex Brasilien gechartert. »Trotzdem stehen viele kleinere Händler auf dem Schlauch und bekommen keine Kapazität für ihre Lieferungen«, so ein britischer Makler.

Der Seafield Reefer Index von Irish Shipbrokers schoss seit Anfang Mai um ein Drittel auf 1.754 Punkte hoch. Kleinere Reefer-Schiffe (270.000 cbft) werden am Chartermarkt aktuell zu über 1 $/cbft (für 30 Tage) gehandelt, große (450.000 cbft) für 0,90 $/cbft. Vor einem Jahr um diese Zeit lagen die Märkte rund 20% (kleine Schiffe) und rund 40% niedriger. Andere Quellen berichten, dass selbst große etablierte Verlader für Zitrusfrüchte in Südafrika oder Kiwis aus Neuseeland erhebliche Schwierigkeiten haben, Schiffe für ihre Lieferungen zu bekommen.

Die kleineren Bulkerklassen verzeichnen laut einer Untersuchung von Peter Döhle eine Schwemme von Frachtgut aus ehemals containerisierten Verkehren, die alle Zuwächse aus dem Erz- oder Getreidesektor in den Schatten stellt. In den vergangenen zwölf Wochen seien auf diese Weise rund 60 Mio. t Ladung zusätzlich in den Bulkermarkt geströmt – mehr als die Hälfte des gesamten Ladungswachstums in diesem Zeitraum, heißt es im Maritime-Overview-Report von Doehle.

Diese Woche erzielten die Handies (38.000 tdw) eine Verbesserung von 6% auf ihre Zeitcharterrate im Trip-Business – auf 29.720 $/Tag. Die größten Steigerungen gab es in Asien, wo laut Doehle auch der Zustrom von Ladung aus dem Containersektor am stärksten ist.

Insgesamt bewegte sich der Dry-Bulk-Markt eher seitwärts. Der Baltic Dry Index kletterte leicht auf 3.300 Punkte. Capesize-Typen (180.000 tdw) verbesserten sich leicht auf 31.000 $/Tag, wohingegen die Durchschnittsraten der Panamaxe und Supramaxe etwas nachgaben, auf 36.900 und 31.800 $/Tag.

Woche zum Abhaken für Tanker

Für den Chartermarkt der Rohöltanker war es dagegen wieder eine Woche zum Abhaken. Bei mäßiger Nachfrage im Persischen Golf und langen Tonnage-Listen östlich und westlich von Suez lagen die durchschnittlichen Spot-Einnahmen der VLCC mit 2.700 $/Tag (ältere Schiffe) nahezu unverändert zur Vorwoche. Auch ältere VLCC, die mit Scrubbern aufgerüstet wurden, kommen mit durchschnittlich 7.800 $/Tag nicht einmal auf ihre Betriebskosten. Für die Suezmaxe ging es um 20% auf nur noch 4.100 $/Tag weiter runter. Die Aframaxe konnten sich bei rund 6.300 $/Tag behaupten.

Das Scheitern der OPEC-Gespräche diese Woche hat die Hoffnungen abermals gedämpft, weil nun fraglich ist, ob das Kartell und seine Verbündeten ab August noch mehr Öl pumpen und exportieren werden – oder nicht. (mph)