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Seehafenspediteure sehen das Verhältnis zu den Linienreedereien zunehmend belastet, weil knapper Laderaum bevorzugt an Direktkunden und eigene Logistiksparten vergeben wird.[ds_preview]

Im Rennen um Zugang zu den Schiffskapazitäten befürchten Seehafenspediteure im kommenden Jahr weitere Nachteile. So ist der Verein Bremer Spediteure (VBSp) besorgt, dass die Linienreedereien noch mehr Laderaum und Equipment für Direktkunden aus der verladenden Wirtschaft oder für reedereieigene Logistikfirmen reservieren. »Das Geschäftsverhältnis zwischen Reedereien und Spediteuren wird 2022 einigen Belastungen ausgesetzt sein«, warnt Oliver Oestreich, VBSp-Vorsitzender und Chief Operating Officer der Spedition Lexzau, Scharbau (Leschaco).

Erst kürzlich hatte die Maersk-Tochter Hamburg Süd mächtig Wogen geschlagen mit ihrer Weigerung, weitere Buchungen von Speditionsseite anzunehmen. »Das war ein Novum. So etwas hatten wir vorher noch nicht erlebt«, so Oestreich. Er befürchtet, dass das Beispiel Schule machen könnte. Bei einem Großteil der Reedereien sei bereits zu beobachten, dass sie einen großen Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit mit Direktverladern setzen.

Die Zurückweisung durch Hamburg Süd wollen die Seefrachtspediteure allerdings nicht hinnehmen. Oestreich zufolge führen Spitzenvertreter der Speditionsbranche derzeit »auf höherer Ebene« Gespräche mit der Konzernmutter Maersk zu diesem Thema.

Unterdessen bauen vor allem Maersk und CMA CGM ihre ihre eigenen Speditionsbereiche durch Übernahmen weiter aus. Die Dänen wollen sich die Hamburger Luftfrachtspedition Senator International einverleiben, die Franzosen haben gerade den Zukauf von Teilen des US-Kontraktlogistikers Ingram Micro besiegelt. Diese Woche gab Maersk bekannt, dass das Unternehmen vom Konsumartikel-Riesen Unilever mit der Steuerung der gesamten See- und Luftfracht über alle Carrier hinweg beauftragt wurde.

»Keiner kann den Reedereien verbieten, speditionelle Dienstleistungen anzubieten. Aber hier bahnen sich für uns Interessenskonflikte an«, unterstreicht Oestreich. Als brisant könnte sich auch erweisen, dass die Linienreedereien über ihre Logistik-Abteilungen Einblick in die Ratenvereinbarungen anderer Carrier mit den gleichen Kunden bekommen, wenn sie die gesamten Frachtprozesse steuern sollen. »Hier muss es Chinese Walls innerhalb der Reedereien geben«, fordert Oestreich. Will heißen: Logistik und Schifffahrt bei den Carriern sollen sich nicht alle Kundendaten teilen dürfen.

Carsten Hellmers, geschäftsführender Gesellschafter von Alexander Global Logistics (AGL), spricht mit Blick auf die aktuelle Marktlage von einem »Diktat der Reedereien«. Seine eigene Firma habe im größeren Stil Buchungen von der Container-Linienschifffahrt auf Bulk- und Breakbulk-Schiffe verlagert, »wir sind sogar jeden Monat dabei.« Zuletzt seien es 15.000 t von Indonesien Richtung Mittlerem Osten gewesen, als nächstes folgen 7.000 t von Indonesien in die Türkei.

Die Raten für konventionelle Verladungen seien zwar ebenfalls stark gestiegen, aber nicht so steil wie in der Containerschifffahrt, so Hellmers. Außerdem stehe Schiffsraum in diesem Segment eher zur Verfügung. Die Konkurrenz durch Reedereien im Speditionsgeschäft selbst sieht Hellmers aktuell noch relativ gelassen. »Die haben nicht die nötigen Kapazitäten, um solche Dienstleistungen auf breiter Front anzubieten. Da können wir uns als Speditionen auf unsere eigenen Stärken konzentrieren.«

Die Gefahr, dass sich das durch Zukäufe der Linienreedereien in der Logistik in absehbarer Zeit ändern könnte, sieht Hellmers allerdings durchaus. »Die Kriegskassen der Reedereien sind gut gefüllt.« (mph)