Lloyd's of London, P&I
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Die Kosten für die Schiffshaftpflicht haben bei der diesjährigen Vertragserneuerung wie befürchtet deutlich angezogen. Schiffseigner hatten kaum Alternativen.[ds_preview]

Bei den P&I-Renewals, die gestern in Kraft traten, mussten die Reedereien so hohe Prämienerhöhungen verkraften wie seit vielen Jahren nicht mehr. Für die meisten Flotten lief es nach Angaben von Versicherungsmaklern auf Beitragsanhebungen im niedrigen zweistelligen Bereich hinaus. Bei intensiveren Schadensverläufen sollen es sogar +30% und mehr gewesen sein.

Die Mehrzahl der Clubs der International Group, die die Haftpflichtversicherung auf Gegenseitigkeitsbasis und mit einem gemeinsamen Rückversicherungsprogramm organisieren, forderten Nettoanhebungen von mindestens 10%-15%. Hinzu kamen noch Erhöhungen der Rückversicherungszuschläge von bis zu 55% bei Containerschiffen.

Deutlich konsequenter als in den Vorjahren hielten sich die Underwriter an die Vorgaben der Vorstände – auch um den Preis, dass langjährige Mitglieder Flotten oder Teile davon zu anderen Versicherern abzogen. Merkliche Abstriche von den »General Increases« soll es nur in absoluten Ausnahmefällen gegeben haben.

Auch für Reedereien mit sehr moderaten Schadensverläufen (Schadensquoten deutlich unter 50%) seien nur ein paar Prozentpunkte Abzug auf die allgemeine Beitragserhöhung möglich gewesen, wobei der nicht verhandelbare Rückversicherungsanstieg die Gesamtkosten dann doch zweistellig hochgetrieben hat, wie berichtet wird. Als »extrem zäh, so mühsam wie noch nie« bezeichnete ein erfahrener Makler aus Hamburg die zurückliegenden P&I-Verhandlungen. Seitens der Underwriter habe es fast kein Entgegenkommen gegeben. »Die Antwort war bei allen die gleiche: Nein, es geht nicht anders«, berichtete ein anderer Makler.

Größter Reibungspunkt in den Verhandlungen sollen die Rückversicherungskosten gewesen sein. Auch wenn die P&I Clubs diese Kostensteigerungen nur durchreichen, seien sie für die meisten Reedereien nicht nachvollziehbar. Für Trockenfrachtschiffe hatte es derartige Steigerungen vorher noch nicht gegeben. Nur für Passagierschiffe waren die Beiträge zur Rückversicherung Anfang 2013 – im Zuge des Untergangs der »Costa Concordia« – bereits um über 100% gestiegen. In den Folgejahren verringerten sich die Kosten angesichts des weicheren Trends am Rückversicherungsmarkt aber wieder.

Die kommerziellen Festprämien-P&I-Versicherer, die noch stärker als die International Group Clubs am Tropf der Rückversicherer hängen, konnten auch dieses Jahr kaum preiswertere Alternativen bieten. »Die Ausweichmöglichkeiten in diesem Bereich sind eher noch weniger geworden«, so ein Marktteilnehmer.

Vermutlich haben sich mehr Flotten als im Vorjahr von ihrem bestehenden Club getrennt und einem neuen Versicherer zugewandt. Entweder aus eigenem Antrieb, um mittelfristig Prämienreduzierungen bei dem anderen Anbieter anzustreben, oder weil sie gar keine andere Wahl hatten. Häufiger als in den Vorjahren sollen Clubs Prolongationen bei hohen Schadensverläufen rundheraus abgelehnt und Mitglieder vor die Tür gesetzt haben. »Viele waren bereit, Geschäft aufzugeben statt es zu Konditionen zu verlängern, die aus ihrer Sicht nicht nachhaltig sind«, sagt Paul Cole, Head of P&I beim Versicherungsmakler Northern Lloyd.

Berichten zufolge soll zum Beispiel die weltgrößte Linienreederei MSC ihre versicherte Tonnage vom West of England P&I Club abgezogen und auf ihre anderen bestehenden P&I-Versicherer verteilt haben. Der Wechsel wird in der Szene als bemerkenswert und exemplarisch für die diesjährigen Renewals bezeichnet. »Unter normalen Umständen, hätte ein Club alles unternommen, um solch einen Kunden zu halten«, so ein Insider.

Der Vorstand von West of England stimmte seine Mitglieder in einer offiziellen Mitteilung heute auf Rückgänge bei der versicherten Tonnage ein. Es seien absichtlich verlustbringende Flotten ausgesiebt worden, um den Club schlanker, aber auch robuster zu machen. Bei Northern Lloyd geht man davon aus, dass der norwegische Marktführer Gard sowie der Standard Club ihre Marktanteile erneut ausbauen konnten. Beide hätten von einer Konsolidierung der P&I-Deckung seitens der Reedereien profitiert – mit dem Ziel, nachteilige Schadenstatistiken hinter sich zu lassen und auf solche Clubs zu setzen, die sie als besonders kapitalstark erachten, berichtet Cole.

Gard teilte bereits mit, dass der Tonnagebestand (»owned«) allein durch die Renewals um 11 Mio. auf 260 Mio. BRZ angewachsen sei. »Letztes Jahr war schon außergewöhnlich gut für uns, und der Trend setzt sich dieses Jahr fort«, kommentierte Gard-Vorstandschef Rolf Thore Roppestad. (mph)