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In einem Brandbrief an die Bundesregierung warnen die maritimen Verbände in Deutschland vor einem Kahlschlag in der Finanzierung. Grund sind Pläne der EU zur »Taxonomie«.

[ds_preview]Im Rahmen ihres »Green Deal« will die EU-Kommission neue Kriterien für nachhaltige, also »grüne« Investitionen definieren. Staatliche Förderprogramme und Beihilfen sowie Kredite sollen danach künftig an den CO2-Ausstoß gekoppelt werden. Die EU-Kommission hatte im April erstmals Details zur sogenannten »Taxonomie«-Verordnung präsentiert.

Die maritimen Verbände in Deutschland sehen dadurch die Klimawende in der Schifffahrt als akut gefährdet an. In einem Brandbrief an die Bundesregierung setzen sich insgesamt acht Verbände aus der See- und Binnenschifffahrt dafür ein, die entsprechenden maritimen Regeln in Brüssel noch zu stoppen und zu überarbeiten.

Denn nach den Plänen der EU sollen ab 2026 nur noch Schiffe als nachhaltig gelten, die keinerlei CO2 mehr an die Umwelt abgeben. »Der Ansatz, Schiffsemissionen ausschließlich am Schornstein und nicht die Klimaneutralität eines Antriebskonzeptes zu bewerten ist falsch und wird der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der maritimen Wirtschaft schweren Schaden zufügen«, heißt es in dem Schreiben, das der HANSA vorliegt.

Die Verbände sehen die Gefahr, dass im Zuge der neuen Taxonomie-Regelung die Finanzierungsinstrumente der öffentlichen Hand und EU-Beihilferegeln verschärft werden und Schiffsfinanzierungen, Bauzeitfinanzierungen für die Werften oder die staatliche Förderung schadstoffarmer Treibstoffe nicht mehr möglich sind. »Wir registrieren bereits, dass Finanzierungsinstrumente für Hermes-Bürgschaften oder bei der KfW-IPEX an die Taxonomie-Regelungen adaptiert werden sollen«, heißt es in dem Brief. 

Der von der maritimen Wirtschaft kritisierte »Schornstein-Ansatz« reduziere das künftige Kraftstoffportfolio der Schifffahrt ausschließlich auf Wasserstoff, Ammoniak und Batteriestrom. Das aber seien Die Verwendung von Bio-Kraftstoffen und klimaneutralen Treibstoffen wie zum Beispiel synthetischem Methanol würden dagegen verhindert. Eine technologieoffene Förderung von Energieeffizienz-Technologien werde dann unmöglich. Die Regelung würde unter anderem das Aus für die erst jüngst aufgestockte Bundesförderung für LNG als Brückentechnologie bedeuten. 

Wasserstoff und Batterien seien aufgrund ihrer geringe Energiedichte kaum für Schiffe im Langsteckenverkehr geeignet und stellten bestenfalls im Kurzstreckenverkehr und auf Binnenwasserstraßen eine denkbare technische Lösung dar – betriebswirtschaftlich seien sie allerdings in der Regel bislang keine Alternative zu herkömmlichen Antriebssystemen. Darüber hinaus sei nicht zu erwarten, dass bis Ende 2025 ausreichende Mengen von grünem Wasserstoff und Ammoniak sowie die nötige Logistik und Versorgungsinfrastruktur aufgebaut werden können.

Bio- oder synthetsiche Kraftstoffe seien hingegen aufgrund ihrer höheren Energiedichte und geringerer Sicherheitsanforderungen deutlich besser für maritime Anwendungen geeignet und bereits überwiegend mit hohem Aufwand seitens der Industrie und der öffentlichen Hand zur Marktreife entwickelt worden.

Die Anwendung der vorliegenden Taxonomie-Kriterien kann nur noch durch ein Veto seitens des Europäischen Parlaments oder des Europäischen Rates verhindert werden. »Leider lässt die Bundesregierung bislang nicht erkennen, eine entsprechende Initiative ergreifen oder unterstützen zu wollen«, schreiben die Verbände. Ohne eine umgehende grundlegende Überarbeitung der maritimen Kriterien würde durch die Taxonomie-Verordnung die maritime De-Industrialisierung Europas eingeleitet. 


Zu den Unterzeichnern gehören folgende Verbände: VDR, VSM, VDMA, ZDS, BDB, BDS, BÖB und VBW