Claus Brandt © DMZ
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Claus Brandt, Geschäftsführer beim Deutschen Maritimen Zentrum in Hamburg, spricht im HANSA-Interview über maritime Politik zur Erreichung der Klimaziele, Chancen für deutsche Unternehmen im Weltmarkt und die Zukunft des DMZ[ds_preview]

Gerade haben Sie eine Studie zu Wasserstoff vorgestellt. Was kann man als nächstes vom DMZ erwarten?

Claus Brandt: Zum Thema alternative Kraftstoffe verfolgen wir eine Reihe von Projekten, Wasserstoff ist eines davon. Dazu haben wir in der letzten Woche eine Studie vorgelegt. Die Auftragnehmer, das ISL, haben eine ganze Reihe von Empfehlungen für drei Handlungsfelder und zwar Politik, Wissenschaft und Technologie entwickelt, mit denen wir uns auseinandersetzen und die wir in die Diskussion bringen wollen. Das Thema wird uns weiter begleiten. Das Thema alternative Kraftstoffe steht in der Branche und für uns ganz oben auf der Agenda. Um die politischen Klimaziele zu erreichen, werden viele Anstrengungen nötig sein.

Bezieht sich das vor allem auf »neue« Kraftstoffe wie Wasserstoff, Methanol, Ammoniak und Co. oder geht das auch in Richtung synthetische Kraftstoffe?

Brandt: Wir haben eine Studie zu alternativen Kraftstoffen beauftragt und befassen uns im Team intensiv mit dem Thema. So werden nach unserer Einschätzung neben Wasserstoff, Methanol und Ammoniak auch synthetische Kraftstoffe zukünftig eine große Rolle spielen. Um diese Kraftstoffe nutzen zu können, sind aber noch einige Klippen zu umschiffen. Wenn beispielsweise genügend grüner Wasserstoff zur Verfügung stehen würde und der Einsatz nicht nur im Binnen- und Küstenbereich möglich wäre, sondern irgendwann auch für größere Seestrecken, wäre es nach heutigem Stand der Kraftstoff der Wahl.

Wo sind Ihrer Ansicht nach mehr Hausaufgaben zu erledigen – auf technischer oder regulatorischer Seite?

Brandt: Wir haben Baustellen in allen Bereichen. Technologisch und regulatorisch sind längst nicht alle Aspekte geklärt. An den Themen muss mit Hochdruck gearbeitet werden.

Welche Erwartungen an die noch zu bildende neue Bundesregierung haben Sie diesbezüglich und generell?

Brandt: Bis 2030 sind sehr ambitionierte Klimaziele gesetzt worden. Das führt zu einer großen Transformation, die nicht alle Unternehmen allein meistern können. Die Forderung, die Vorgaben umzusetzen, bedarf auch einer Förderung. Wenn wir in kürzester Zeit einen Wandel erreichen wollen, wird es notwendig sein, Fördermittel dafür bereit zu stellen. Mit einer Förderung fällt es offensichtlich leichter, über Investitionen nachzudenken. Des Weiteren muss die Bundesregierung – stärker als heute – die Klimaziele auf die globale Tagesordnung setzen, bei der IMO oder auch in den G7– oder G20-Formaten.

Es bleibt aber letztlich für Reeder, Werften und Häfen die Unsicherheit über den Kraftstoff der Zukunft bestehen…

Brandt: Die Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele müssen koordiniert erfolgen. Reeder, Schiffbauer, Häfen brauchen klare Regeln. Wenn es bei allgemeinen Zielvorgaben bleibt, wird es nicht funktionieren, das zeigt die Vergangenheit. Es muss schnell klare Festlegungen geben. Dabei müssen wir die gesamte Kette von der Produktion, über Transport und Lagerung betrachten. Wenn regulatorisch Klarheit geschaffen und das mit einem Förderprogramm verbunden wird, wird der Umstieg meiner Meinung nach gelingen. Dabei kann natürlich nicht jedes wirtschaftliche Risiko abgefedert werden. Das ist aber auch nicht die Aufgabe des Staates. Mit einem Förderprogramm kann ein Anschub gegeben werden, das nicht nur Anreiz-Charakter für den Reeder sondern auch für die Werften hat.

Die deutsche Werften-Branche ist weiter von einer gewissen Konsolidierung geprägt. Sind größere Verbünde für Sie ein Anlass zur Hoffnung, dass mehr Mittel und Kapazitäten in die Forschung investiert werden?

