Print Friendly, PDF & Email

Die deutschen Häfen bringen sich für die angestrebte Energiewende in Position. Im Fokus stehen unter anderem Landstrom, ein europäisches CO2-Emissionslimit am Liegeplatz und natürlich die Wasserstoff-Infrastruktur. Es gibt aber auch Einschränkungen.[ds_preview]

Zum einen bekräftigte der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) kürzlich in einer Neufassung seines Arbeitspapiers »Seehäfen in der Energiewende: Wasserstoff« seine Erwartung an die Politik, die Energiewende in den Seehäfen stärker zu unterstützen.

Es müsse mehr getan werden, um Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten in den Seehäfen anzusiedeln und die Häfen für den Handel mit und die Nutzung von Wasserstoff auszustatten. Die Forschung und Entwicklung von Transportmöglichkeiten für Wasserstoff seien ebenso voranzutreiben wie die Förderung hafengebundener Nutzfahrzeuge und Spezialgeräte mit Wasserstoffantrieb, heißt es.

»Wir liegen sehr gut im Rennen, aber das Thema Wasserstoff zeigt, wie anspruchsvoll die Aufgaben sind«, sagte Daniel Hosseus, Hauptgeschäftsführer des ZDS. Für die deutsche Hafenwirtschaft bedeute die Energiewende in Deutschland und Europa eine Mammutaufgabe. Umschlagflächen und -anlagen müssen angepasst werden: von Kohle zu Wasserstoff, Offshore-Wind, LNG und Biomasse. »Die Tankinfrastruktur muss den neuen Anforderungen der Schifffahrt gerecht werden: von Schweröl und Diesel hin zu einer Vielfalt von neuen Alternativen. Und parallel stellen die Hafenbetriebe den eigenen Betrieb um«, so Hosseus weiter.

Das ZDS-Arbeitspapier geht auf technische Hintergründe und aktuelle politische Rahmenbedingungen ein, beschreibt die Rollen von Wasserstoff im Hafen als Umschlaggut, als Schiffskraftstoff und als Produktionsgegenstand, und zeigt auf, in welchen Bereichen die öffentliche Hand aus Sicht der Hafenwirtschaft besondere Schwerpunkte setzen sollte. Die Neufassung des ursprünglich im Juni 2021 veröffentlichten Papiers berücksichtigt insbesondere neuere Einschätzungen zu Wasserstoff in der maritimen Wirtschaft, die für das Deutsche Maritime Zentrum (DMZ) erfasst wurden.

»Nicht für jeden Hafen«

Ein weiterer Diskussionspunkt ist der Vorschlag der EU zum Ausbau des Landstromangebots. Dies hätte allerdings nach Ansicht der Hafenbetreiber zur Folge, dass allein an den rund 550 Liegeplätzen in den deutschen Häfen milliardenschwere Ausgaben für Landstromanlagen anfallen würden. Die müssten durch den Steuerzahler sowie durch die privatwirtschaftlich betriebenen Häfen getragen werden, ohne dass die Schiffsbetreiber als Nutznießer wesentlich beteiligt wären.

Gleichzeitig müssten nur ausgewählte Schiffe die vorhandenen Anlagen nutzen. So würde die Situation entstehen, dass an einem Liegeplatz mit Landstromanlage ein Schiff Landstrom nutzen müsse, wohingegen ein nicht reguliertes Schiff weiterhin fossile Kraftstoffe verbrennen dürfte.

Wörtlich heißt es in einem von allen deutschen Hafengesellschaften unterzeichneten Positionspapier »ZeroEmission@Berth«: »Netzgebundene Landstromanlagen können eine effektive Lösung sein, wenn sie zu 100 % mit erneuerbarem Strom betrieben werden, jedoch nicht für jeden Hafen, nicht für jeden Liegeplatz und nicht für jedes Schiff.«

Nach dem im Juli 2021 veröffentlichten »Fit for 55«-Paket der EU-Kommission sollen die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990 sinken. Bereits ab 2030 sollen bestimmte Schiffstypen zu Null-Emissionen am Liegeplatz verpflichtet werden, wobei Landstrom, Batterien und Brennstoffzellen als mögliche Lösungen definiert werden.

Dieser Ansatz wird von den deutschen Seehäfen befürwortet, solle jedoch grundsätzlich technologieoffen gestaltet werden, heißt es. So müsse auch die Verwendung von Kraftstoffen aus erneuerbaren Energiequellen möglich sein. Diese Kraftstoffe bieten die Möglichkeit, CO2-Emissionen sowie Luftschadstoffe nicht nur am Liegeplatz, sondern auch während der Fahrt und damit in einem ungleich erheblicheren Maß zu reduzieren. Lediglich 5 % des Schadstoffaufkommens könne dem Aufenthalt im Hafen zugeordnet werden. In dem Positionspapier bieten die deutschen Seehäfen der Schifffahrt an, gemeinsam nach Lösungen für eine emissionsfreie Liegezeit jenseits netzgebundener Landstromanlagen zu suchen. Daher wurde ein Innovationswettbewerb ausgeschrieben. Begleitet wird er vom Maritimen Cluster Norddeutschland. MM