Jürgen und Regina Fette arbeiten ständig an der Erweiterung des Schiffswörterbuchs © Fette
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Wer Fachausdrücke aus der Schiffstechnik übersetzen musste, für den war lange der »Dluhy« als deutsch-englisches Fachwörterbuch das Mittel der Wahl. Mit der rasanten technischen Weiterentwicklung war das zuletzt [ds_preview]1982 aktualisierte Buch nicht mehr up-to-date, viele neue Wörter fehlten.

Vor diesem Problem stand 2006 Jürgen Fette, der mit seinem Ingenieurbüro im Auftrag des Germanischen Lloyds die neuen Common Structural Rules für Doppelhüllen-Tanker und -Bulker aus dem Englischen ins Deutsche übersetzen sollte. »Wir haben innerhalb eines Jahres etwa 60.000 Zeilen übersetzt. Dabei standen wir vor dem Problem, dass viele schiffstechnische Ausdrücke nicht als deutsche Übersetzung zu finden waren«, erzählt Fette im Gespräch mit der HANSA. »Und das Internet war 2006 noch nicht das, was es heute ist«, sagt er. Das verkomplizierte die Arbeit, es musste viel gesucht, Hersteller mussten befragt werden.

Den »Dluhy« aktualisieren?

Damit war klar, ein aktuelles Wörterbuch muss her. Sollte man den Dluhy aktualisieren? Bei wem lagen überhaupt die Rechte an dem Buch, das es nur noch in einer On-Demand-Version zu beziehen gibt? Über Kontakte in der Schiffbautechnischen Gesellschaft (STG) konnte Fette schließlich den Rechteinhaber aufspüren. In einem Meeting an der TU Hamburg, an dem auch die HANSA beteiligt war, sollte schließlich das weitere Vorgehen erörtert werden. »Die Professoren fanden eine Neuauflage wünschenswert, die Verlagsexperten machten aber klar, dass sich das in Buchform wohl nicht lohnen würde«, erzählt Fette. Denn in Fachkreisen sei man nur noch elektronisch unterwegs. Ein virtuelles Wörterbuch war also gefragt.

Glücklicherweise lag das Buch über Books on Demand bereits als PDF vor, nun begann die Arbeit des Umwandelns der Scan-Dateien und der Aufarbeitung von Wörtern, Übersetzungen und Verweisen für das neue Format. »Ein Buch funktioniert eben völlig anders als eine Datenbank«, sagt Fette, der den Sohn seiner Nachbarn für das Projekt gewinnen konnte, welcher sich in seiner Diplomarbeit mit dem Thema beschäftigte.

Mit Hilfe seiner Frau und zweier Schülerinnen machte sich Fette anschließend daran, die 200.000 Einträge umzuwandeln und zu übersetzen. Hinzu kamen noch 20.000 neue Einträge. »Dann haben wir eine durchsuchbare Datenbank für den Online-Gebrauch programmieren lassen. Das erhoffte große Geschäft war es trotz großem Interesse aber leider nicht«, berichtet Fette. Kunden waren hauptsächlich Hochschulen. Als Fette mit seinem Ingenieurbüro Mitglied des Maritimen Clusters Norddeutschland (MCN) wurde, hatte er die Möglichkeit, das Projekt bei Messen zu präsentieren. Schließlich konnte man Unis und Fachhochschulen das Wörterbuch mit Unterstützung von Unternehmen frei zugänglich machen.

Denn ein Fachwörterbuch werde auch in Zeiten von Google und Co. gebraucht, sagt Fette: »Die Online-Übersetzungshilfen haben die Fachwörter nicht, es kommen falsche Übersetzungen oder mehrere Bedeutungen heraus.«

Jeden Monat ein neues Thema

Noch immer wächst das Wörterbuch. Jeden Monat nehmen sich Fette und seine Frau ein neues Thema vor, suchen die relevanten Fachausdrücke und übersetzen sie. Zuletzt wurden »Green Shipping«, »Green Harbour« und »3D-Druck« beackert. Je nach Thema kommen mal 25, mal 200 neue Wörter hinzu. Dabei werden regelmäßig auch Unternehmen der betreffenden Branchen um Listen mit Fachtermini und Übersetzungen gebeten. »Das macht Spaß, die meisten Firmen sind da auch sehr offen«, sagt Fette. Als nächstes Themengebiet, das für das Schiffswörterbuch aufbereitet werden soll, hat er »Dekarbonisierung« ausgemacht. Auch hier hofft Fette wieder auf rege Beteiligung aus der Branche, ebenso wie für die eher liebhaberisch und mit einem Augenzwinkern geführte Schiffstypenfotosammlung auf seiner Seite www.schiffswoerterbuch.com