Reinhard Lüken VSM Verband für Schiffbau und Meerstechnik
Reinhard Lüken, Hauptgeschäftsführer VSM
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Ein Gastkommentar zur Regierungsbildung von Reinhard Lüken – Hauptgeschäftsführer Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM)[ds_preview]

Endlich geschafft! Wochen und Mo­nate eines ermüdenden Wahlkampfs mit sich scheinbar endlos wiederholenden Phrasen und TV-Formaten liegen hinter uns. Gewinner und Verlierer waren am Wahlabend schnell ausgemacht, auch wenn damit noch lä[ds_preview]ngst nicht alle Fragen zur Umsetzung des Wahlergebnisses in Regierungsstrukturen beantwortet waren.

Sicher ist, dass ein Dreierbündnis die nächste Regierung stellt. Zwei Konstellationen fallen als Option aus: für eine Regierungsbeteiligung der Linken reicht es nicht und die GroKo will keiner mehr. Damit sind die Grünen und die FDP gesetzt und das ist gut so! Beide stehen für Neues, für frische Ideen und Konzepte. Und die sind nötig, nicht zuletzt für die maritime Welt.

Als Dritte in der Ménage-à-trois ist die SPD unter der Führung von Olaf Scholz auf der Zielgraden. Die nach links verschobene Bundes-SPD hat es ihrer Disziplin und seiner fehlerfreien Kandidatur zu verdanken, dass sie nun die stärkste Fraktion im Deutschen Bundestag stellen kann. Für die Union könnte man das Gegenteil postulieren. Ihr mangelte es sowohl an einer fehlerfreien Kampagne als auch an Geschlossenheit. Vor allem Letzteres hat die Aussicht auf Regierungsverantwortung im Falle eines Scheiterns der Ampel-Gespräche in weite Ferne rücken lassen.

Ein beliebtes Hobby der politischen Beobachter – Spekulationen zur Kabinettsbesetzung – erlebt wieder Hochkonjunktur. Wenigsten zwei der Top-Akteure, Scholz und Habeck, kommen aus dem Norden und haben vielfältige Bezüge zur maritimen Wirtschaft. Auch die maritimen Sprecher der Ampel-Parteien sind allesamt weiter an Bord. Der Fortbestand des Amtes eines Maritimen Koordinators der Bundesregierung erscheint wahrscheinlich, nicht nur weil wichtige Aufgaben warten, sondern auch weil bei drei Parteien eher mehr als weniger Ämter gebraucht werden. Vielleicht gelingt es sogar, dieses Amt strukturell zu stärken, zum Beispiel durch entsprechende Regelungen in der Geschäftsordnung der Bundesregierung.

Klimaschutz wird zweifellos eine der Prioritäten sein. Für die maritime Wirtschaft liegt darin eine große Chance, sofern die Rahmenbedingungen stimmen. Das gilt jedoch auch umgekehrt: Falsche Rahmenbedingungen stellen eine erhebliche Gefahr dar, wie die EU-Taxonomie aktuell verdeutlicht. Es ist eine gute Idee, Kapitalströme auf nachhaltige Technologien zu lenken. Aber gut wollen, reicht nicht. Man muss auch gut machen und nicht technologisch vielversprechenden Lösungen den Weg verbauen. Und das ist nur eines von zahlreichen negativen Beispielen.

Deshalb ist es heute wichtiger denn je, dass sich die maritime Wirtschaft zusammenrauft, gemeinsame Lösungsvorschläge entwickelt und der Politik anbietet. Was können wir gemeinsam schaffen, um Klimagasemissionen in unserer Branche schon 2035 deutlich zu reduzieren? Was brauchen wir dafür? Globale Regeln? Oder sollten wir uns nicht doch erst einmal darauf konzentrieren, eine nachhaltig und wirtschaftlich erfolgreiche maritime Wirtschaft in Europa zu schaffen? Ein erfolgreiches europäisches Modell, würde schnell weltweit Nachahmer finden.

Und wie kann das alles helfen, den maritimen Standort Deutschland zu stärken, unsere Fähigkeiten, unsere Produktivität, unsere Innovationskraft zu erhalten und auszubauen? Warum reservieren wir nicht die Einnahmen aus dem Emissionshandel der Schifffahrt vollständig für die Förderung von Investitionen in in Europa produzierte, nachhaltige Schiffe und Schiffskraftstoffe? Die Chancen auf Umsetzung würden jedenfalls deutlich steigen, wenn wir als maritime Wirtschaft gemeinsam argumentieren.