Bulker Tanker Containerschiff Symbolbild für Schifffahrtssegemente, Schiffbau, Neubauaufträge, Seehandel
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Der Krieg in der Ukraine wird das Wachstum in allen Schifffahrtssegmenten beeinträchtigen, erwarten Marktexperten. Während der Bulkmarkt direkt betroffen ist, könnte auch die Containerschifffahrt eine vorzeitige Korrektur auf der Nachfrageseite erleben.

Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine leidet die Weltwirtschaft bereits unter den gestiegenen Rohstoffpreisen. Öl, Weizen und Mais, wichtige Exportgüter Russlands und der Ukraine, notieren mindestens auf dem Höchststand des letzten Jahrzehnts. »Dies wird die Inflation weiter anheizen, die in vielen Ländern bereits den höchsten Stand seit Menschengedenken erreicht hat. Erhöhte Transportkosten aufgrund der historisch hohen Bunkerpreise werden den Inflationsdruck nur noch verstärken. Die gestiegenen Preise können auch zu einer Zerstörung der Nachfrage führen, da Verbraucher und Unternehmen ihren Ausgaben Priorität einräumen«, schreibt die Schifffahrtsorganisation Bimco in einer Einschätzung der Lage für die Schifffahrt.

Bei den wichtigsten Exportgütern Russlands und der Ukraine halten die beiden Länder zusammen einen Weltmarktanteil von mehr als 10 % bei Kohle, Weizen und Mais. Besorgniserregend: Die Exportladungen von Weizen und Mais werden hauptsächlich über Häfen am Schwarzen Meer verladen. Es ist unwahrscheinlich dass der Rest der ukrainischen Ernte 2021 in absehbarer Zeit verschifft werden kann, je nach Entwicklung könnte auch die Ernte 2022 betroffen sein. »Es bleibt abzuwarten, inwieweit die ukrainischen Exporte durch Exporte aus anderen Ländern ersetzt werden können, aber soweit dies möglich ist, könnte dies zu einem Anstieg der Nachfrage nach Tonnenmeilen führen«, so Bimco.

Russland ist sowohl bei Kohle als auch bei Weizen ein wichtiger Akteur, obwohl der Großteil der Ausfuhren beider Rohstoffe über Ostsee- und Pazifik-Häfen abgewickelt wird. »Keiner der Rohstoffe ist derzeit von Sanktionen betroffen, und wir glauben, dass bei den Exporten aus dem Schwarzen Meer ein höheres Risiko besteht, dass es zu Unterbrechungen kommt, weil die Reedereien nicht bereit sind, dieses Gebiet zu bedienen, und/oder weil die Transportkosten steigen«, heißt es.

Top export commodities ex Russia & Ukraine 2017-2021

Share of global seaborne export      Russia   Ukraine  
Black Sea Other Total Total Key Destinations
Coal 3.2% 8.8% 12.0% 0.0% China (24%), EU (34%), Japan (13%)
Iron ore 0.5% 0.6% 1.1% 2.2% China (47%), EU (39%)
Wheat 6.0% 12.6% 18.6% 10.6% Egypt (20%), Turkey (13%), Indonesia (6%)
Maize 0.5% 1.0% 1.5% 14.7% EU (38%), China 18%), Egypt (10%)
Other 2.4% 2.6% 5.0% 1.3% EU (25%), China (21%), USA (10%)
Total 2.1% 3.8% 5.9% 1.9%

Erholung des Tankermarktes könnte sich verzögern

Anders als auf dem Massengutmarkt spielt die Ukraine auf dem Tankermarkt keine Rolle. Russland kontrolliert jedoch etwa 10 % aller Seeexporte von Rohöl und raffinierten Produkten, von denen der größte Teil von Schwarzmeerhäfen aus ausgeführt wird.
Die EU ist der Hauptabnehmer aller russischen Exporte und hat bisher keine Schritte unternommen, um Russland in diesem Bereich zu sanktionieren. Auch die USA haben das bisher nicht getan, der Druck auf das Weiße Haus steigt aber. Trotzdem schrecken immer mehr europäische Käufer vor russischem Rohöl zurück, bis zu 70 % der Rohölexporte sollen trotz starken Preisnachlässen keinen Käufer finden.

Die OPEC+ hat vorerst beschlossen, an der bereits geplanten Fördermengen festzuhalten, und die Rohölpreis-Futures deuten darauf hin, dass die Preise über 100 $/Barrel bleiben werden. Die hohen Preise werden nach Bimco-Einschätzung »wahrscheinlich zu einer Zerstörung der Nachfrage führen«, während Versorgungsengpässe auch die Aussichten für den Transport beeinträchtigen könnten.

»China könnte als Käufer für russisches Rohöl auftreten, was dazu beitragen könnte, einige der derzeitigen globalen Versorgungsprobleme zu lindern, da die EU im Gegenzug mehr aus dem Nahen Osten kaufen könnte«, sagt Niels Rasmussen, Chief Shipping Analyst bei Bimco. »Dies könnte zu einem Anstieg der Nachfrage nach Tonnenmeilen führen, aber wenn die hohen Preise anhalten, würde die Gesamtnachfrage dennoch leiden. Wir glauben daher, dass sich der lang erwartete Aufschwung auf den Tankermärkten weiter verzögern und gedämpfter ausfallen wird als sonst erwartet.«

Top export commodities ex Russia & Ukraine 2017-2021

Share of global seaborne export   Russia   Ukraine  
Black Sea Other Total Total Key Destinations
Crude oil 8.3% 1.6% 9.9% 0.0% EU (59%), China (32%)
Fuel oil 14.1% 4.5% 18.6% 0.0% EU (59%), USA (34%)
Gas oil 9.4% 5.3% 14.7% 0.0% EU (67%), Turkey (14%)
Gasoline 0.7% 1.0% 1.6% 0.0% EU (36%), USA (15%)
Other 10.6% 7.6% 18.3% 0.0% EU (56%), China (13%)
Total 8.5% 2.6% 11.1% 0.0%

Containermarkt – frühere Rückkehr zur Normalität?

Viele der größten Containerlinien haben bereits angekündigt, Buchungen von und nach der Ukraine und Russland auszusetzen, obwohl derzeit keine Sanktionen in Kraft sind. Weder Russland noch die Ukraine sind jedoch Schlüsselmärkte für die Linienreedereien. In Anbetracht der sehr hohen weltweiten Nachfrage dürften die Entwicklungen in den beiden Ländern keine großen Auswirkungen auf die Containerpreise oder die Nachfrage haben. »In bestimmten Verkehren kann der Verlust von Russland- und Ukraine-Volumen jedoch spürbar werden, und wir glauben, dass dies insbesondere bei einigen Kühltransporten der Fall sein könnte«, sagt Rasmussen.

Die Auswirkungen des Krieges auf die Weltwirtschaft und das Verbraucherstimmung könnten jedoch die Wachstumsaussichten schwächen. Dies könnte dazu führen, dass sich die derzeitige hohe Nachfrage früher normalisiert, was wiederum die Überlastung der Häfen verringern könnte. »Die Auswirkungen liegen jedoch wahrscheinlich noch in weiter Ferne, und in jedem Fall wurden bereits längerfristige Verträge zu hohen Raten unterzeichnet«, heißt es.