Mike Corrigan (© Interferry)
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Die Industrie der Fährreedereien kritisiert eine aus ihrer Sicht geringe politische Wertschätzung. Eine neue Studie soll Argumente liefern, die Branche stärker zu unterstützen.[ds_preview]

Um den tatsächlichen volkswirtschaftlichen Wert der Fähren-Branche zu ermitteln, war das britische Beratungsunternehmen Oxford Economics vom Reeder-Verband Interferry mit einer entsprechenden Studie beauftragt worden. Einige der Ergebnisse wurden jetzt auf der jüngsten Interferry-Konferenz vorgestellt. Schon im Vorfeld der Konferenz hatte Branchenchef Mike Corrigan im exklusiven HANSA-Interview die Bedeutung der Branche und ihre Anstrengungen für eine nachhaltigere Schifffahrt betont.

Die Untersuchung bezieht sich auf die Zeit unmittelbar vor Ausbruch der Corona-Pandemie und greift auf Daten von 260 Reedern und Zulieferern in 40 Ländern sowie Drittquellen zurück. Demnach beförderten Fähren im Jahr 2019 weltweit 4,27 Milliarden Passagiere – »genauso viele wie in der Luftfahrt« – und 373 Millionen Fahrzeuge. Eingesetzt wurde dabei eine Flotte von 15.400 Schiffen. Die Branche bot den Angaben zufolge unter anderem 1,1 Millionen Arbeitsplätze, trug 60 Milliarden US-Dollar zum weltweiten BIP bei und machte etwa 20% des wirtschaftlichen Werts der Schifffahrt für die Europäische Union aus.

Überraschung selbst für Insider

Die Analysten benennen drei Hauptkanäle, über die die Fährindustrie die Wirtschaftstätigkeit und die Beschäftigung »ankurbelt«: die direkte Unterstützung durch die Industrie, die indirekte Unterstützung innerhalb der Lieferkette und die Unterstützung durch das Personal der Fähren und der Lieferkette, das sein Gehalt für Waren und Dienstleistungen ausgibt.

Interferry-CEO Mike Corrigan zeigte sich beeindruckt: »Wir wussten bereits, dass die Auswirkungen des Fährsegments weit über seinem Anteil liegt – es macht nur 3-5% der gesamten Schifffahrtsindustrie aus – aber das Ausmaß der Ergebnisse hat selbst erfahrene Insider überrascht.«

Der Branchenvertreter nahm die Ergebnisse zum Anlass, die Politik in die Pflicht zu nehmen: »Vielleicht bekommen wir jetzt die politische Aufmerksamkeit, die sich allzu oft eher auf Fluggesellschaften, Bahnbetreiber und den Straßenverkehr konzentriert. Es ist längst überfällig, dass die Regierungen und die Öffentlichkeit die enorme Rolle der Fähren im Personen- und Güterverkehr anerkennen.«

Ein wichtiger Aspekt für die Zukunft der Branche ist – wie in allen Segmenten – der Umstieg auf alternative Antriebe. Bei Fähren gilt die Elektrifizierung als wichtiges Element. Corrigan kündigte an, Regierungen, Häfen und Energieunternehmen auf die Seite der Schifffahrt zu ziehen, um eine angemessene Strominfrastruktur bereitzustellen, damit die Fähren angeschlossen werden können. »Ein einheitlicher Ansatz ist von entscheidender Bedeutung, um das Engagement der Reeder zu unterstützen, die von der IMO, der Europäischen Union und anderen Regulierungsbehörden festgelegten Emissionsreduktionsziele auf dem Weg zur Emissionsfreiheit zu erreichen.«


Interferry
© HANSA

In der aktuellen Oktober-Ausgabe der HANSA spricht Interferry-CEO Mike Corrigan exklusiv über seine Einschätzungen zur Branche. Fährreedereien seien gut gerüstet für die Zukunft. Anders als viele Kreuzfahrer kämen relativ viele Fährbetreiber relativ gut durch die Krise. Corrigan geht außerdem auf grüne Technologien und den Trend zur stärkeren Standardisierung im Schiffbau ein.