Emissionen, Abgas, Schiffsemissionen
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Mit ihrem »Fit for 55«-Maßnahmenpaket will die EU den CO2-Ausstoß bis 2030 um 55% unter den Wert von 1990 drücken. Betroffen ist auch die Schifffahrt.

[ds_preview]Die Behörde schlägt vor, acht Gesetze zu verschärfen und vier neue zu beschließen. Die geplanten Maßnahmen betreffen zu einem wesentlichen Teil auch die deutsche Seeschifffahrt. Alfred Hartmann, Präsident des Verband Deutscher Reeder (VDR), begrüßte den Ansatz, die Schifffahrt in Europa emissionsärmer zu machen.

Emissionshandel für Schiffe >5.000 BRZ

Demnach soll der Geltungsbereich des europäischen Emissionshandelssystems (EU-EHS) ab 2023 auf alle Schiffe >5.000 BRZ ausgeweitet werden, unabhängig davon, welche Flagge sie führen. In der Praxis müssen Schifffahrtsunternehmen EHS-Zertifikate für jede Tonne CO2 kaufen und abgeben. Dies betrifft zu 100% die Emissionen aus Fahrten innerhalb der EU, zu 50% die Emissionen aus Fahrten, die außerhalb der EU beginnen oder enden, sowie die an den Liegeplätzen in EU-Häfen anfallenden Emissionen.

EU setzt auf Anreize und Sanktionen

Nach dem Vorschlag würde das EU-EHS etwa zwei Drittel der Emissionen aus dem Seeverkehr (90 Mio. t CO2) abdecken. Davon erhofft sich die EU Anreize für eine Verbesserung der Energieeffizienz und für die Entwicklung CO2-armer Technologien. Im ebenfalls vorgelegten Vorschlag »FuelEU Maritime« schlägt die Kommission vor, die Nutzung alternativer CO2-armer Treibstoffe im Seeverkehr zu erhöhen, um Schadstoffbelastung schneller zu senken.

Die Mitgliedstaaten sind für die Einhaltung der Vorschriften zuständig. Zusätzlich zu den Sanktionsmöglichkeiten des EU-EHS kann Schiffen der Zugang zu EU-Häfen verweigert werden, wenn das verantwortliche Schifffahrtsunternehmen die erforderlichen Zertifikate für zwei oder mehr aufeinanderfolgende Jahre nicht abgegeben hat.

Übergangsphase 2023-2026

Um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten, müssen Schifffahrtsunternehmen während einer anfänglichen Übergangsphase bis 2026 nur für einen Teil ihrer Emissionen Zertfikate einlösen. Im ersten Jahr sind es 20%, danach 45% in 2024 und 70% in 2025. Danach muss der Schadstoffausstoß zu 100% abgedeckt sein. 

Für die Verwaltung des Systems werden Schifffahrtsunternehmen einer Verwaltungsbehörde eines Mitgliedstaats zugeordnet, die die Einhaltung der Vorschriften unter Anwendung der gleichen Regeln wie für die anderen Sektoren sicherstellt. Zusätzlich zu den Sanktionsvorschriften des EU-EHS kann Schiffen der Zugang zu EU-Häfen verweigert werden, wenn das verantwortliche Schifffahrtsunternehmen die erforderlichen Zertifikate für zwei oder mehr aufeinanderfolgende Jahre nicht abgegeben hat.

VDR vermisst global geltende Regelung

Der VDR erinnerte noch einmal daran, dass die Reeder eine globale Regelung über die IMO gegenüber einer regionalen Lösung auf EU-Ebene vorgezogen hätten. Statt der Teilnahme an einem volatilen Emissionshandel hätten die Reeder eine feste Abgabe pro Tonne Brennstoff vorgezogen, weil sie Preisstabilität und damit Planbarkeit für Unternehmen bieten würde. In etwa vergleichbar mit den Kosten der weltweiten Einführung neuer, noch schwefelärmer Treibstoffe (IMO 2020) die derzeit zu erwartende Höhe der Emmissionsabgaben eine erhebliche finanzielle Belastung dar.

Im Blick auf den geplanten EU-Emissionshandel sagte der VDR-Präsident: »Wir drängen darauf, dass die EU ihr regionales System so gestaltet, dass es ohne große Anpassungen auf ein System, das die IMO absehbar mit weltweiter Geltung beschließen wird, übertragbar ist.«

Schiffseigner sollen zahlen

Der VDR plädiert zudem dafür, das so genannte »Polluter pays«-Prinzip vollständig anzuwenden, wonach wie auch in anderen Sektoren der direkte Verursacher der Emissionen für den Emissionshandel verantwortlich ist. Die EU plant, die Schiffseigner und nicht etwa die Charterer zur Kassen zu bitten. »Wer den Treibstoff kauft und den Kurs des Schiffes bestimmt, sollte folgerichtig auch die Klima-Aufschläge zahlen«, sagt dagegen Hartmann.

Der VDR-Präsident warnte zugleich davor, mit den Einnahmen aus einem Emissionshandel andere Löcher des EU-Haushalts zu stopfen. Die Erlöse aus einem Emissionshandel sollten vielmehr in einen Fonds für die Forschung und Entwicklung marktreifer alternativer Kraftstoffe gehen. Denn die europäische Schifffahrt müsse trotz der erheblichen Mehrbelastungen durch die EU-Maßnahmen weiterhin wettbewerbsfähig bleiben.

Schließlich mahnt der Reederverband Verbesserungen bei der sogenannten »FuelEU-Initiative« an. Es dürfe nicht die Schifffahrt in die Verantwortung genommen werden, sondern die Europäische Union solle Treibstoff-Standards vorgeben, an die sich Lieferanten innerhalb der EU zu halten haben. Hartmann: »Das würde die Nachfrage nach solchen Treibstoffen steigern – was ja das Ziel dieses Vorhabens sein sollte.«

Emissionshandel

Das EU-EHS ist ein Handelssystem mit festen Obergrenzen (cap and trade). Das Gesamtvolumen der Emissionen bestimmter Treibhausgase (THG) wird durch eine Obergrenze (cap) beschränkt. Die Obergrenze wird im Laufe der Zeit verringert, sodass die Gesamtemissionen zurückgehen. Für jede in der EU ausgestoßene Tonne CO₂ müssen Unternehmen unterhalb dieser Obergrenze Zertifikate erwerben oder mit anderen Marktteilnehmern handeln.