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In der deutschen Offshore-Wind-Politik mangelt es nach Ansicht der Industrie an »Qualitätskriterien«. Sie sollen helfen, die Ungleichheiten in Europa auszugleichen, die durch die Wirtschaftspolitik in Nachbarstaaten entstehen.[ds_preview]

Prinzipiell begrüße man die im ersten Entwurf der Novelle des Windenergie auf See-Gesetzes vorgesehenen Ausbauziele in Deutschland, heißt es jetzt in einem Statement des Branchenverbands WAB. Demnach könnte die Offshore-Wind-Kapazität bis 2035 mit mehr als 40 GW zur vollständigen Umstellung der Stromversorgung bis 2035 auf erneuerbare Energien beitragen. Besonders das langfristige Ziel von mindestens 70 GW sei wichtig, um die Wertschöpfungspotenziale heben zu können.

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Heike Winkler (Foto: WAB)

Aus Sicht der Offshore-Wind-Lieferkette hätten die Qualitätskriterien einen hohen Stellenwert für beide vorgesehene Ausschreibungsmodelle – »damit der Ausbau auf See auch Wirtschafts- und Beschäftigungsmotor sein kann«. WAB-Geschäftsführerin Heike Winkler sagte, sie begrüße zudem die im Entwurf vorgesehene Priorisierung des Offshore-Wind-Ausbaus in Nord- und Ostsee »als im überragenden öffentlichen Interesse und der öffentlichen Sicherheit dienend.«

Die Offshore-Windenergie hat nach eigenen Angaben ihre Kosten in den vergangenen Jahren deutlich gesenkt. Um diese Entwicklung nicht zu konterkarieren, die Verlässlichkeit und Systemdienlichkeit der Kraftwerke auf See zu nutzen und Wertschöpfungspotenziale zu heben, solle das Marktdesign eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung der erforderlichen Zulieferindustrie ermöglichen, meint der WAB, »auch die Entwicklung der maritimen Industriezweige und der Markthochlauf der Wasserstoffwirtschaft sind hierfür von großer Bedeutung.«

»Sector Deal«, »Local Content« …

Der kostensenkende Charakter der im Gesetzentwurf vorgesehenen Auktionsmodelle stellt nach Ansicht der Branche für eine nachhaltige Entwicklung der Zulieferindustrie jedoch »eine große Herausforderung« dar. Zentraler Kritikpunkt ist, dass er nicht wie in vielen anderen Ländern von einem »Sector Deal«, einer Industrieplanung, oder sonstigen nationalen Wertschöpfungsvorgaben (»Local Content«) flankiert werde. »Es gibt in Europa jedoch Marktteilnehmer, die in ihren Heimatmärkten von solchen Regeln profitieren. Auf den Sector Deal in Großbritannien folgten zuletzt Polen und Frankreich mit eigenen Local Content-Vereinbarungen, die eine Quote für den Wertschöpfungsanteil heimischer Unternehmen von bis zu 50% vorsehen«, heißt es.

Winkler betonte, dass faire internationale Wettbewerbsbedingungen erforderlich seien, um eine nachhaltige Entwicklung bei hohem Kostensenkungsdruck zu ermöglichen: »»Wir machen bereits sehr lange darauf aufmerksam, dass es den Dialog braucht, um Ungleichheiten zu beseitigen.«

»Schieflage ausgleichen!«

Aus der Perspektive der deutschen Zulieferindustrie verzerren diese Regeln einen freien Markt in Europa und weltweit. Um diese Schieflage auszugleichen, würden sich neben der langfristigen Planbarkeit qualitative Ausschreibungskriterien eignen, die neben dem Preis bei der Vergabe von Flächen in Nord- und Ostsee eine Rolle spielen. »Die aktuelle Entwicklung der heimischen Offshore Windindustrie wurde in den letzten Jahren durch politische Weichenstellungen in Deutschland stark belastet und braucht jetzt Rückenwind, um die neuen politischen Ziele bestmöglich unterstützen zu können«, fordert Winkler. »Qualitative Ausschreibungskriterien umzusetzen ist unsere dringende Empfehlung, um heimische Wertschöpfung, Resilienz und Realisierungswahrscheinlichkeit im Kontext der Offshore Wind Ausbauziele zu stärken beziehungsweise nicht weiter zu schwächen.«

Ideale Beispiele seien etwa die Bewertung des Beitrags eines geplanten Projektes zur lokalen wirtschaftlichen Entwicklung und der Einbeziehung von KMU, wie sie die Verordnung zur »Sonstigen Energiegewinnung« bereits vorsieht, oder das vom WAB vorgeschlagene vorgeschlagene Kriterium des CO2-Fußabdrucks im Produktlebenszyklus von Gewerken dieser Technologie.