Dirk Harms © Bredo
Dirk Harms © Bredo
Print Friendly, PDF & Email

Obwohl Schlüsselakteure bei der Dekarbonisierung, können sich Umbauwerften kaum auf neue Technologien ausrichten. Dirk Harms, Geschäftsführer der Bredo Dry Docks, sagt, dazu müssten beispielsweise Fördermittel an eine Wertschöpfung in Inland gekoppelt sein

Typischerweise werden Werften in unserem Geschäftsfeld als Reparaturwerften bezeich[ds_preview]net, als Abgrenzung zu den Neubauwerften. Es ist aber definitiv so, dass wir viel mehr machen als Reparatur«, sagt Bredo-Geschäftsführer Dirk Harms im Gespräch mit der HANSA. Die klassische Reparatur mache vielleicht 20 bis 25 % der Auftragsumfänge aus. Die Reedereien kämen ja insbesondere, um geplante Instandsetzungen vorzunehmen. Dazu kämen Umbauten und Anpassungen der Schiffstechnik an neue Vorschriften. »Wir müssen uns immer an der Technik der Schiffe orientieren und auch unsere Beschäftigen in diese Richtung immer wieder qualifizieren.« Hier sieht er den Sektor von der Politik vernachlässigt. Dabei komme gerade den Reparatur- und Umbauwerften bei der Dekarbonisierung der Schifffahrt eine besondere Rolle zu: »Die Vorgaben zur Reduktion von Treibhausgasemissionen durch die EU und die Bundesregierung im Schifffahrtsbereich lassen sich nur umsetzen, wenn sowohl für die Neubautonnage als auch für die Schiffe in Fahrt die entsprechenden Fachbetriebe da sind.«

Ohne Werften kein Zulieferernetz

Einige Hafenbereiche um Deutschland herum seien in diesem Bereich schon verwaist, hier hätten Reeder kaum noch die Möglichkeit, ihre Schiffe instand zu halten oder umzubauen. »Wir profitieren davon, wenn ein Schiff in Rotterdam, Antwerpen oder in Frankreich vom Charterer für die Dockung freigegeben und dann bis nach Deutschland überführt wird. Die Infrastruktur über Europa hinweg hat deutlich abgenommen«, sagt Harms. »Wir haben einen guten Zustrom an Aufträgen, gute Kundenbindung und eine sehr gute Auftragslage«, berichtet er, ein Ausdünnen der Werftinfrastruktur sei aber keineswegs Anlass zur Freude. »Man kann vieles als Werft nicht allein bieten, da gibt es spezialisierte Subunternehmer und Fachfirmen, ein Riesennetzwerk. Jede Werft, die verschwindet, schmälert dieses Netzwerk. Wir schauen nicht mit Häme oder Genugtuung darauf, wenn irgendwo eine Werft schließen muss. Das ist ein großer Verlust für die gesamte Branche«, sagt Harms. Denn auch die Zulieferer bräuchten die Bandbreite und Durchmischung der Aufträge einer Vielzahl von Werften.

Neue Regularien, die Nachrüstungen erfordern, seien dabei »nicht der Heilsbringer«, danach richte man keine Geschäftsstrategie aus, sagt er. Gleichwohl erfordern insbesondere neue Antriebskonzepte und Kraftstoffe entsprechende Fähigkeiten und Know-how, wirtschaftlich eine Gratwanderung. »Neue Technologien, Ingenieurleistung, die ich dem Kunden vielleicht noch nicht mal in Rechnung stellen kann, das muss ich mir leisten können«, so Harms. Eine Werft brauche eine Grundauslastung, dann könne sie sich zusätzlich um neue Technologien kümmern, »eventuell mal ein Forschungsvorhaben mitbetreiben. Ich kann eine Werft nicht auf neue Technologien ausrichten, das funktioniert nicht«, sagt er. Das scheine aber die Vorstellung der Politik zu sein, meint er mit Blick auf die 12. Nationale Maritime Konferenz (s. HANSA 06/2021), wo die Hochtechnologie als Zukunft der deutschen Werften gepriesen wurde. »Wer fordert, dass sich Unternehmen, die jetzt schon einen schweren Stand haben, noch auf neue Technologien orientieren sollen, hat Grundlegendes nicht verstanden«, meint Harms. Werften, die sich in diese schwierigen Geschäftsfelder hineingewagt hätten, hätten das teils mit dem Leben bezahlt. Tatsächlich sei Hochtechnologie das, womit sich Deutschland als Hochlohnland im Markt halten könne. Nichtsdestotrotz agierten Werften nach betriebswirtschaftlichen Kennzahlen. »Was da geschaffen wird an Know-how, muss irgendjemand bezahlen. Wenn es der Reeder nicht bezahlt, insbesondere im frühen Projektstadium, wo noch Know-how aufgebaut werden muss, muss jemand anderes die Kosten tragen.«

Reparaturwerften ohne Lobby

Für diese Lücke in der Bewertung der Werften macht der Bredo-Geschäftsführer auch das Fehlen einer echten Lobby in der Politik verantwortlich. Das hänge vielleicht auch mit dem Begriff Reparaturwerften zusammen. »Die Politik hat es noch nicht verstanden, dass die Werften, die nicht Neubau machen, eine Schlüsselstellung in dieser Technologieentwicklung haben«, sagt er.

Doch wie kann das gelingen? Harms, zum Zeitpunkt des Gesprächs mit der HANSA noch Vorsitzender der SEA Europe Ship Maintenance, Repair & Conversion (SMRC), einer Arbeitsgruppe des europäischen Werften- und Zuliefererverbands SEA Europe, berichtet, dass es auch seinen europäischen Kollegen um die gleichen Themen geht. Gefordert werden finanzielle Anreize, um sicherzustellen, dass Aufträge wieder in Europa platziert werden. Diese müssten aber an Bedingungen geknüpft sein: »Es müssen Anreize geschaffen werden, damit europäische Steuergelder auch in Europa bleiben. Das heißt, dass die Hauptwertschöpfung auch in Europa bleibt«, sagt Harms. Umbauten, die durch die Förderung initiiert werden sollen, müssten hier stattfinden »und zwar zu einem nennenswerten Anteil der Wertschöpfung.« Zu oft würden Lücken in der Formulierung von Förderrichtlinien genutzt. So werde der eigentliche Gedanke dahinter umgangen. Die Forderung richtet Harms sowohl an Deutschland als auch an die Europäische Union. fs