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Die noch zu bildende neue Bundesregierung wird von der Offshore-Wind-Branche in die Pflicht genommen, die Energiewende energischer voranzutreiben und damit die Chancen und Rahmenbedingungen für die Industrie zu verbessern.[ds_preview]

Der fortschreitende Klimawandel mache es notwendig, vorhandene Potenziale der Windenergie auf See zu nutzen, hieß es kürzlich seitens des Windindustrie- und Wasserstoffverbands WAB anlässlich der internationalen Branchenkonferenz Windforce in Bremerhaven. Wenige Tage nach der Bundestagswahl wurde der noch amtierenden Bundesregierung eine Liste von Botschaften zur Zukunft der Wind- und Wasserstoffindustrie überreicht.

Abstract: Offshore homework for new German government

The new federal government, which has yet to be formed, is being called upon by the offshore wind industry to drive the energy transition forward more vigorously and thus improve the opportunities and framework conditions for the industry. The advancing climate change makes it necessary to use the existing potential of offshore wind energy, the wind industry and hydrogen association WAB recently said on the occasion of the international conference Windforce in Bremerhaven. A few days after the Bundestag elections, a list of messages on the future of the wind and hydrogen industries was presented to the German government still in office.

Im Fokus der diesjährigen Windforce stand die internationale nachhaltige Entwicklung der Zulieferindustrie für Offshore-Wind und »grünen« Wasserstoff. Die WAB mit Sitz in Bremerhaven ist bundesweiter Ansprechpartner für die Offshore-Windbranche, das Onshore-Netzwerk im Nordwesten und fördert die Produktion von grünem Wasserstoff aus Windstrom. Dem Verein gehören rund 250 Unternehmen und Institute an.

Die Botschaften enthalten unter anderem den Vorschlag für ein Zwischenziel für den Offshore-Wind-Ausbau von 35 GW bis 2035, zu dem der Bedarf an »grünem« Wasserstoff aus Windenergie auf See hinzukommen sollte. Das Ziel: auch hierzulande durch rasche Ausschreibungen und neue Vertragsabschlüsse wieder für mehr Beschäftigung und Wertschöpfung zu sorgen.

Investoren im Blick

Die Windenergie an Land, die Erforderlichkeiten für eine heimische grüne Wasserstoffwirtschaft und der Bereich Sektorenkopplung waren weitere Inhalte der Botschaften.

Doch auch die künftige Bundesregierung war Adressat: »Es sollte für die neue Bundesregierung darum gehen, langfristiges Exportpotenzial, die Stabilität des Energieversorgungssystems und die Attraktivität des deutschen Marktes für internationale Investoren zu sichern. Hierfür sind zusätzliche Ausschreibungen in den kommenden Jahren erforderlich. Für den erforderlichen Klimaschutz müssen wir die langfristigen Ziele dem Energiebedarf angleichen«, sagte der WAB-Vorstandsvorsitzende Jens Assheuer.

Geschäftsführerin Heike Winkler betonte, neben dem Klimaschutz, der keinen Aufschub dulde, sollte die Energiewende hierzulande wieder mit wachsender Beschäftigung einhergehen. »Die aktuelle, politisch verordnete Offshore-Wind-Ausbaulücke hat dazu geführt, dass die Zahl der Jobs in diesem Bereich in Deutschland seit 2018 weiter von rund 24.500 auf 21.500 gesunken ist und damit auch die Investitionen, wie das Institut wind:research ermittelt hat. Diesen Trend gilt es umzukehren!« Hierfür müssen ihrer Ansicht nach alle Beschleunigungspotenziale für das Vorziehen von Bauaktivitäten in Nord- und Ostsee geprüft und kurzfristige politische Unterstützungsinitiativen beispielsweise im Bereich Qualifizierung realisiert werden. Nachdem man sich bisher politisch auf das Formulieren von Ausbauzielen für 2030 und 2040 und das Formulieren einer nationalen Wasserstoffstrategie konzentriert habe, werde es für die nächste Bundesregierung darum gehen, eine rasche Umsetzung des Ausbaus zu ermöglichen.

»Uns rennt die Zeit davon«

Niedersachsens Energie- und Klima­schutzminister Olaf Lies unterstrich das Potenzial der Offshore-Windenergie und betonte gleichzeitig: »Angesichts der bisher installierten Leistung von nur rund 7,5 GW auf See rennt uns die Zeit davon. Wir müssen Ausbauziele festlegen, die uns zügig Klimaneutralität ermöglichen. 40 GW in 2040 sind hier schlicht nicht ausreichend. Und dennoch ist klar: die Zukunft unserer Energie liegt in sauberem Strom und sauberem Gas.«

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Die Offshore-Branche setzt unter anderem auf eine internationale Zusammenarbeit (© WAB)

Dabei sei viel mehr Offshore-Windkraft möglich, als man sich in Deutschland bisher vorgenommen habe. Das habe jüngst noch einmal die Studie der Stiftung Offshore-Windenergie vor Augen geführt. Darin wird von einem Potenzial von 60 GW auf See ausgegangen.

»Das würde in etwa die erzeugte Strommenge von 60 großen Kohlekraftwerken überflüssig machen. Das Potential ist also gewaltig und es zeigt: wir schalten in Deutschland nicht den Strom ab, im Gegenteil: Wir haben jetzt die Möglichkeit, diese neue Form der klimafreundlichen Stromerzeugung weiter auszubauen mit den entsprechenden Effekten für Arbeitsplätze und Investitionen an der Küste. Denn die Industrie folgt der Energie«, so Lies.

Die wirtschaftlichen Chancen, die sich durch die Energiewende mit Windenergie und grünem Wasserstoff ergeben, betonte der schottische Energieminister Michael Matheson in einer Videobotschaft. Das ehrgeizigste Szenario seines Ministeriums gehe davon aus, dass die Branche das Potenzial hat, auch Dank dem Export von grünem Wasserstoff bis 2045 mehr als 300.000 Menschen zu beschäftigen – deutlich mehr als derzeit die Öl- und Gasindustrie. »Grüner Wasserstoff ist nicht nur eine Chance zur Energie- und Emissionssenkung, sondern auch eine wirtschaftliche Chance«, so Matheson.

Auch die Bremer Senatorin für Wissenschaft und Häfen Claudia Schilling ging auf die Chancen für die Offshore-Windindustrie ein. »Ohne die um den Faktor 8 bis 10 auszuweitende Erzeugung von grünem Strom wird die Energiewende nicht gelingen, werden wir unsere CO2-Einsparziele in Deutschland und Europa und weltweit nicht erreichen können«, sagte sie. Das bedeute für die Branche ein enormes Marktvolumen. »Nach meiner festen Überzeugung hat diese Branche ihren Tiefpunkt hinter sich gelassen, viele Chancen wurden nicht genutzt in Deutschland, aber viele Potenziale liegen noch vor uns«, so die Politikerin. Dies gelte auch für Bremerhaven. Wenn jetzt eine neue Bundesregierung die Weichen für den Ausbau der regenerativen Energien richtig stelle, werde Bremerhaven seine Stärken in der Forschung und im Bereich der maritimen Wirtschaft einbringen und davon erheblich profitieren, sagte die Senatorin.