Brandt: Ja, auf jeden Fall. Man sieht ja auch, dass sie in ihren jeweiligen Märkten qualitativ sehr gute Produkte herstellen.

Was wären Ansatzpunkte?

Brandt: Durch »grüne« Themen entstehen viele neue Anforderungen und ein hoher Ersatzbedarf für alle Schiffstypen. Zudem gibt es insbesondere bei kleinen Containerschiffen eine Überalterung der Weltflotte und einen hohen Ersatzbedarf. Ich glaube, deutsche Werften könnten sich hier im Zusammenspiel mit Maschinenherstellern sehr gut einbringen und neue Typen mit grünen Antrieben auf den Weg zu bringen. Die ganze Systemintegration von Wasserstoff-, Methanol-, Ammoniak- und mit synthetischen Kraftstoffen betriebenen Schiffen können nicht alle Werften auf der Welt. Deutsche Werften haben das Knowhow und im Zusammenspiel mit den Zulieferern wäre es eine prima Kombination.

Unabhängig von Fragen der Antriebstechnologie: Was sind weitere aktuelle Themenfelder für das DMZ?

Brandt: Wir befassen uns mit vier Handlungsfeldern: Wir kümmern uns um Technologieförderung, Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und die demographische Entwicklung. Zum letzten Punkt gehört für uns auch die Digitalisierung, nämlich die Nachwuchssicherung sowie gut ausgebildetes Personal. Wir machen uns zurzeit Gedanken, wie wir als DMZ einen Digitalisierungs-Hub begleiten können.

Um neue digitale Technologien zu entwickeln?

Ja, aber vor allem auch, um mehr Komponenten in Deutschland fertigen zu können. Wir wollen Beschäftigung sichern und schaffen. Unser Ziel muss es sein, dass wir nicht nur Software, sondern auch die Hardware, das heißt das gesamte Schiff in Deutschland herstellen. Ein Schiff soll in Deutschland nicht nur zusammengesetzt, sondern auch die Komponenten hier gebaut werden. Dafür sind entsprechend ausgebildete Arbeitskräfte nötig.

Asiatische und vor allem chinesische Schiffbauer haben unter anderem bei Arbeitskosten aber weiter Kostenvorteile…

Brandt: Wenn die gleiche standardisierte Arbeit in Deutschland und China gemacht wird, ist es in China offensichtlich günstiger. Aber wenn wir auf Hochtechnologie setzen, können wir unser Know-how nutzen und Beschäftigungsimpulse setzen.

Sie sprachen von Förderungen für die maritimen Unternehmen. Wie sieht es bei den Fördermitteln für das DMZ aus?

Brandt: Wir haben einen Förderbescheid bis Ende 2023 vom Bundesverkehrsministerium für eine Projektförderung in der Aufbauphase erhalten. Nach 2023 wollen wir eine stetige Förderung und sind darüber mit unserem Zuwendungsgeber im Gespräch.

Planen Sie, das DMZ weiter auszubauen?

Brandt: Aktuell haben wir 20 Mitarbeiter und noch drei genehmigte offene Stellen in der Ausschreibung. In diesem Jahr erhalten wir 4 Mio. € Fördermittel, in den nächsten beiden Jahren jeweils 5 Mio. €. Das Geld fließt zum größten Teil in die Projekte und in unsere Personalkosten. Wir gehen davon aus, dass wir Ende 2023 über 30 Mitarbeiter haben werden.

Sehen Sie sich dann gut aufgestellt?

Brandt: Anfang 2024 hätten wir das Team beieinander, das die in den Handlungsfeldern gesetzten Ziele sehr gut bearbeiten kann, qualifiziert sprechfähig zu allen maritimen Themen ist und die erforderlichen Impulse für die Branche setzt. Wir wollen das Zentrum sein, in dem alle Informationen und Daten über die verschiedenen maritimen Teilbranchen verfügbar sind und die Ideen für die Zukunft entwickelt werden.

Interview: Michael Meyer

Das DMZ e.V. wurde 2017 gegründet und versteht sich als unabhängiger, öffentlich finanzierter, branchenübergreifender Thinktank. Die Mitglieder sind der Bund (vertreten durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur/BMVI) als maßgeblicher Finanzierer, fünf Bundesländer und die großen maritimen Verbände.