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Sind das die ersten Effekte des vollmundig angekündigten Projekts »Deep Blue« der nigerianischen Regierung? Zehn Piraten sind in Lagos zu langen Haftstrafen verurteilt worden.[ds_preview]

Ein Bundesgerichtshof der Hafenmetropole hat zehn Piraten zu jeweils zwölf Jahren Haft verurteilt, weil sie im Mai 2020 das chinesische Fischereischiff »Hai Lu Feng II« gekapert hatten. Zudem muss jeder der Männer eine Geldstrafe von umgerechnet rund 2.050 € zahlen.

Als Begründung für das Urteil wurde unter anderem angeführt, dass er Angriff auf das Schiff »das Wohlergehen aller Nigerianer und das Ansehen des Landes« beeinträchtige. Die Staatsanwaltschaft habe zweifelsfrei dargelegt, dass die allesamt aus Nigeria stammenden Piraten schuldig seien.

Golf von Guinea, Piraten, Piracy
© Dryad Global

Sie waren im Juli des vergangenen Jahres wegen der Entführung des Schiffes in internationalen Gewässern vor der Küste der Elfenbeinküste angeklagt. Die Piraten plädierten auf »nicht schuldig« und wurden in Gewahrsam der nigerianischen Marine genommen. Im Verlauf des Prozesses hatten Regierungsvertreter das Gericht aufgefordert, den Fall zu nutzen, »um eine deutliche Botschaft an die Piraten zu senden, dass Nigeria solche kriminellen Aktivitäten, die große Auswirkungen auf das Land haben, nicht dulden wird«, heißt es in lokalen Medien.

Nigeria gilt derzeit weiter als der weltweite Hotspot der Piraterie. Die Lage am Golf von Guinea ist komplex, die Piraterie hat viele soziale und ökonomische Ursachen und der Regierung ist es bislang nicht gelungen, das Problem zu lösen. Eine internationale Militär-Allianz, wie sie vor Somalia geholfen hatte, ist allerdings nicht in Sicht. Die internationale Gemeinschaft hofft aktuell darauf, dass die jüngsten Anstrengungen der Regierung Nigerias Früchte tragen. Zentrales Element ist das Programm »Deep Blue«. Zu den Bestandteilen von »Deep Blue« gehört eine zentrale Kommando- und Kontrollstelle in Lagos, die den 24/7-Einsatz von zwei Spezialschiffen, zwei Flugzeugen, 17 bis zu 50 kn fahrenden Schnellbooten, drei Helikoptern und vier Drohnen sowie 16 gepanzerten Landfahrzeugen überwachen soll. Eine spezielle »Maritime Security Unit« soll aus 600 Personen bestehen. Beteiligt sind das Verkehrs- und das Verteidigungsministerium, Luftwaffe, Marine, Polizei und »andere Sicherheitsbehörden«. Präsident Muhammadu Buhari zeigte sich jüngst bei der Verkündung zuversichtlich, »dass diese robuste maritime Sicherheitsarchitektur die Fähigkeit zur Kontrolle des maritimen Bereichs und die Strafverfolgung verbessern wird.« Er sieht darin sogar das Potenzial, zu einem »Maßstab« für die Staaten am Golf von Guinea zu werden, »um weitere innovative Strategien zu entwickeln und die Bemühungen mit dem bestehenden Rahmen abzustimmen.« Der Branchendienst Dryad sieht genau darin einen entscheidenden Punkt: »Echter Erfolg wird sich nur einstellen, wenn die Anwohnerstaaten ein System kollektiver Sicherheitspolitik effektiv umsetzen.« Ansonsten laufe man Gefahr, die Piraterie lediglich in jeweils andere Gewässer zu verschieben. Außerdem, so die Sicherheitsexperten in einer Analyse, sei eine Bekämpfung der großen sozioökonomischen Probleme und der Aufbau einer effektiven Strafverfolgungspolitik an Land unerlässlich, um die Piraterie zu beenden.