Joe Biden, Hafenkräne, Cyber
US-Präsident Joe Biden (© White House)
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US-Präsident Joe Biden hat in seiner Rede zur Lage der Nation am 1. März den globalen Containerlinienreedereien wettbewerbswidriges Verhalten vorgeworfen und ein Durchgreifen angekündigt. Die Branche nennt die Anschuldigungen haltlos.[ds_preview]

Frachtraten auf Rekordhöhe und Lieferkettenprobleme wegen einer Knappheit an leeren Containern für den Export von US-Waren sorgen in den USA schon seit Monaten für Kritik an den Geschäftspraktiken der Linienreedereien. Auch in vielen Ländern wittern Behörden Preisabsprachen. Der Fall hat längst die oberste politische Ebene in den USA erreicht.

In seiner Rede zur Lage der Nation erklärte der Präsident der USA, Joe Biden, diese Woche: »Heute Abend kündige ich ein hartes Durchgreifen gegen diese Unternehmen an, die amerikanischen Unternehmen und Verbrauchern überhöhte Preise in Rechnung stellen.«

»Wenn Unternehmen nicht konkurrieren müssen, steigen ihre Gewinne, die Preise steigen, und kleine Unternehmen, Familienbetriebe und Viehzüchter gehen unter. Wir sehen das bei den Seeverkehrsunternehmen, die Waren in und aus Amerika transportieren. Während der Pandemie erhöhten diese Unternehmen in ausländischem Besitz die Preise um bis zu 1.000 % und erzielten Rekordgewinne«, so Biden.

In den USA durchläuft derzeit ein überparteilicher Gesetzesentwurf zur Reform der bisherigen Regulierung des Schifffahrtssektors den Kongress. Eines der Hauptmerkmale der Reform ist, dass Seeverkehrsunternehmen zur Einhaltung von Mindestdienstleistungsstandards verpflichtet werden sollen, »die dem öffentlichen Interesse entsprechen«. Die Beweislast für die Rechtfertigung von Detention-and-Demurrage-Gebühren soll beim Seefrachtführer oder Terminal-Betreiber liegen. Hinzu kommen weitere geplante Neuerungen, wie beispielsweise eine regelmäßige Berichtspflicht über Leercontainerverfügbarkeit für den US-Markt an die Federal Maritime Commission (FMC).

World Shipping Council hält Anschuldigungen für haltlos

Mit Kritik an der offiziellen Auffassung der USA meldete sich im Anschluss abermals die Branchenorganisation World Shipping Council (WSC) zu Wort. Die Behauptungen, die Präsident Biden in seiner Rede aufstellte, seien »nicht repräsentativ für die Branche oder die Marktdynamik«, so der Verband.

»Hier sind die Fakten: Die Containerschifffahrt ist eine wettbewerbsorientierte Branche, in der mehrere Reedereien auf dem globalen Markt und auf den für den US-Handel wichtigsten Schifffahrtsrouten aktiv miteinander konkurrieren«, sagte John Butler, Präsident und CEO des World Shipping Council.

Angesichts der Rekordnachfrage nach Seetransporten in die USA bestimme die Marktdynamik die Preise, nicht Allianzen von Reedereien. Bei den Vereinbarungen über die gemeinsame Nutzung von Schiffen (Vessel Sharing Agreements, VSA) handle es sich um rein betriebliche Vereinbarungen, die es den Reedereien ermöglichen, sich den Platz auf den Schiffen der anderen zu teilen, was die Effizienz steigere, so Butler. »Wichtig ist, dass die betrieblichen Vereinbarungen keine kommerzielle Zusammenarbeit beinhalten. Jedes Mitglied einer VSA oder Allianz legt seine eigenen kommerziellen Bedingungen fest, einschließlich der Preise, die nicht zwischen den Mitgliedern der Allianz besprochen werden«, so der WSC-Chef.

Die Branchenorganisation befürchtet, dass die Gesetzesvorschläge gegen die aktuelle Situation, die dem Kongress derzeit vorliegen, »das globale Transportsystem auf den Kopf stellen« würden. Damit würden der Service für US-Importeure und -Exporteure verschlechtert und die Kosten für amerikanische Verbraucher und Unternehmen erhöht. »Wir fordern die Regierung und den Kongress auf, Maßnahmen zu ergreifen, die die derzeitige Überlastung lindern und Amerikas Lieferkette für langfristigen Erfolg fit machen«, so Butler.