Frank Dreeke, Präsident des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe
Frank Dreeke, Präsident des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe. Foto: Wägener
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Trotz einem positiven Trend hat der Umschlag in den deutschen Häfen das Vor-Corona-Niveau noch nicht wieder erreicht. Von der neuen Bundesregierung erhofft sich die Hafenwirtschaft bessere Rahmenbedingungen und hat konkrete Forderungen.[ds_preview]

Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) hat heute die Bilanz für das erste Halbjahr vorgelegt. Offizielle Zahlen vom Statistischen Bundesamt zeigen, dass der Gesamtumschlag um 5,1% gegenüber dem Krisenjahr 2020 auf 142,6 Mio. t anstieg. Allerdings wurde auch deutlich, dass der Aufschwung noch nicht ausreicht. So wurde das Volumen aus dem Vor-Corona-Jahr noch verpasst. Seinerzeit waren rund 148 Mio. t umgeschlagen worden.

»Im laufenden Jahr haben wir eine Aufholbewegung im Welthandel und im Seegüterumschlag gesehen. Dank der Leistungsfähigkeit der Seehafenunternehmen und deren Mitarbeitenden konnten wir Boden gut machen. Für das Jahr 2022 rechnen wir mit einer weiteren Erholung«, sagte ZDS-Präsident Frank Dreeke.

»Entspannung frühestens Mitte 2022«

Der Manager betonte die Bedeutung der Häfen für den Welthandel und den Arbeitsmarkt sowie die Funktionsfähigkeit auch in Zeiten gestörter Lieferketten. »Das Wort Fahrplantreue kann man schon fast aus dem Wortschatz streichen«, sagte Dreeke mit Blick auf die Anlauf-Entwicklungen. Eine Entspannung erwartet er »frühestens Mitte 2022«.

Insgesamt müssten die Unternehmen und auch die Politik auch die Weichen stellen, um die Herausforderungen der nahen und fernen Zukunft bewältigen zu können. Dreeke sagte: »Wir schauen zwar optimistisch nach vorne, haben aber die vor uns liegenden Herausforderungen fest im Blick. Energiewende, Digitalisierung, schärferer Wettbewerb und Verwerfungen im globalen Handel sind für die Seehafenbetriebe direkt spürbar. Wir kommen am besten voran, wenn wir die Chancen, die sich aus der Transformation ergeben, erkennen und nutzen. Hierbei kann die Politik uns unterstützen.« Der Verband will sich »aktiv« einmischen, um die Verkehrsverlagerung auch auf politischem Terrain voranzutreiben.

Die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen für die Schifffahrt (insbesondere im Kartell-, Steuer- und Beihilferecht) müssen dringend überprüft werden

Der Verband erwartet von der Politik daher »weiterhin hohe Investitionen in die Verkehrs- und die Kommunikationsinfrastruktur, die Sicherstellung von fairen Wettbewerbsbedingungen und eine adäquate Förderkulisse zur Unterstützung der Energiewende in den Häfen.«

Der Bund müsse mehr als die bisherigen knapp 19 Mrd. € in zukunftsgerechte Schienen, Straßen und Wasserstraßen investieren. Zudem müsse die digitale Infrastruktur weiter ertüchtigt werden, auch in den Häfen und auf dem Wasser. Digitale Lösungen könnten die Effizienz und Nachhaltigkeit der Häfen steigern, so der ZDS. Um die Investitionen in Verkehrswege und digitale Infrastruktur umzusetzen, sollten zudem Planungskapazitäten erhöht und Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzt werden.

Fokus »Deutschland-Takt«

Ein großes Anliegen ist dem Verband und Dreeke die Bahn als Verkehrsträger. Gerne würden die Häfen den Anteil am Modal Split erhöhen. »Die gute Anbindung der Seehäfen an das Schienennetz ist ein Wettbewerbsvorteil der deutschen Häfen. Bei den Planungen zum Deutschlandtakt sollte der Schienengüterverkehr daher stärker berücksichtigt werden. Die Wettbewerbsfähigkeit des Logistikstandortes Deutschland sollte außerdem durch dauerhaft niedrige Trassenpreise erhöht werden«, hieß es heute.

Andere Ordnungspolitik

Die Hafenwirtschaft fordert faire Wettbewerbsbedingungen. Sowohl im Wettbewerb zwischen schiffsbasierten und landbasierten Logistikunternehmen als auch im Wettbewerb zwischen Hafenstandorten. Es müsse einen für alle Marktteilnehmer fairen Rahmen geben, der von der Politik abgesteckt wird. Ein Beispiel: die deutsche Vorgehensweise beim Erhebungsverfahren zur Einfuhrumsatzsteuer sollte nach Ansicht der Branche weiter optimiert und das Verrechnungsmodell, wie es in fast allen anderen EU-Staaten eingesetzt wird, eingeführt werden. »Zudem müssen die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen für die Schifffahrt (insbesondere im Kartell-, Steuer- und Beihilferecht) dringend überprüft werden«, so eine deutliche Forderung.